G.F. Barner Staffel 2 – Western. G.F. Waco
Читать онлайн книгу.Lattimer!«
Der Chief-Scout lächelte.
»Adios, Señorita!«
Claiborn stand schon wartend an der Tür.
»Seltsam«, sagte er, als sie im Flur standen. »Damals rettete Ihr Vater ganz Los Bonitos und meine Frau. Sie hat oft von Ihrem Vater gesprochen. Wissen Sie das, Joe?«
»Nein«, erwiderte Joe. »Es ist so unsinnig, aus einer Selbstverständlichkeit eine Heldentat zu machen. Ich ritt nur zum Wagen, weil ich mich schuldig fühlte. Ich konnte nicht eher angreifen, die Apachen wären uns sonst entwischt. Wenn ich geschossen hätte, als der Wagen im Tor war, wäre Ihr Fahrer nicht gestorben. Sir, warum können Sie nicht bei Ihrer Tochter bleiben? Sie muß einige Tage liegen. Haben Sie wirklich keine Zeit, müssen Sie nach Hause?«
»Ja«, antwortete Claiborn finster. »Luisa kennt den Grund, sie weiß, daß ich nach Hause muß. Joe, der Lieutenant muß bis Tecolote reiten. Ist das sicher?«
»Absolut«, bestätigte Joe. »Der Befehl lautet so. Der Grenzposten dort ist unbesetzt, darum reitet jeden Monat eine Patrouille hin und bleibt ein paar Tage. Ich werde Harris erst in Tecolote treffen. Es ist meine Aufgabe, die Apachen nach Gila Bend zu bringen. Machen Sie sich um Ihre Tochter keine Sorgen. Ich werde einen Wagen mieten und sie mit nach Tecolote nehmen. Sie brauchen Sie nur von dort abholen zu lassen, Sir.«
»Darum wollte ich Sie bitten, Joe«, sagte Claiborn erleichtert. »Niemand kennt die Gegend und die Gefahren so gut wie Sie. Bringen Sie meine Tochter sicher nach Tecolote. Und wenn Sie dann Zeit haben – wollen Sie nicht unser Gast sein?«
Ranchero de Cabral, dachte Lattimer, ein Riesenhaus in einem Park am Rio Pozo. Dort Gast sein, Luisa jeden Tag sehen, vielleicht mit ihr ausreiten…
»Vielleicht habe ich Zeit«, erwiderte er. »Ich glaube, es wird möglich sein. Harris wartet, Sir.«
»Ob ich mit ihm fahren kann, Joe, was meinen Sie?«
»Natürlich«, gab der Chief-Scout zurück. »Sir…«
»Harris kommt morgen her?«
»Ja, Sir.«
»Sie haben es eilig, Joe, ich weiß. Nochmals Dank, mein junger Freund.«
Der Abschied war kurz, und als Joe im Sattel saß und die Stadt am Rand der Wüste verließ, sah er Alan Murphy im Hof des Hotels neben dem Wagen stehen. Die rothaarige Joan Stork lehnte am Wagen.
Eine Frau, die einen Mann braucht, dachte Joe. Sie wird ihn fesseln. Diese Frau hat irgend etwas Animalisches. Armer Murphy, die ist dir über.
Lattimer warf noch einen letzten Blick auf das einzige Hotel zurück und auf das Fenster im Obergeschoß.
Sie ist schön, dachte er – Luisa Claiborn-Cabral.
»Narr«, sagte jemand in ihm. »Narr, du verrennst dich, das bleibt ein Traum.«
In fünf Tagen würde er wieder zurück sein und sie zur Grenze bringen.
*
Murphy hatte immer gemerkt, ob eine Frau etwas von ihm wollte. Wie auch diesmal. Als Lattimer fortgeritten war, hatte sie seinen Arm gedrückt. In ihren Augen war ein Flimmern gewesen – lockend, verheißungsvoll, auffordernd.
Jetzt war die Nacht da, eine schwüle Nacht, die keine Abkühlung bringen wollte, in der das Blut schneller durch die Adern floß, wenn man an ein weibliches Wesen dachte.
Wir sehen uns noch, Alan, hatte sie gesagt. Mein Vetter ist ziemlich erledigt, er redet nur noch von den Apachen. Es hat ihn aufgeregt, als die Kugeln um ihn pfiffen. Wenn er nicht schlafen kann, trinkt er manchmal. Vielleicht bringe ich ihn dazu, daß er sich eine Flasche mit ins Zimmer nimmt. Und wenn er dann schläft…
Sie hatte gelächelt und noch einmal seinen Arm gedrückt.
Irgendwo schrie eine Nachteule, eine Fledermaus schwirrte am geöffneten Fenster von Murphys Zimmer vorbei.
Über Santa Rosa lag die Stille der Nacht, und Murphy wartete im dunklen Zimmer, blickte in den Hof auf den hellen Lichtfleck, der vom Eckzimmer aus gegen die Hofmauer geworfen wurde.
