Wenn Sie Fliehen Würde. Блейк Пирс

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Wenn Sie Fliehen Würde - Блейк Пирс


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Stimme klang schwach und brüchig. Kate konnte sich gut vorstellen, dass er einen Großteil der letzten zwei Tage mit Weinen zugebracht und sehr wenig Schlaf bekommen hatte. Er starrte in seine Kaffeetasse und seinen braunen Augen machten den Anschein, als fielen sie ihm jeden Augenblick zu. Kate meinte, dass der Mann ziemlich gutaussehend war, wenn er nicht den Ausdruck der Trauer trug.

      „Ist Ihre Schwester hier?“, fragte DeMarco.

      „Ja. Sie ist drinnen und kümmert sich … um die Arrangements.“ Er hielt inne, schien zu versuchen, einen Weinkrampf in Schach zu halten und zuckte dann leicht mit den Schultern. Er nippte an seinem Kaffee und fuhr fort. „Sie macht das toll. Sie kümmert sich um alles und kämpft für mich. Sie hält mir die neugierigen Arschlöcher in dieser Stadt vom Hals.“

      „Wir wissen, dass Sie schon mit der Polizei gesprochen haben, deshalb werden wir es kurz machen“, sagte Kate. „Bitte versuchen Sie, uns die letzte Woche mit Karen zu beschreiben. Sind Sie dazu in der Lage?“

      Er zuckte abermals mit den Schultern. „Ich würde sagen, es war eine Woche wie jede andere auch. Ich bin zur Arbeit gegangen, sie ist zuhause geblieben. Wenn ich wiederkam, waren wir ein ganz normales, verheiratetes Paar. Wir hatten unsere Gewohnheiten … langweilig, könnte man fast sagen. Einige Leute würden es vielleicht eine Sackgasse nennen.“

      „Irgendetwas Schlimmes?“, hakte Kate nach.

      „Nein. Es ist nur … ich weiß auch nicht. Während der letzten Jahre, seit alle Kinder ausgezogen sind, haben wir uns weniger Mühe gegeben. Wir haben uns noch immer geliebt, aber es war einfach öde. Langweilig, verstehen Sie?“

      Hier seufzte er und zuckte nochmals mit den Schultern. „Ach Scheiße. Die Kinder. Sie sind jetzt alle auf dem Weg hierher. Henry, unser Ältester, sollte innerhalb der nächsten Stunde hier sein. Und dann muss ich … muss ich erklären …“

      Er ließ den Kopf sinken und gab ein verzweifeltes Seufzen von sich, das in einen schluckaufartigen Weinkrampf überging. Kate und DeMarco traten einen Schritt zurück, um ihm etwas Raum zu geben. Es dauerte fast zwei Minuten, bis er sich wieder gefangen hatte. Als er soweit war, wischte er sich über die Augen und blickte entschuldigend auf.

      „Lassen Sie sich Zeit“, sagte Kate.

      „Nein, ist schon in Ordnung. Ich wünschte nur, ich wäre gegen Ende ein besserer Ehemann gewesen, wissen Sie? Ich war zwar immer da, aber ich war nicht wirklich da. Ich glaube, sie hat sich einsam gefühlt. Tatsächlich weiß ich, dass sie sich einsam gefühlt hat. Ich wollte mir aber keine Mühe mehr geben. Ist das nicht das Allerletzte?“

      „Wissen Sie von irgendjemanden, mit dem sie sich in den letzten Tagen getroffen hat?“, fragte Kate. „Hatte sie irgendwelche Treffen oder Termine, sowas in der Art?“

      „Keine Ahnung. Karen stand sozusagen dem Haushalt vor. Ich weiß nicht einmal, was in meinem eigenen Haus los war … oder in meinem eigenen beschissen Leben. Sie hat sich um alles gekümmert. Hat die Rechnungen bezahlt und sich um die Konten gekümmert, hat die Termine gemacht, die Kalender geführt, sich um das Essen gekümmert, hat ihren verdammten Gemüsegarten angepflanzt, hatte die Geburtstage der Familienmitglieder im Blick und wusste, wann man sich traf. Ich habe mich um gar nichts gekümmert.“

      „Wäre es in Ordnung, wenn wir Einsicht in die Kalender nehmen?“, fragte DeMarco.

      „Was immer Sie benötigen. Egal was. Bannerman und seine Leute haben schon Zugriff auf unsere synchronisierten Kalender. Die waren auf unseren Handys. Er kann Sie einloggen.“

      „Vielen Dank, Mr. Hopkins. Wir lassen Sie jetzt in Frieden, aber bitte … wenn Ihnen noch irgendetwas einfällt, was von Interesse sein könnte, dann setzen Sie sich bitte mit Sheriff Bannerman oder mit uns in Verbindung.“

      Er nickte, aber es war offensichtlich, dass die nächste Tränenflut im Begriff war, jeden Moment loszubrechen.

