Das Nibelungenlied. Anonym

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Das Nibelungenlied - Anonym


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Stahlbeschlage, mächtig groß und breit,

       Worunter spielen wollte diese minnigliche Maid.

      An einer edeln Borte ward der Schild getragen, 449

       Auf der Edelsteine, grasgrüne, lagen;

       Die tauschten mannigfaltig Gefunkel mit dem Gold.

       Er bedurfte großer Kühnheit, dem die Jungfrau wurde hold.

      Der Schild war untern Buckeln, so ward uns gesagt, 450

       Von dreier Spannen Dicke; den trug hernach die Magd.

       An Stahl und auch an Golde war er reich genug,

       Den ihrer Kämmrer Einer mit Mühe selbvierter trug.

      Als der starke Hagen den Schild hertragen sah, 451

       In großem Unmuthe sprach der Tronjer da:

       "Wie nun, König Gunther? An Leben gehts und Leib:

       Die ihr begehrt zu minnen, die ist ein teuflisches Weib."

      Hört noch von ihren Kleidern: deren hatte sie genug. 452

       Von Azagauger Seide einen Wappenrock sie trug,

       Der kostbar war und edel: daran warf hellen Schein

       Von der Königstochter gar mancher herrliche Stein.

      Da brachten sie der Frauen mächtig und breit 453

       Einen scharfen Wurfspieß; den verschoß sie allezeit,

       Stark und ungefüge, groß dazu und schwer.

       An seinen beiden Seiten schnitt gar grimmig der Sper.

      Von des Spießes Schwere höret Wunder sagen: 454

       Wohl hundert Pfund Eisen war dazu verschlagen.

       Ihn trugen mühsam Dreie von Brunhildens Heer:

       Gunther der edle rang mit Sorgen da schwer.

      Er dacht in seinem Sinne: "Was soll das sein hier? 455

       Der Teufel aus der Hölle, wie schützt' er sich vor ihr?

       War ich mit meinem Leben wieder an dem Rhein,

       Sie dürfte hier wohl lange meiner Minne ledig sein."

      Er trug in seinen Sorgen, das wißet, Leid genug. 456

       All seine Rüstung man ihm zur Stelle trug.

       Gewappnet Stand der reiche König bald darin.

       Vor Leid hätte Hagen schier gar verwandelt den Sinn.

      Da sprach Hagens Bruder, der kühne Dankwart: 457

       "Mich reut in der Seele her zu Hof die Fahrt.

       Nun hießen wir einst Recken! wie verlieren wir den Leib!

       Soll uns in diesem Lande nun verderben ein Weib?

      "Des muß mich sehr verdrießen, daß ich kam in dieses Land. 458

       Hätte mein Bruder Hagen sein Schwert an der Hand

       Und auch ich das meine, so sollten sachte gehn

       Mit ihrem Uebermuthe Die in Brunhildens Lehn.

      Sie sollten sich bescheiden, das glaubet mir nur. 459

       Hätt ich den Frieden tausendmal bestärkt mit einem Schwur,

       Bevor ich sterben sähe den lieben Herren mein,

       Das Leben müste laßen dieses schöne Mägdelein."

      "Wir möchten ungefangen wohl räumen dieses Land," 460

       Sprach sein Bruder Hagen, "hätten wir das Gewand,

       Des wir zum Streit bedürfen, und die Schwerter gut,

       So sollte sich wohl sänften der schönen Fraue Uebermuth."

      Wohl hörte, was er sagte, die Fraue wohlgethan; 461

       Ueber die Achsel sah sie ihn lächelnd an.

       "Nun er so kühn sich dünket, so bringt doch ihr Gewand,

       Ihre scharfen Waffen gebt den Helden an die Hand.

      "Es kümmert mich so wenig, ob sie gewaffnet sind, 462

       Als ob sie bloß da stünden," so sprach das Königskind.

       "Ich fürchte Niemands Stärke, den ich noch je gekannt:

       Ich mag auch wohl genesen im Streit vor des Königs Hand."

      Als man die Waffen brachte, wie die Maid gebot, 463

       Dankwart der kühne ward vor Freuden roth.

       "Nun spielt, was ihr wollet," sprach der Degen werth,

       "Gunther ist unbezwungen: wir haben wieder unser Schwert."

      Brunhildens Stärke zeigte sich nicht klein: 464

       Man trug ihr zu dem Kreise einen schweren Stein,

       Groß und ungefüge, rund dabei und breit.

       Ihn trugen kaum zwölfe dieser Degen kühn im Streit.

      Den warf sie allerwegen, wie sie den Sper verschoß. 465

       Darüber war die Sorge der Burgunden groß.

       "Wen will der König werben?" sprach da Hagen laut:

       "Wär sie in der Hölle doch des übeln Teufels Braut!"

      An ihre weißen Arme sie die Ärmel wand, 466

       Sie schickte sich und faßte den Schild an die Hand,

       Sie schwang den Spieß zur Höhe: das war des Kampfe Beginn.

       Gunther und Siegfried bangten vor Brunhildens grimmem Sinn.

      Und wär ihm da Siegfried zu Hülfe nicht gekommen, 467

       So hätte sie dem König das Leben wohl benommen.

       Er trat hinzu verstohlen und rührte seine Hand;

       Gunther seine Künste mit großen Sorgen befand.

      "Wer wars, der mich berührte?" dachte der kühne Mann, 468

       Und wie er um sich blickte, da traf er Niemand an.

       Er sprach: "Ich bin es, Siegfried, der Geselle dein:

       Du sollst ganz ohne Sorge vor der Königin sein."

      (Er sprach:) "Gieb aus den Händen den Schild, laß mich ihn tragen 469

       Und behalt im Sinne, was du mich hörest sagen:

       Du habe die Gebärde, ich will das Werk begehn."

       Als er ihn erkannte, da war ihm Liebes geschehn.

      "Verhehl auch meine Künste, das ist uns beiden gut: 470

       So mag die Königstochter den hohen Uebermuth

       Nicht an dir vollbringen, wie sie gesonnen ist:

       Nun sieh doch, welcher Kühnheit sie wider dich sich vermißt."

      Da schoß mit ganzen Kräften die herrliche Maid 471

       Den Sper nach einem neuen Schild, mächtig und breit;

       Den trug an der Linken Sieglindens Kind.

       Das Feuer sprang vom Stahle, als ob es wehte der Wind.

      Des starken Spießes Schneide den Schild ganz durchdrang, 472

       Daß das Feuer lohend aus den Ringen sprang.

       Von dem Schuße fielen die kraftvollen Degen:

       War nicht die Tarnkappe, sie wären beide da erlegen.

      Siegfried dem kühnen vom Munde brach das Blut. 473

       Bald sprang er auf die Füße: da nahm der Degen gut

       Den Sper, den sie geschoßen ihm hatte durch den Rand:

       Den warf ihr jetzt zurücke Siegfried mit kraftvoller Hand.

      Er dacht: "Ich will nicht schießen das Mägdlein wonniglich." 474

      


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