Gesammelte Werke. George Sand

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Gesammelte Werke - George Sand


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Sa­che ist, seit­dem du mit so großem Bei­fall bei ihm ge­sun­gen hast.

      – Aber nicht ab­ge­schlos­sen! Und dein Kon­trakt soll mor­gen ab­ge­schlos­sen wer­den, das hat er dir ge­sagt.

      – Meinst du, dass ich ihn zu­erst un­ter­zeich­nen wer­de? O, nicht doch! Es ist gut, dass du mich vor­sich­tig ge­macht hast. Mein Name soll nicht an­ders dar­an ste­hen als un­ter dem dei­ni­gen.

      – Schwörst du mir das?

      – O pfui, willst du mich um eine Sa­che schwö­ren las­sen, wel­che du so ge­wiss weißt? Wahr­haf­tig, du hast mich heu­te Abend nicht lieb, oder du willst mir wehe tun, denn du stellst dich, als ob du an mei­ner Lie­be zwei­fel­test.

      Bei die­sem Ge­dan­ken schwol­len Con­sue­lo’s Au­gen an, und sie setz­te sich mit ei­ner klei­nen schmol­len­den Mie­ne, die ihr rei­zend stand.

      – Im Grun­de bin ich toll und när­risch, dach­te An­zo­le­to. Wie moch­te ich nur einen Au­gen­blick dar­an den­ken, dass es dem Gra­fen glücken könn­te, eine so rei­ne See­le, und eine so voll­kom­me­ne Lie­be zu be­sie­gen? Ist er doch ge­nug be­wan­dert, um auf den ers­ten Blick zu er­ken­nen, dass Con­sue­lo kein Fang für ihn ist! Hät­te er wohl aus blo­ßer Groß­mut mich heu­te Abend an sei­ner Stel­le in die Gon­del stei­gen las­sen? Oder hat er nicht viel­mehr deut­lich vor­aus­ge­se­hen, dass er an ih­rer Sei­te die Rol­le ei­nes lä­cher­li­chen Ge­cken ge­spielt ha­ben wür­de? Nein, nein! mein Loos ist mir ge­wiss, mei­ne Stel­lung ist un­nehm­bar. Möge ihm doch Con­sue­lo ge­fal­len, möge er sie doch lie­ben, möge er ihr doch den Hof ma­chen, das al­les wird ja nur dazu die­nen, mein Glück zu be­för­dern, denn sie wird al­les von ihm er­lan­gen, was sie will, ohne sich bloß zu ge­ben. Con­sue­lo wird in die­sen Sa­chen bald bes­ser Be­scheid wis­sen als ich. Sie ist fest, sie ist klug. Die An­ma­ßun­gen des lie­ben Gra­fen wer­den mir zum Vor­tei­le und zur Ehre aus­schla­gen.

      Und al­len sei­nen Zwei­feln im Her­zen ab­sa­gend, warf er sich zu den Fü­ßen sei­ner Freun­din nie­der und über­ließ sich den Ent­zückun­gen der Lei­den­schaft, die ihn jetzt für sie durch­glüh­te, und die nur seit ei­ni­gen Stun­den von sei­ner Ei­fer­sucht zu­rück­ge­hal­ten war.

      – O mei­ne Schö­ne! mei­ne Hei­li­ge! mein Teu­fel! mei­ne Kö­ni­gin! rief er aus, ver­gib mir, dass ich nur an mich ge­dacht habe, an­statt mich vor dir nie­der­zu­wer­fen und dich an­zu­be­ten, wie ich es ge­sollt hät­te, seit wir al­lein sind in die­ser Stu­be! Ich habe sie heu­te Mor­gen im Zank mit dir ver­las­sen. Ja, ja, ich hät­te sie nicht an­ders wie­der be­tre­ten sol­len, als mich auf mei­nen Kni­en schlep­pend! Wie kannst du noch solch ein Tier, wie ich bin, lie­ben und freund­lich an­lä­cheln? Zer­schla­ge dei­nen Fä­cher auf mei­nem Ge­sich­te, Con­sue­lo. Set­ze dei­nen Fuß auf mei­nen Kopf. Du bist grö­ßer um hun­dert El­len als ich, und ich bin dein Skla­ve, von heu­te an auf ewig.

      – Ich ver­die­ne die­se schö­nen Wor­te nicht, er­wi­der­te sie, sich sei­nem Drücken über­las­send. Dei­ne Zer­streu­un­gen ent­schul­di­ge ich gern, denn ich weiß sie mir zu er­klä­ren. Ich sehe wohl, dass die Furcht von mir ge­trennt zu wer­den, und ein Le­ben zer­spal­ten zu se­hen, das nur ei­nes für uns bei­de sein kann, dir die­sen Kum­mer und Zwei­fel­mut ein­ge­flö­ßt hat. Du hast nicht auf Gott ver­traut, und das ist viel schlim­mer als wenn du mir eine Schlech­tig­keit vor­ge­wor­fen hät­test. Aber ich wer­de für dich be­ten und spre­chen: Herr, ver­gib ihm, wie ich ihm ver­ge­be.

