Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung. Alfred Bekker

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Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung - Alfred Bekker


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sie hatten ihren Spaß.

      Was mache ich hier eigentlich?, dachte Lorant. Für grölende Landeier ein Shanty spielen. Hättest du je gedacht, dass du künstlerisch so weit absteigen wirst, als du damals im Kölner Subway aufgetreten bist? Manche Dinge sind unvorstellbar und sie geschehen doch.

      Und während er spielte, stellte er sich ein jazziges Big Band Arrangement von 'what shall we do with the drunken sailor' vor. Die grölenden Stimmen der Skat-Brüder wurden zu einer Art Hintergrundrauschen. Wie Wind oder Regen.

      Dann war alles von einer Sekunde zur anderen vorbei, als eine Stimme durch den Schankraum dröhnte: "Ey, was ist denn hier los? Eine Party von entlaufenen Zoo-Affen, woll?"

      Der Tätowierte stand in der Tür, hielt seinen Motorrad-Helm unter dem Arm und hatte den Reißverschluss seiner Lederkombination bis zum Bauch offen.

      Alle starrten ihn an.

      Der Tätowierte setzte sich an einen der Tische.

      "'N Bier!", wandte er sich an Beate Jakobs. Die Wirtin zuckte die Achseln und hielt es wohl für das Beste, ihrem Gast diesen Wunsch so schnell wie möglich zu erfüllen.

      Der Tätowierte schloss die Augen, fuhr sich mit einer fahrig wirkenden Geste über das Gesicht.

      Warum hatte der Kerl so schlechte Laune, wenn er den ganzen an der frischen Luft ist und über Ostfrieslands gerade Straßen brettert?, ging es Lorant durch den Kopf.

      Der Tätowierte bekam sein Bier, leerte eine Hälfte davon in einem Zug. Die Skatbrüder fingen wieder an zu spielen, motzten auf Plattdeutsch über den Auswärtigen, der für nichts als miese Stimmung gesorgt hätte. Und Lorant erhob sich vom Klavierhocker, ging zum Schanktisch.

      "Wollen Sie noch was essen?", fragte Beate Jakobs.

      "Nein, kein Appetit."

      "Der Wagen war da. Ich hätte sogar ein Kotelett."

      "Na, dann..."

      "Dann überlegen Sie sich das noch einmal, wollten Sie sagen, nicht wahr?"

      "Frau Jakobs, Sie können Gedanken lesen!"

      ––––––––

      35.

      Am nächsten Morgen war Lorant schon früh aus den Federn. Er hatte schlecht geschlafen. Ein ganzes Konglomerat aus wilden Alpträumen hatte dafür gesorgt, dass er sich am Morgen wie zerschlagen fühlte. Jetzt saß er gähnend am Tisch im Schankraum und ließ sich von Beate Jakobs das Frühstück servieren.

      "Die Zeitung kann ich Ihnen leider noch nicht geben", erklärte die Wirtin.

      "Hat noch Ihr Schwiegersohn?"

      "Genau. Aber sobald er damit durch ist, gebe ich Sie Ihnen."

      "Ja, das hat Zeit!"

      Lorant hörte, wie ein Wagen vorfuhr. Wenig später trat Kriminalhauptkommissar Meinert Steen in den Schankraum. Unterm Arm trug er eine Zeitung. Er wandte sich sofort an Lorant, legte ihm die Zeitung auf den Tisch,.

      "Moin, Herr Kollege!", begrüßte er den Detektiv mit einem triumphierenden Unterton.

      "Moin. Womit habe ich denn die Ehre Ihres hohen Besuchs zu so früher Stunde verdient?"

      "Bin auf dem Weg nach Emden ins Präsidium."

      "Sie wohnen in Moordorf, nicht wahr?"

      "War jedenfalls kein großer Umweg. Und wenn ich heute etwas zu spät komme, dann verzeiht mir das sogar der Innenminister."

      "Ach ja?"

      "Schon die Zeitung gelesen?"

      "Nein, leider nicht."

