Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung. Alfred Bekker

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Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung - Alfred Bekker


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da, mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen. In den Händen hielt er einen nagelneuen Baseballschläger. Das Preisschild war noch dran. Nur einen Sekundenbruchteil brauchte der Tätowierte, um die Lage zu erfassen. Er schwang den Schläger wild durch die Luft. Eine Lampe ging zu Bruch. Das Holz sauste nieder. Lorant versuchte auszuweichen, so gut es ging, bekam aber doch etwas ab. Schmerzhaft knallte das Holz des Baseballschlägers gegen seinen Ellbogen.

      Schreiend ließ Lorant das Handy los.

      Jansens Stimme klang jetzt wie das Zirpen einer Grille.

      Lorant wich zurück. Ihm blieb nur der Weg Richtung Fenster.

      "Bleiben Sie ganz ruhig, Kaminski!", sagte Lorant, aber er fand selbst, dass er nicht sonderlich überzeugend dabei klang.

      Schweiß stand auf der Stirn des Tätowierten.

      Er packte den Baseballschläger mit beiden Händen, ließ das Holz nach vorn zucken. Lorant wich noch einen weiteren Meter zurück. Viel mehr Platz war auch gar nicht.

      Verlass dich auf deine stärkste Waffe!, durchzuckte es Lorant. Dein Mundwerk!

      "Ich kann verstehen, was Sie durchgemacht haben!"

      "Quatsch nicht herum!"

      Kaminski stürzte auf Lorant zu, den Baseballschläger in beiden Händen. Lorant taumelte zurück, wich zur Seite. Seinen Schlag konnte Kaminski nicht mehr stoppen. Das Hartholz zertrümmerte die Fensterscheibe. Lorant versetzte ihm einen Stoß. Schreiend stolperte Kaminski über die ziemlich niedrige Fensterbank. Lorant schloss instinktiv eine Sekunde lang die Augen, um sich vor den Glassplittern zu schützen.

      Im nächsten Moment war Kaminski nicht mehr da.

      Lorant sah aus dem zerstörten Fenster und sah ihn unten in eigenartig verrenkter Haltung auf dem Boden liegen.

      Er hatte Erfahrung genug in diesen Dingen, um zu wissen, dass Kaminski nicht mehr lebte.

      ––––––––

      39.

      "Er hat mich angegriffen", sagte Lorant, als Jansen mit ein paar Beamten eingetroffen war. Er hatte dem Kripo-Mann ausführlich von seinen Ermittlungen und der Auseinandersetzung mit Kaminski berichtet.

      "Dem äußeren Anschein nach haben Sie Recht", wich der Kripo-Beamte aus.

      "Sie werden feststellen, dass alles genau so war, wich ich es Ihnen gesagt habe."

      "Bleiben Sie noch etwas in der Gegend?"

      "Sie hätten gerne, dass ich mich noch eine Weile für Aussagen zur Verfügung halte?"

      "Ja, das trifft es."

      "Haben Sie übrigens Ihren Vorgesetzten Steen schon informiert?"

      "Ich sagte Ihnen doch, dass er Feierabend hat."

      Lorant zuckte die Achseln. "Als Dr. Purwin starb, spielte das keine Rolle. Da war Steen sofort da!"

      Jansen rieb sich am Kinn. "Ich dachte mir, ich sehe mir das Ganze erst einmal selbst an."

      "Verstehe... Brauchen Sie mich jetzt noch?"

      "Wo wollen Sie denn hin?"

      "Zu meiner Auftraggeberin. Sie wartet darauf, endlich zu erfahren, weshalb ihr Mann sterben musste."

      Jansen überlegte einige Momente lang, dann nickte er. "Gut, aber vorher möchte ich gerne noch Fingerabdrücke von Ihnen nehmen. Ich nehme an, Sie haben hier das eine oder andere angefasst..."

      "War nicht zu vermeiden."

      "Und dann gibt's da noch einen anderen Punkt, über den Sie mir nichts gesagt haben."