Licht in Joan Storks Zimmer, Dunkelheit seit etwa zehn Minuten hinter dem Fenster des anderen Zimmers.
Er hat eine Flasche mitgenommen, dachte Murphy, er schläft jetzt. Und sie, Joan? Mein Gott, was für eine Frau! Welcher Gang!
Murphy griff zur Flasche. Die hatte er sich für alle Fälle besorgt. Sein Mund war trocken vor Erregung, als er das Glas halb füllte und es leerte. Joan wollte ihn, er wußte es, er war verrückt nach ihr. Sie mußte ungefähr in seinem Alter sein, vielleicht ein oder zwei Jahre jünger.
Sie kommt nicht, dachte er. Das Licht erlosch, der Hof lag dunkel vor ihm. Warum sollte sie auch kommen? Wir kennen uns ja kaum einen Tag, aber sie hat mich so angesehen…
Murphy verschluckte sich, als die Seitentür des Hauses langsam aufschwang und der Schatten erschien. Plötzlich hämmerte sein Pulsschlag wie rasend los. Die Gestalt stand im Türrahmen. Die Konturen zeichneten sich in der Dunkelheit nur schwach ab.
Ist es Joan? ging es Murphy durch den Kopf. Dieses schäbige Hotel mit seinen sechs Zimmern und einem großen Schlafsaal, der leer ist, nur einen Lehmfußboden hat. Drei Mietzimmer oben, drei unten. Ich habe Joan erst die Zimmer wählen lassen. Claiborn wollte oben neben seiner Tochter schlafen, ich bin lieber unten geblieben. Sie hat das Eckzimmer genommen, ihr Vetter Steve schläft in dem anderen Raum hinter der Ecke neben dem Schlafsaal. Warum hat sie ausgerechnet das Zimmer genommen, das über den Flur vom Hinterausgang aus zu erreichen ist? Man kann es auch leicht verlassen und in den Hof gehen.
Sie war es. Joan schloß mit vorsichtigen Bewegungen die Tür hinter sich. Murphy sah, daß sie dieselbe Bluse wie am vorangegangenen Abend trug, nur der Rock war nicht derselbe. Als sie nahe genug heran war, blieb sie stehen. Joan hatte ihn mit aufgestützten Ellbogen auf dem Fensterbrett lehnen gesehen. Vier Schritte noch, dann war sie unter dem Fenster. Die Sterne leuchteten nicht mehr so klar wie in der vergangenen Nacht. Der Himmel war von einer Dunstschicht bedeckt.
Wenn Murphy sie nicht gesehen hätte, hätte er sie kaum gehört, so leise kam sie unter das Fenster. Ihre Schultern waren gerade auf Fensterbretthöhe, und als er sich vorbeugte, blickte er genau in die aufgeknöpfte Bluse.
»Hallo!« sagte sie ganz leise und lächelte. »Na, Alan?«
»Na, Lady?« flüsterte Murphy.
Sein Blut geriet in Wallung. Es war ein verrücktes Gefühl zu wissen, daß sie gekommen war, um nicht nur mit ihm zu reden.
Einen Moment war es ihm wie damals, als er siebzehn Jahre alt gewesen und zu Mrs. Slayton gegangen war. Sie hatte im Nachbarhaus gewohnt. Der Mann war dauernd unterwegs gewesen – ein Handelsreisender, der manchmal zwei Wochen nicht nach Hause kam. Die Frau hatte ihn immer so seltsam angesehen und manchmal im Garten Unkraut gezogen, in einer dünnen Bluse, die sie wegen der Hitze auch aufgeknöpft getragen hatte. Er hatte in ihren Ausschnitt sehen können, wenn er am Zaun stehengeblieben war und sich auf die Staketen gelehnt hatte. Sie war schlank gewesen, aber der Busen…
»Ach, Alan, wenn du zum Store
gehst, bringst du mir noch Schmalz mit?«
Den Satz hatte er nie vergessen. Er erinnerte sich immer noch daran und an die Dunkelheit, als er vom Store gekommen war und sie in der halbdunklen Küche gesessen hatte. Eine Frau von fünfunddreißig Jahren auf einer Chaiselongue. Er hatte richtig gezittert und kaum sprechen können, als sie ihn neben sich gezogen und ihn zuerst nur gestreichelt und ihn ihren »lieben Jungen« genannt hatte. Danach war es ihm wie Feuer durch den Leib geschossen, er hatte ihre Hand an seiner Brust gefühlt, unter dem Hemd. Und die Hand war tiefer geglitten, bis sie…
»Er schläft«, sagte Joan kaum hörbar. »Ich habe sogar mitgetrunken. Nur zwei Gläser, aber bei dieser Hitze geht einem der Whisky gleich ins Blut. Ah, wie schwül das heute ist.«
»Ja«, wisperte er. »Soll ich rausklettern?