Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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zum Plaudern.«

      »Ich will auch mit!« kreischte Andi. »Du hast es versprochen.«

      Sein Vater kam aus dem Stall und begrüßte Anna herzlich.

      »Des is doch eine gute Idee. Barbara, geh nur mit der Anna mit. I bin ja früher auch mit den Kindern allein fertig geworden. Es war ja ohnehin vereinbart, daß du dir Zeit nimmst, um mal auf die Berghütte raufzugehen.«

      Barbara schaute zwischen Anna und Kilian hin und her.

      »Dann gehe ich mal schnell packen. Ich bin gleich wieder da.«

      Anna und Kilian unterhielten sich derweilen über das Wetter und die Ernte. Beide Themen waren unerschöpflich.

      Als Barbara kam, stieg sie schnell zu Anna ins Auto.

      »Fahr schnell ab, Anna! Bevor ich weich werde. Die vier können einen ansehen, als begehe man ein Verbrechen, wenn man einmal ein ganz klein wenig an sich denkt.«

      Anna fuhr vom Hof und schlug die Richtung ein hinauf zur Oberländer Alm. Bis dorthin konnte man mit dem Auto fahren. Danach begann der Fußweg hinauf auf die Berghütte.

      »Ich wollte dich schon lange mal besuchen. Aber die Kinder hielten mich immer wieder fest. Dann wurde ich jedesmal weich und blieb auf dem Hof.«

      »Du magst die Kinder sehr, wie?«

      »Ja, sie sind auch alle ganz lieb. Die kleine Gundi hängt den ganzen Tag an meinem Rockzipfel und die Hildi öffnet sich jetzt auch mehr. Sie ist ein ganz liebes Mädchen. Es dauerte lange, bis sie von sich aus einmal ein Gespräch anfing und etwas erzählte. Nun, man kann es ja auch verstehen. Die beiden Buben sind kleine Raudis, die immer was aushecken. Buben eben, die müssen ja so sein. Ich mag jeden von den vieren auf seine eigene Art.«

      Anna warf Barbara einen Seitenblick zu.

      »Und ihren Vater? Kilian, den Vater, magst du den auch?«

      Anna sah, wie Barbara rot wurde.

      »Wie auch immer, er ist mein Chef! Kilian ist nett, ruhig, gewissenhaft. Auf ihn ist Verlaß. So gesehen habe ich es gut getroffen. Ich hatte schon schlechtere Arbeitsplätze, glaub mir, Anna. Es gibt Menschen, die sind schlimm, wirklich sehr schlimm. Die verbreiten nur Angst, solange du bei ihnen arbeitest. Doch damit nicht genug. Du hast auch Angst zu kündigen, weil du weißt, wie lange ihr Arm reicht. Sie können ein ganzes Leben zerstören.«

      Anna dachte sich ihren Teil. Sie stellte keine Fragen mehr und kurvte die kleine Straße hinauf, die zur Oberländer Alm führte. Dort stellte sie ihr Auto ab. Dann gingen die beiden Frauen zu Fuß weiter. Barbara war sehr schweigsam. Anna beobachtete sie von der Seite und dachte immer wieder an die Worte, die Barbara im Auto gesprochen hatte. Anna beschloß, mit Barbara bald ausführlich zu sprechen.

      *

      Als sie oben auf der Hütte ankamen, hatten Alois und Toni den Hüttengästen schon das Abendessen serviert. Anna und Barbara aßen gemeinsam in der Küche der Berghütte. Dann zeigte Anna Barbara eine kleine Kammer.

      »Hier kannst du dich für die Tage einrichten. Da bist du ungestört. Ich denke, die Ruhe und das Alleinsein werden dir guttun, wo du drunten auf dem Dössegger Hof immer die Kinder um dich hast.«

      »Ach, das macht mir nichts aus. Ich komme gut mit ihnen aus. Außerdem ist Gundi morgens im Kindergarten und die anderen sind in der Schule. Da bin ich im Haus ungestört und kann die Hausarbeit machen. Ich bin direkt froh, wenn sie wieder von der Schule kommen und ich sie um mich habe. Dann füllt sich das Haus wieder mit Leben und ich kann mit jemandem reden.«

      »Spricht der Bauer nicht mit dir? Man weiß ja, daß der Kilian eher ein wortkarger Mensch ist.«

      »Ach, Anna!« seufzte Barbara aus tiefstem Herzen. »Das mit Kilian ist nicht so einfach.«

      »Willst drüber reden? Ich bin eine gute Zuhörerin.«

      Anna schloß die Tür der Kammer.

      »Mir scheint, dich bedrückt ein stiller Kummer.«

      Statt einer Antwort schaute Barbara Anna direkt in die Augen. Anna sah darin die Verzweiflung, allen Kummer und Schmerz.

      »Ich kann nicht darüber reden, Anna. Sei mir nicht böse. Es

      ist nicht so, daß ich kein Vertrauen

      zu dir hätte. Ich schlage mich mit

      etwas herum. Ich habe etwas

      falsch gemacht. Nun muß ich sehen, wie ich da wieder herauskomme.«

      »Du kommst dir vor, als wärest du in einem tiefen Tal. An allen Seiten sind steile Felswände. Du willst hinauf, aber du findest keinen Weg. Ist es so, Barbara?«

      »Das hast du schön gesagt, Anna. Genau so ist es. Ich werde wohl im tiefen Tal bleiben müssen.«

      »Niemand muß in einer Schlucht verkümmern, Anna. Du mußt die Hilfe der Retter nur annehmen. Sie lassen dir ein Seil hinab. Binde es um deine Taille und laß dir helfen. Sie ziehen dich hinauf.«

      »Wenn das so einfach wäre, Anna.«

      »Es ist einfach. Alle mögen dich.«

      Anna lächelte Barbara an. Sie wollte ihr Mut machen.

      »Vielleicht mußt du die steilen und glatten Felswände anders sehen. Du bist unten im tiefen Tal. Dort hast du Zuflucht gefunden. Die Felswände um dich herum schützen dich vor der Bedrohung. Sie kann dort nicht hinkommen.«

      Barbara seufzte wieder.

      »Ja, so kann man es auch sehen. Ich werde darüber nachdenken.«

      Anna wünschte Barbara eine gute Nacht. Diese wollte gleich schlafen gehen.

      *

      Als Anna am nächsten Morgen aufstand, war Barbara schon auf. Sie wollte gerade die Hütte verlassen.

      »Wo willst du hin?«

      »Es soll hier in der Nähe eine Stelle geben, die ihr ›Erkerchen‹ nennt. Einer der Buben, der Andi, hat mir davon erzählt. Die Aussicht sei dort ganz besonders schön.«

      »Ja, der Blick von dort über das Tal ist unvergleichlich. Und weit ist es auch nicht. Ich sollte auch mal wieder hingehen.«

      »Dann komme doch mit mir.«

      »Das geht nicht. Wir haben zu viele Gäste. Gehe du ruhig! Vielleicht komme ich später nach. Hast du genug Stärkung dabei?«

      »Ja, der Alois hat mir einiges in den Rucksack gepackt.«

      Barbara ließ sich von Anna noch einmal den Weg erklären, dann ging sie los.

      Zum ›Erkerchen‹ war es nicht weit. Die Bank, die dort stand, war feucht vom Tau. Barbara nahm ihr Taschentuch und rieb sich eine Stelle trocken. Dann setzte sie sich. Unter ihr hingen leichte Nebelschwaden wie große Wattebäusche über dem Tal und verdeckten stellenweise den Blick auf Waldkogel. Barbara sah zu, wie sie sich langsam

      in den warmen Sonnenstrahlen auflösten.

      Wie wunderbar wäre es, wenn sich alle Probleme so einfach auflösen würden, dachte Barbara. So vergingen die nächsten Stunden.

      Barbara hatte nicht gehört, wie Anna gekommen war. Sie zuckte zusammen.

      »Hab’ ich dich erschreckt? Das wollte ich nicht, Barbara.«

      Anna setzte sich neben sie.

      »Dich bedrückt doch ein Kummer, Barbara. Willst du es mir nicht erzählen?«

      »Es fällt mir schwer, darüber zu sprechen.«

      Barbara spielte mit den Bändern, die aus der Kapuze ihres Anoraks baumelten.

      Dann sagte sie leise, und dabei schweifte ihr Blick über das Tal:

      »Der Kilian hat sich wohl in mich verliebt.«

      »Das ist ja wunderbar, Barbara. Und du? Wie steht es mit deinen Gefühlen?


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