Doc Savage - Das vergessene Imperium. Kenneth Robeson

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Doc Savage - Das vergessene Imperium - Kenneth Robeson


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Fakultät gewesen war. Es war fast Mitternacht.

       Eine von Johnnys dürren Händen ging zum Telefon. Doc Savage sollte erst am kommenden Nachmittag in London eintreffen. Der Drang, etwas zu tun, irgendetwas, hatte den knochigen Archäologen gepackt. Er hatte genug von trockenen wissenschaftlichen Vorträgen.

       »Teilen Sie mir die direkteste Verbindung zum Bezirk Stirling mit«, wies er den Rezeptionisten an.

       »Entschuldigen Sie bitte, Sir. Kann ich Ihnen helfen?«

       Stirnrunzelnd wiederholte Johnny seine Bemerkung in umgangssprachlicherem Englisch.

       »Stirling, Schottland. Ich möchte gern dorthin.«

       »Heute Nacht?«

       »Sofort«, erwiderte Johnny.

       »Zu dieser späten Stunde, Sir, ist, glaube ich, ein Bus von der Victoria Station Ihre einzige Hoffnung.«

       »Rufen Sie einen Mietwagen.«

       »Bitte?«

       »Ein Taxi.«

       »Sogleich, Sir.«

       Keine Minute später hatte Johnny sein Hotelzimmer verlassen. Er nahm nur die Zeitungsausschnitte mit, in denen es um die Vorfälle hinsichtlich der Flucht des verrückten X-Man ging. Er hatte sie aus der Zeitung herausgerissen und in eine speziell gepolsterte Tasche seines Mantels gestopft, wo er gewöhnlich sein Vergrößerungsglas versteckt aufbewahrte, wenn Gefahr bestand, dass es zerbrechen könnte.

       *

       Victoria Station ist für das Herz von London das, was die Grand Central Station für New York City ist. Es ist Wegscheide der Stadt, von wo aus ein Reisender die passenden Verbindungen mit einem Bus oder einem Zug zu jedem Punkt der grünen Insel erhält, die England darstellt.

       Der Bus nach Stirling war ein Doppeldecker, rot wie die Jacken der Beefeater, der Wachen am Buckingham Palace, und, da die Stunde bereits weit vorangeschritten war, es gab nur wenige Fahrgäste. Johnny Littlejohn hatte das Oberdeck ganz für sich allein.

       Normalerweise hätte das Verschwinden eines Geisteskranken aus einer Anstalt nicht ausgereicht, um ein Haar auf dem schütteren Schopf des hageren Geologen zu rühren, aber die Tatsache, dass dieses Individuum nur als X-Man bekannt und ursprünglich in einer römischen Ruine aufgefunden worden war, gekleidet wie für den römischen Senat, hatte Johnnys Neugier angestachelt.

       Die Römer, wusste Johnny, hatten die Insel Britannien in den Tagen nach Cäsar und der römischen Republik erobert. Das war 81 n. Chr. gewesen – vor vielen Jahrhunderten. Die letzten Römer waren über vierhundert Jahren später gegangen, und wenn noch welche verblieben waren, so waren sie mit größter Wahrscheinlich damit beschäftigt, Spaghetti-Restaurants zu betreiben, statt sich an einen längst begrabenen Senat zu wenden.

       Dennoch war es ein Mysterium. Wenn schon sonst nichts, so hoffte Johnny zumindest, dem unseligen X-Mann bei der Rückkehr an seinen richtigen Platz zu helfen.

       Während er die schläfrigen Cottages mit dem Strohdach in den Vorstädten Londons beobachtete, wie sie vorübermarschierten, konnte es der schlaksige Archäologe kaum wissen, aber ihm war es bestimmt, den Mann, den er suchte, an seinen richtigen Ort in der Welt zurückzusetzen. Aber dieser Ort war nicht die Anstalt Wyndmoor für die geistig Kranken. Tatsächlich war es nirgendwo auf der feuchten Insel, deren Name vom römischen Wort Britannia herrührte.

       Aber bevor er dies vollbringen konnte, musste Johnny Littlejohn mit seinen langen Beinen durch einen Zyklon aus Gewalt und Tod waten.

       Da er keine Ahnung hatte, was ihm bevorstand, döste der hagere Geologe ein, während der Bus durch die Nacht rumpelte.

       Der Ruf »Letzter Halt, Govn'r!« weckte Johnny Littlejohn. Er blinzelte.

       »Ist dies Stirling?«, bemerkte er.