      Sie äu­ßer­te nun ihre Lie­be ohne Rück­halt, und in ih­rer schlich­ten Wei­se, und misch­te, wie im­mer, jene spa­ni­sche De­vo­ti­on hin­ein, voll ir­di­scher Zärt­lich­keit und un­ge­zwun­ge­ner Hin­ge­bung: wie war sie da so schön! Die Er­mü­dung und Auf­re­gung des Abends hat­ten ein so lieb­li­ches Schmach­ten über sie ver­brei­tet, dass An­zo­le­to, schon ver­zückt durch jene Ver­göt­te­rung, aus wel­cher er her­kam, und durch wel­che sie ihm in ei­ner neu­en Ge­stalt er­schie­nen war, end­lich alle Ra­se­rei ei­ner hef­ti­gen Lei­den­schaft für die­ses Schwes­ter­chen fühl­te, das er bis da­hin so ru­hig und still ge­liebt hat­te. Er war ei­ner von de­nen, wel­che sich nur für das ent­flam­men was von an­de­ren erst durch Lob, Ver­lan­gen und Wett­ei­fer ver­herr­licht wor­den ist. Die Won­ne, den Ge­gen­stand so vie­ler Wün­sche, wel­che er um sich her ent­glü­hen und lo­dern ge­se­hen, sein zu nen­nen, jag­te in ihm nicht mehr zu zü­geln­de Be­gier­den auf, und zum ers­ten Male war Con­sue­lo in sei­nen Ar­men wirk­lich in Ge­fahr.

      – Sei mei­ne Ge­lieb­te, stam­mel­te er, sei mein Weib. Sei ganz mein und auf ewig.

      – Wann du willst, ant­wor­te­te Con­sue­lo mit eng­li­schem Lä­cheln. Mor­gen, wenn du willst.

      – Mor­gen! Wa­rum erst mor­gen?

      – Du hast recht, Mit­ter­nacht ist vor­über, und wir kön­nen uns schon heut hei­ra­ten. So­bald es Tag wird, kön­nen wir zu dem Pries­ter ge­hen. Wir ha­ben bei­de kei­ne El­tern, es wird nicht vie­le Um­stän­de ma­chen. Ich habe mein In­di­en­ne­kleid, das ich nun noch nicht ge­tra­gen habe. Siehst du, mein Freund, als ich es mir mach­te, dach­te ich: um mir ein Hoch­zeit­kleid zu schaf­fen, wird mein Geld nicht rei­chen; und wenn mein Freund mit mir an ei­nem die­ser Tage Hoch­zeit ma­chen woll­te, so müss­te ich in ei­nem Klei­de, das schon ein­ge­weiht wäre, zur Kir­che ge­hen. Das bringt Un­glück, sa­gen die Leu­te. Als mir dann mei­ne Mut­ter im Trau­me er­schi­en und es mir weg­nahm und in den Schrank häng­te, wuss­te sie wohl, was sie tat, die arme See­le! Es ist also al­les in Be­reit­schaft. Mor­gen, mit Son­nen­auf­gang wer­den wir uns die Treue ge­lo­ben. Und da­mit hast du ge­war­tet, schlech­ter Mensch! um erst Ge­wiss­heit zu er­lan­gen, ob ich auch nicht häss­lich wäre?

      – O, Con­sue­lo! rief An­zo­le­to ge­pei­nigt, du bist ein Kind, ein wah­res Kind! Wir kön­nen uns ja nicht so von heut auf mor­gen hei­ra­ten, ohne dass es be­kannt wer­de; und der Graf und Por­po­ra, de­ren Pro­tec­ti­on uns noch so nö­tig ist, wür­den über uns wer weiß wie auf­ge­bracht sein, wenn wir einen sol­chen Ent­schluss fass­ten, ohne sie um Rat ge­fragt, ohne sie auch nur da­von be­nach­rich­tigt zu ha­ben. Dein al­ter Leh­rer ist mir nicht be­son­ders gut, und der Graf, wie ich von gu­ter Hand habe, hat die ver­hei­ra­te­ten Sän­ge­rin­nen nicht gern. Wir brau­chen Zeit, um ih­nen ihre Ein­wil­li­gung zu un­se­rer Hei­rat ab­zu­ge­win­nen; oder wir müs­sen doch we­nigs­tens ein Paar Tage ha­ben, wenn wir uns im Stil­len hei­ra­ten wol­len, um eine Sa­che, die so viel Be­hut­sam­keit er­for­dert, heim­lich ein­zu­lei­ten. Wir kön­nen nicht nach San Sa­mu­el lau­fen, wo uns alle Welt kennt, und wo nur die ers­te bes­te alte Klatsch­schwes­ter zu sein braucht, um die Sa­che in Zeit von ei­ner Stun­de im gan­zen Kirch­spiel her­um­zu­brin­gen.

      – An das al­les habe ich nicht ge­dacht, ant­wor­te­te Con­sue­lo. Aber sage, was woll­test du denn jetzt eben? Wa­rum sprachst du schlech­ter Mensch: »sei mei­ne Frau!« wenn du doch wuss­test, dass es noch nicht an­gin­ge? Ich habe nicht da­von an­ge­fan­gen, An­zo­le­to! Ich habe zwar oft ge­nug dar­an ge­dacht, dass wir jetzt in dem Al­ter wä­ren, ein­an­der zu hei­ra­ten, und an die Hin­der­nis­se, von de­nen du sprichst, habe ich nie ge­dacht, al­lein ich hat­te es mir zur Pf­licht ge­macht, die Be­stim­mung dar­über dei­ner Klug­heit, und, soll ich so sa­gen? dei­ner Ein­ge­bung zu über­las­sen; denn ich sah wohl, dass du kei­ne große Eile hat­test, mich dei­ne Frau zu nen­nen, und ich zürn­te dir dar­um nicht. Du hast mir oft ge­sagt, man müss­te, ehe man einen Haus­stand grün­det, die Lage sei­ner zu­künf­ti­gen


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