      Kate und DeMarco verabschiedeten sich und gingen zurück zu ihrem Wagen. Sehr erkenntnisreich war diese Unterhaltung nicht gewesen, Kate war jedoch nun überzeugt, dass Gerald Hopkins seine Frau nicht umgebracht hatte. Solch eine Trauer konnte man nicht vorspielen. Während ihrer Karriere hatte sie mehr als genug Männer erlebt, die genau das versucht hatten, und es war nie authentisch gewesen. Gerald Hopkins war außer sich vor Trauer, und er tat ihr unendlich leid.

      „Nächster Stop?“, fragte DeMarco, als sie sich hinter das Lenkrad setzte.

      „Ich möchte noch einmal zu dem Hopkins-Haus fahren … und vielleicht mit den Nachbarn sprechen. Er hat den kleinen Gemüsegarten erwähnt, den sie angelegt hatte, direkt unter dem Fenster des Arbeitszimmers. Da ist ein Nachbar in Sichtweite dieses Fensters. Es ist zwar nur ein Versuch, aber vielleicht lohnt es sich.“

      DeMarco nickte und ließ den Wagen an. Während sie wieder zum Haus der Hopkins fuhren, brauten sich die ersten Sturmwolken zusammen und verdeckten die Sonne.

      ***

      Sie begannen mit dem Nachbarn, der auf der rechten Seite der Hopkins wohnte. Sie klopften an die Haustür, doch nichts rührte sich. Nach dreißig Sekunden klopfte Kate erneut, aber das Ergebnis war das gleiche.

      „Weißt du“, begann Kate, „wenn man in solchen Nachbarschaften lange genug sein Glück versucht, ist am Ende mindestens ein Teil der Bewohner zuhause.“

      Sie klopfte nochmals und als noch immer niemand öffnete, gaben sie auf und durchquerten den Garten der Hopkins, um es bei dem Nachbarn auf der anderen Seite zu versuchen. Kate spähte über den Rasen, der zwischen den Häusern lag. Sie konnte gerade so eben das Haus sehen, dass man auch von Karen Hopkins‘ Arbeitszimmerfenster aus sehen konnte. Es war die Rückseite dieses Hauses. Die Vorderseite des Hauses lag allem Anschein nach an einer Straße, die von der der Hopkins abzweigte.

      Als sie zu dem Haus links von den der Hopkins gingen, trafen Kate die ersten Regentropfen. Sie wollte gerade die Treppe hinauf steigen, als sie spürte, wie ihr Handy in ihrer Tasche summte. Sie zog es hervor und überprüfte das Display. Es war Melissa. Leichte Schuldgefühle überkamen sie. Sie war sicher, dass ihre Tochter anrief, um ihrem Ärger Luft zu machen, weil sie Michelle gestern Abend in Alans Obhut gelassen hatte. Und jetzt, wo Kate zu ihrer Entscheidung ein wenig Abstand gewonnen hatte, meinte sie, dass Melissa durchaus das Recht hatte, sauer zu sein.

      Allerdings war dies kein Gespräch, das sie genau jetzt – wo sie die Stufen zum Nachbarhaus hinauf stiegen – führen wollte. Diesmal klopfte DeMarco an. Fast sofort wurde die Tür von einer jung aussehenden Frau geöffnet, die ein sechszehn oder achtzehn Monate altes Baby auf dem Arm hatte.

      „Hallo?“, fragte die junge Frau.

      „Hallo. Wir sind Agents Wise und DeMarco vom FBI. Wir ermitteln im Mord an Karen Hopkins und hatten gehofft, Informationen von den Nachbarn zu bekommen.“

      „Nun ja, ich bin genau genommen keine Nachbarin“, sagte die junge Frau. „Aber so etwas Ähnliches. Ich bin Lily Harbor, die Nanny von Barry und Jan Devos.“

      „Kannten Sie das Ehepaar Hopkins gut?“, fragte DeMarco.

      „Eigentlich nicht. Wir waren zwar per Du und haben uns beim Vornamen genannt, aber ich habe nicht öfter als vielleicht ein- oder zweimal die Woche mit ihnen gesprochen. Und selbst dann hat man sich nur gegrüßt, wenn man sich zufällig begegnete.“

      „Haben Sie sich ein Bild davon machen können, was für Leute sie waren?“

      „Anständig, meiner Meinung nach.“ Sie hielt inne, da der kleine Junge auf ihrem Arm begann, an ihren Haaren zu ziehen und ein wenig zu jammern. „Aber wie ich schon sagte, ich kannte sie nicht besonders gut.“

      „Kennen die Devos‘ sie gut?“

      „Ich denke schon. Barry und Gerald leihen sich hin und wieder Dinge voneinander aus. Benzin für den Rasenmäher, Grillkohle, solche Sachen. Aber ich glaube nicht, dass sie wirklich Zeit


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