Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung. Alfred Bekker
Читать онлайн книгу.Tarif, sodass sich niemand beschwert. Unsere Produkte laufen hervorragend, auch international. Die indonesische Polizei wird demnächst mit kugelsicheren Westen ausgerüstet, die unsere Fasern enthalten und auf der nächsten BOOT-Messe hier in Düsseldorf wird man eine Auswahl neuester High Tech-Produkte für die Segel einer völlig neuen Generation sehen. Die Wörter surfen und segeln wird man in Zukunft anders buchstabieren, sag ich Ihnen!“
Peter Gerath machte eine große Geste und setzte sich wieder. Berringer nahm ebenfalls Platz. Vanessa Karrenbrock fragte den Gast, ob er noch Kaffee wolle, aber Gerath verneinte. Kein Wunder, dachte Berringer. Vanessas Kaffee war schlecht. Viel zu dünn. Es schien auch völlig sinnlos zu sein, ihr das beibringen zu wollen. Vanessa selbst bevorzugte aromatisierte Tee-Sorten und hatte auch schon versucht, Berringer zu dieser Ersatzdroge zu bekehren. Bisher allerdings ohne jeden Erfolg. Inzwischen war Berringer dazu übergegangen, löslichen Kaffee zu verwenden.
Peter Gerath hatte von der Kaffee-Misere in der Detektei Berringer natürlich nichts wissen können und war prompt auf Vanessas freundliche, einladende Art hereingefallen.
Die Tür öffnete sich.
Ein Mann von etwa fünfunddreißig Jahren in Lederjacke und Jeans unterdrückte ein Gähnen und stutzte, als er Gerath sah.
„Sorry!“, sagte er. „Ich wusste nicht, dass du ein Meeting hast, Robert!“
„Mark, wenn du dich bitte zu uns setzen würdest!“, sagte Berringer. „Herr Gerath, dies ist Mark Lange, ein weiterer Mitarbeiter meiner Firma.“ Mark war in Wahrheit ebenfalls nur stundenweise bei Berringer angestellt. Er half ihm bei Observationen und immer dann, wenn der Computer streikte. Im Moment versuchte er die kostenlose, auf dreißig Tage begrenzte Probeversion eines Bildbearbeitungsprogramms zu knacken.
Ein weiteres Gähnen unterdrückend nahm Mark Lange in der Runde Platz. Von den Aufträgen abgesehen, die er bei Berringer bekam, war er zurzeit arbeitslos. Zuvor war Angestellter der Geldtransportfirma Delos aus Mönchengladbach gewesen, die nach einem Skandal sondergleichen vor dem Konkurs stand. Gelder von Kunden waren entnommen und für Spekulationen benutzt worden. Jetzt stand die ganze Branche vor einem Scherbenhaufen, denn wer vertraute einer Geldtransportfirma noch seine Einnahmen an, wenn er damit rechnen musste, dass die entsprechenden Gelder nicht dort ankamen, wo sie erwartet wurden?
Für die ohnehin schlecht bezahlten Delos-Mitarbeiter hatte dies die Entlassung bedeutet.
Berringer hatte ihn vor ein paar Jahren – noch während seiner Zeit bei der Polizei -
bei Ermittlungen um einen Überfall kennen gelernt. Seit zwei Monaten stand Mark Lange der Detektei nun nach Bedarf zur Verfügung, und Berringer war vollauf zufrieden mit dem jungen Mann. Gerade bei langwierigen Observationen war es eigentlich unumgänglich im Team zu arbeiten.
„Was ist Ihr Anliegen, Herr Gerath?“, fragte Berringer.
Gerath blickte zur Seite, zunächst kurz zu Mark Lange hinüber und anschließend zu Vanessa, die ihn erwartungsvoll und interessiert ansah.
„Ich dachte eigentlich, dass ich die Angelegenheit mit Ihnen persönlich besprechen könnte, Herr Berringer.“
„Vor meinen Mitarbeitern sollten Sie keine Geheimnisse haben. Im Übrigen müsste ich sie hinterher ohnehin über die Sachlage in Kenntnis setzen, also stören Sie sich bitte nicht an ihrer Anwesenheit.“
Gerath räusperte sich. „Wie Sie meinen ...“
„Worum geht es also?“
„Vor zwei Wochen ist ein Anschlag auf mein Leben verübt worden. Ich habe ein Pferd auf einem Reiterhof in Pension und widme mich jeden Sonntagmorgen einem ausführlichen Ausritt. Ich bin kein sportlicher Reiter, müssen Sie wissen. Oder sollte ich sagen: nicht mehr? Ab und an macht mein Rücken nämlich nicht mehr mit. Ich hatte ein ruhiges, gut zu lenkendes Pferd und nehme meistens denselben Rundweg, nördlich von Münchheide. Das Tier kannte diesen Weg schon. Offenbar hat jemand meine Gewohnheiten ausgekundschaftet und sich auf die Lauer gelegt.“ Die Maske der Selbstsicherheit war jetzt für in paar Augenblick völlig ihm abgefallen. Berringer spürte erneut und diesmal noch deutlicher, dass dieser Mann zutiefst erschüttert worden war.