       »Genau.«

       »Vielen Dank«, sagte Johnny, stieg die Treppe zum unteren Deck hinab und bückte sich, um dem Fahrzeug zu entsteigen.

       Die Station war kaum als solche zu bezeichnen. Ein winziger Bau mit einem Strohdach, das sich nicht im Geringsten von denen der Cottages im übrigen Schottland unterschied. Johnny drückte gegen die Tür und merkte, dass sie verschlossen war.

       Der Fahrer schloss seinen Bus ab. Johnny wandte sich an ihn.

       »Kann ich hier irgendwo ein Taxi mieten?«, fragte er und verwendete einfache Worte, weil er sich voller Ungeduld auf den Weg machen wollte.

       »Nicht zu dieser Stunde«, hieß es.

       »Zeigen Sie mir die Richtung zur Anstalt Wyndmoor.«

       »Wyndmoor? Das wäre im Norden, wie die Krähe fliegt.«

       Johnny dankte dem Mann und machte sich mit langen Schritten forsch auf den Weg.

       Wie sich herausstellte, flogen schottische Krähen nicht auf besonders geradem Weg. Johnny zumindest war gezwungen, Hügel zum umschreiten und einmal eine Wasserfläche, die wahrscheinlich ein Loch war – wie die Schotten ihre Seen nannten.

       Jenseits des Lochs erreichte Johnny die römische Ruine, wie er genau wusste. Johnny kannte das römische Britannien besser als die moderne Version.

       Dort hielt er inne. Nicht, weil er sich ausruhen musste – im Gegenteil. Obwohl er sich den Anschein eines Gelehrten gab, war seine Ausdauer legendär. Hätte es keine andere Möglichkeit gegeben, so wäre es möglich gewesen, dass der skelett-dürre Archäologe die lange Reise von London nach Stirling zu Fuß absolviert hätte, wobei er nur angehalten hätte, um etwas zu sich zu nehmen – und auch nicht allzu oft für diesen Zweck.

       Johnny Littlejohn hatte einen anderen Grund, an der zerfallenen Ruine zu verweilen. Er war auf seine Weise so etwas wie ein Psychologe.

       Der entflohene Patient, der vielleicht ein Verrückter war, vielleicht aber auch nicht, war genau in dieser Ruine aufgefunden worden. Es war nicht von der Hand zu weisen, dass das Erste, was er nach der Flucht aus einer einjährigen Gefangenschaft tun mochte, war, genau an diese Stelle zurückzukehren.

       Während er in den verlorenen Überresten dieses nördlichsten Punkts des römischen Caledoniens herumtrampelte – eine abgetragene Reihe von Gebäudefundamenten, die von Rhododendronbüschen und duftendem purpurfarbenem Heidekraut überwuchert waren –, erkannte Johnny Anzeichen für ein kürzlich aufgeschlagenes Lager.

       Johnny vergrub den halb aufgegessenen Hasen mit dem Schuh und setzte seine Suche fort.

       »Crepusculeszenz ist imminent millenial«, murmelte er.

       Was, hätte es jemand mit einem Wörterbuch gehört, bedeutete, dass nur noch ein paar Stunden bis Sonnenaufgang fehlten. Zwei Stunden ohne Licht. Aber auch zwei Stunden, in denen es unwahrscheinlich war, dass ihm jemand in die Quere käme. Wenn die örtliche Polizei immer noch mit der Jagd auf den entflohenen X-Man beschäftigt war, dann läge sie wahrscheinlich in tiefem Schlaf, und sie hätte ihre Suche auf das erste Licht verschoben.

       Johnny ergriff die Gelegenheit und holte aus einer Manteltasche eine winzige Aufzieh-Taschenlampe heraus, die er gewohnheitsmäßig bei sich trug. Er zog sie auf und drückte auf den Einschaltknopf.

       Ein außerordentlich heller Lichtstrahl erschien, der kantige Schatten in der alten römische Feste erzeugte. Johnny hielt den Strahl dicht am Boden und setzte seine Suche fort.

       Geräusche von Schritten ertönten. Johnny hielt inne, stellte ihre wahrscheinliche Richtung fest und folgte ihren Spuren.

       Der Mond kam hinter einer Wolke hervor und warf zusätzliches Licht.

       Ziemlich unerwartet traf er auf die schlafende Gestalt.

       Sogleich dämpfte der schlaksige Archäologe das Licht. Er hielt den Atem an. Er hatte Glück. Die schlafende Gestalt war vom Lichtschein nicht geweckt worden.


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