      "Ich dachte, ich wäre ziemlich ausführlich gewesen!"

      "Wie sind Sie überhaupt in dieses Zimmer hineingekommen?"

      "Die Tür war offen."

      "Eine Schutzbehauptung."

      "Können Sie das Gegenteil behaupten?"

      "Noch nicht..."

      "Die Wirtin ist schon etwas in die Jahre gekommen und neigt zur Vergesslichkeit."

      "Ja, ja..."

      Jansen machte eine wegwerfende Handbewegung. Einer seiner Kollegen betrat in diesem Moment das Zimmer. Er trug Latexhandschuhe und hielt ein Notizbuch in der Hand. "Sehen Sie sich das mal an", wandte er sich an Jansen. "Das hatte der Tote in der Jackentasche."

      Jansen streifte ebenfalls Latexhandschuhe über. Er blätterte das Buch durch. Auf der dritten Seite begann eine Liste, die ziemlich identisch mit der Mitgliederliste der Söipkedeeler war, wie Lorant durch einen Blick über Jansens Schulter feststellte. Hinter einige Namen waren Friedhofskreuze auf kleinen Hügeln hingeschmiert.

      Gretus Sluiter, Eilert Eilers, Frauke Oltrogge, Dr. Frank Purwin...

      Eine halbe Stunde später fuhr Lorant auf den Hof des Sluiter'schen Hauses in Forlitz-Blaukirchen. Frau Sluiter traf er im Garten an. Sie spielte mit Tasso, der Riesendogge, die eifrig einen Plastikring apportierte.

      Die Dogge fing an zu knurren, als Lorant den Rasen betrat.

      "Aus, Tasso! Aus!", befahl seine Herrin und Lorant hoffte, dass sich die Dogge auch daran hielt.

      Bernhardine Sluiter sagte: "Ich habe die Zeitung gelesen."

      "Vergessen Sie, was dort steht."

      "Dann wollen Sie behaupten, dass dieser Tom Tjaden..."

      "Ein Unschuldslamm ist er nicht. Aber der Mörder Ihres Mannes ist ein anderer."

      Bernhardine Sluiter ging auf Lorant zu, blieb dann in einem Abstand von etwa einem Meter stehen. Tasso folgte ihr auf dem Fuß. Mit regungslosem Gesicht hörte sie sich Lorants Bericht an.

      "Ich erinnere mich an den Unfall", sagte sie.

      "Waren Sie dabei?"

      "Ja." Ihre Stimme klang tonlos. "Nachdem ich erfuhr, dass die junge Frau auf dem Weg ins Krankenhaus verstorben war, habe ich mir geschworen, nie wieder zu boßeln."

      "Wie Dr. Purwin."

      "Ja."

      "Andere konnten das etwas leichter wegstecken."

      "Ich weiß. Aber ich bin nicht so robust. Auch wenn das äußerlich anders wirken mag."

      "Niemand hat Ihnen irgendeine Schuld gegeben."

      "Niemand außer diesem Kaminski. Er hat übrigens versucht, uns alle wegen unterlassener Hilfeleistung zu verklagen, weil sich keiner von uns traute, die Helme der Verunglückten zu öffnen. Aber das wurde alles niedergeschlagen." Sie atmete tief durch. "Ich nehme an, ich stand auch noch auf seiner Liste", murmelte sie. Eine ruckartige Bewegung durchlief sie. Sie blickte Lorant an. Jeder Anflug von Nachdenklichkeit schien wie weggeblasen. "Ihr ausstehendes Honorar werde ich Ihnen überweisen."

      "Danke."

      "Leben Sie wohl."

      Ihr Lächeln wirkte verkrampft. Lorant ahnte, dass ihre Fassung nichts als Fassade war. In ihrem Inneren sah es ganz anders aus. Er sah etwas in ihren Augen glitzern. Tränen vielleicht. Sie hat immerhin Gewissheit, dachte Lorant.

      ENDE

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