„Was ist geschehen?“
„Mir wurde meine Island-Stute Laura förmlich unter dem Hintern weggeschossen, wenn Sie mir diese drastische Ausdrucksweise verzeihen!“
„Natürlich.“
„Ich hatte Glück mit dem Leben und einer Schulterprellung davongekommen zu sein.
Der Kerl hatte es auf mich abgesehen, da bin ich mir hundertprozentig sicher.“
„Sie haben gesehen, dass es ein ‚Kerl’ war?“, hakte Berringer sofort nach. Die alte Polizistenschule machte sich bemerkbar. Auf Kleinigkeiten achten. Die Details führten am Ende oft genug zur Lösung des Falls oder entlarvten falsche Aussagen.
Gerath reagierte genervt. „Nein, natürlich habe ich das nicht gesehen“, sagte er jetzt ziemlich unwirsch. Im nächsten Moment hatte er sich wieder unter Kontrolle, aber Berringer fand seinen anfänglichen Eindruck bestätigt, dass unter der kalten Granitfassade dieses Unternehmers etwas brodelte, das nun für Sekunden an die Oberfläche gekommen war. Die Nerven dieses Mannes waren bis zum Zerreißen gespannt. Aber nach dem, was er berichtet hatte, war das auch kein Wunder, fand Berringer. „Ich habe vom Täter überhaupt nichts gesehen. Die Schüsse sind aus einem Waldstück abgegeben worden. Dort war das Unterholz so dicht, dass ich auf die Entfernung nichts erkennen konnte.“ Er atmete tief durch und zuckte die Schultern. „Einen Wagen hörte ich etwas später davonbrausen, das ist alles. Wirklich alles.“
„Ich nehme an, Sie sind zur Polizei gegangen.“
„Ja, natürlich. Schließlich wollte ich es nicht darauf ankommen lassen, dass dieser Killer mich in Kürze doch noch niederstreckt. Schließlich hat der Schütze ja sein Ziel nicht erreicht und was immer ihn auch zu seiner Tat getrieben haben mag – die Vermutung liegt ja wohl nahe, dass er keine Ruhe geben wird, bis er es geschafft hat.
Und so kam es dann ja auch...“
Berringers Augen verengten sich. „Es gab noch einen zweiten Anschlag?“, vergewisserte er sich.
Gerath nickte. „Ja. Und das ist auch der Grund dafür, dass ich mich jetzt an Sie wende, Herr Berringer, nachdem die Polizei leider so kläglich versagt hat.“ Er seufzte. „Aber am besten alles der Reihe nach.“
„Bitte!“
„Ich bin nach dem ersten Anschlag natürlich zur Polizei gegangen. Der bearbeitende Kommissar, der das Dezernat für Tötungsdelikte bei der Krefelder Kriminalpolizei leitet, erschien mir ziemlich inkompetent.“
„Erinnern Sie sich zufällig an den Namen?“, fragte Berringer.
„Dittmann oder so ähnlich.“
„Kriminalhauptkommissar Björn Dietrich?“, hakte Berringer nach. Schließlich hatte Berringer immer noch guten Kontakt zu den ehemaligen Kollegen und kannte viele der Dezernatsleiter in den umliegenden Städten.
Gerath sah den Detektiv etwas erstaunt an. „Ja, richtig, so hieß er. Ein schlaksiger Kerl mit strubbeligen Locken. Unter einem Beamten stelle ich mir sowieso etwas anderes vor. Aber wahrscheinlich denkt der, dass er sein dreizehntes Monatsgehalt und die fette Beamtenpension auch bekommt, wenn er herumläuft wie ein Wischmob.“ Er blies seinen Brustkorb auf und erinnerte Berringer an einen Gorilla-Silberrücken, der Eindruck machen wollte. Die Haarfarbe stimmte auf jeden Fall überein. „Das sollte unsereins mal machen!“, ereiferte er sich. „Die Geschäftskunden würden doch Reißaus nehmen und sich fragen, ob eine Firma, die ihren Mitarbeitern nicht einmal genug zahlen kann, um sich einen Gang zum Frisör zu leisten, wohl der richtige Geschäftspartner sein kann ...“ Er vollführte eine ruckartige Bewegung.
„Wieso fragen Sie? Kennen Sie den Kerl?“
„Björn und ich waren früher beide hier in Düsseldorf bei der Kripo, bis Björn nach Krefeld