      "Ich sagte Ihnen ja, dass Sie es dort nachlesen könnten, wenn ich den Fall gelöst hätte!"

      Lorant verschluckte sich beinahe an dem dünnen Kaffee. Plötzlich hatte er auf das Mohnhörnchen auch keinen Appetit mehr.

      "Gelöst? Sie sprechen wirklich vom Mordfall Sluiter."

      "Zumindest vom Mordfall Purwin." Steen lehnte sich zurück und genoss den Ausdruck des Erstaunens in Lorants Gesichtszügen. "Na, was sagen Sie?"

      "Ich bin gespannt. Wen haben Sie denn verhaftet?"

      "Tom Tjaden. Der Name ist Ihnen vielleicht kein Begriff, aber er ist hier in der Gegend so etwas wie eine Art Schmalspur-Pate."

      "Ach, ja? Und der soll Dr. Purwin umgebracht haben?"

      "Wir haben einige Wechsel gefunden. Dr. Purwin hatte Spielschulden, die Tjaden ihm vorgestreckt hat. Offenbar hat Tjaden im großen Maßstab illegales Glücksspiel organisert. Woher sich die beiden kannten, ist noch unklar, aber Tatsache ist, dass Purwin für Tjaden als Strohmann auftrat, um jene Gewerbeflächen aufkaufen zu können, auf denen sich heute dieser Nachtclub namens X-Ray befindet." Steen zuckte die Achseln. "Ist doch immer dasselbe mit den Ärzten. Verdienen zuviel Geld, wollen es an der Steuer vorbeischleusen und fallen auf windige Anlagemodelle herein. Oder eben auf noch windigere Leute vom Schlag eines Tom Tjaden."

      "Klingt alles sehr interessant, was Sie mir da erzählen..."

      "Aber Sie glauben es nicht!"

      "Ich behalte immer ein gewisses Maß an gesunder Skepsis!"

      Steen lachte. "Ob die gesund ist, müssen Sie selber wissen. Wahrscheinlich hat jener Papst, der Galilei zum Widerruf zwang, genauso gedacht wie Sie!"

      "Sie sind nicht Galilei!", gab Lorant zu bedenken.

      "Eine sehr scharfsinnige Bemerkung, Herr Lorant. Wirklich! Tut mir ja auch sehr Leid für Sie, dass Ihre Auftraggeberin Ihnen nun wahrscheinlich das Spesenkonto sperren wird!"

      "Machen Sie sich um mich mal keine Sorgen."

      "Wie auch immer. Tjaden sitzt in Untersuchungshaft und von seinen Helfershelfern werden wir einen nach dem anderen so weichklopfen, dass sie uns alles sagen, was wir wissen wollen."

      "Ich glaube nicht, dass er Dr. Purwin umgebracht hat."

      "Kriminalistik ist eine exakte Wissenschaft, keine Frage des Glaubens, Herr Lorant."

      "Oh, das brauchen Sie mir nicht zu sagen!"

      "Im Übrigen habe ich mich vielleicht auch nicht präzise ausgedrückt. Ich glaube natürlich nicht, dass Tom Tjaden den Doc unbedingt eigenhändig umgebracht haben muss. Dafür hat er doch seine Leute. Andererseits -—wussten Sie, dass er Motorradfahrer ist? Und vor Dr. Purwins Praxis war ja die Bremsspur einer ziemlich großen Maschine zu sehen."

      "Diese Indizienkette wird jedes Gericht überzeugen", entgegnete Lorant ironisch.

      Diese Ironie entging Steen allerdings komplett.

      "Ich weiß Ihr Kompliment zu schätzen."

      "Ich nehme an, Sie sind nicht nur hier, um mir von Ihren Erfolgen zu berichten und mich mit einer Zeitung zu versorgen, Herr Steen."

      "Das ist richtig."

      Lorant hob die Augenbrauen.

      "Also?"

      "Heute Morgen hat die Polizei in Aurich die Leiche einer jungen Frau namens Frauke Oltrogge gefunden. