Das Nibelungenlied. Anonym

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Das Nibelungenlied - Anonym


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In herrlichem Gewande gefloßen auf der Flut.

       Da begann zu fragen diese Jungfrau schön und gut:

      "Ihr sollt mich hören laßen," sprach das Mägdelein, 423

       "Wer die unbekannten Recken mögen sein,

       Die ich dort stehen sehe in meiner Burg so hehr,

       Und wem zu Lieb die Helden wohl gefahren sind hieher."

      Des Gesindes sprach da Einer: "Frau, ich muß gestehn, 424

       Daß ich ihrer Keinen je zuvor gesehn;

       Doch Einer steht darunter, der Siegfrieds Weise hat:

       Den sollt ihr wohl empfangen, das ist in Treuen mein Rath.

      "Der andre der Gesellen, gar löblich dünkt er mich; 425

       Wenn er die Macht besäße, zum König ziemt' er sich

       Ob weiten Fürstenlanden, sollt er die versehn.

       Man sieht ihn bei den Andern so recht herrlich da stehn.

      "Der dritte der Gesellen, der hat gar herben Sinn, 426

       Doch schönen Wuchs nicht minder, reiche Königin.

       Die Blicke sind gewaltig, deren so viel er thut:

       Er trägt in seinem Sinne, wähn ich, grimmigen Muth.

      "Der jüngste darunter, gar löblich dünkt er mich: 427

       Man sieht den reichen Degen so recht minniglich

       In jungfräulicher Sitte und edler Haltung stehn:

       Wir müstens alle fürchten, wär ihm ein Leid hier geschehn.

      "So freundlich er gebahre, so wohlgethan sein Leib, 428

       Er brächte doch zum Weinen manch waidliches Weib,

       Wenn er zürnen sollte; sein Wuchs ist wohl so gut,

       Er ist an allen Tugenden ein Degen kühn und wohlgemuth."

      Da sprach die Königstochter: "Nun bringt mir mein Gewand: 429

       Und ist der starke Siegfried gekommen in mein Land

       Um meiner Minne willen, es geht ihm an den Leib:

       Ich fürcht ihn nicht so heftig, daß ich würde sein Weib."

      Brunhild die schöne trug bald erlesen Kleid. 430

       Auch gab ihr Geleite manche schöne Maid,

       Wohl hundert oder drüber, sie all in reicher Zier.

       Die Gäste kam zu schauen manches edle Weib mit ihr.

      Mit ihnen giengen Degen aus Isenland, 431

       Brunhildens Recken, die Schwerter in der Hand,

       Fünfhundert oder drüber; das war den Gästen leid.

       Aufstanden von den Sitzen die kühnen Helden allbereit.

      Als die Königstochter Siegfrieden sah, 432

       Wohlgezogen sprach sie zu dem Gaste da:

       "Seid willkommen, Siegfried, hier in diesem Land.

       Was meint eure Reise? das macht mir, bitt ich, bekannt."

      "Viel Dank muß ich euch sagen, Frau Brunhild, 433

       Daß ihr mich geruht zu grüßen, Fürstentochter mild,

       Vor diesem edeln Recken, der hier vor mir steht:

       Denn der ist mein Lehnsherr; der Ehre Siegfried wohl enträth.

      "Er ist am Rheine König: was soll ich sagen mehr? 434

       Dir nur zu Liebe fuhren wir hierher.

       Er will dich gerne minnen, was ihm geschehen mag.

       Nun bedenke dich bei Zeiten: mein Herr läßt nimmermehr nach.

      "Er ist geheißen Gunther, ein König reich und hehr. 435

       Erwirbt er deine Minne, nicht mehr ist sein Begehr.

       Deinthalb mit ihm that ich diese Fahrt;

       Wenn er mein Herr nicht wäre, ich hätt es sicher gespart."

      Sie sprach: "Wenn er dein Herr ist und du in seinem Lehn, 436

       Will er, die ich ertheile, meine Spiele dann bestehn

       Und bleibt darin der Meister, so werd ich sein Weib;

       Doch ists, daß ich gewinne, es geht euch allen an den Leib."

      Da sprach von Tronje Hagen: "So zeig uns, Königin, 437

       Was ihr für Spiel' ertheilet. Eh euch den Gewinn

       Mein Herr Gunther ließe, so müst es übel sein:

       Er mag wohl noch erwerben ein so schönes Mägdelein."

      "Den Stein soll er werfen und springen darnach, 438

       Den Sper mit mir schießen: drum sei euch nicht zu jach.

       Ihr verliert hier mit der Ehre Leben leicht und Leib:

       Drum mögt ihr euch bedenken," sprach das minnigliche Weib.

      Siegfried der schnelle gieng zu dem König hin 439

       Und bat ihn, frei zu reden mit der Königin

       Ganz nach seinem Willen; angstlos soll er sein:

       "Ich will dich wohl behüten vor ihr mit den Listen mein."

      Da sprach der König Gunther: "Königstochter hehr, 440

       Ertheilt mir, was ihr wollet, und wär es auch noch mehr,

       Eurer Schönheit willen bestünd ich Alles gern.

       Mein Haupt will ich verlieren, gewinnt ihr mich nicht zum Herrn."

      Als da seine Rede vernahm die Königin, 441

       Bat sie, wie ihr ziemte, das Spiel nicht zu verziehn.

       Sie ließ sich zum Streite bringen ihr Gewand,

       Einen goldnen Panzer und einen guten Schildesrand.

      Ein seiden Waffenhemde zog sich an die Maid, 442

       Das ihr keine Waffe verletzen konnt im Streit,

       Von Zeugen wohlgeschaffen aus Libya dem Land:

       Lichtgewirkte Borten erglänzten rings an dem Rand.

      Derweil hatt ihr Uebermuth den Gästen schwer gedräut. 443

       Dankwart und Hagen die standen unerfreut.

       Wie es dem Herrn ergienge, sorgte sehr ihr Muth.

       Sie dachten: "Unsre Reise bekommt uns Recken nicht gut."

      Derweilen gieng Siegfried, der listige Mann, 444

       Eh es wer bemerkte, an das Schiff heran,

       Wo er die Tarnkappe verborgen liegen fand,

       In die er hurtig schlüpfte: da war er Niemand bekannt.

      Er eilte bald zurücke und fand hier Recken viel: 445

       Die Königin ertheilte da ihr hohes Spiel.

       Da gieng er hin verstohlen und daß ihn Niemand sah

       Von Allen, die da waren, was durch Zauber geschah.

      Es war ein Kreis gezogen, wo das Spiel geschehn 446

       Vor kühnen Recken sollte, die es wollten sehn.

       Wohl siebenhundert sah man Waffen tragen:

       Wer das Spiel gewänne, das sollten sie nach Wahrheit sagen.

      Da war gekommen Brunhild, die man gewaffnet fand, 447

       Als ob sie streiten wolle um aller Könge Land.

       Wohl trug sie auf der Seide viel Golddrähte fein;

       Ihre minnigliche Farbe gab darunter holden Schein.

      Nun kam ihr Gesinde, das trug herbei zuhand 448

      


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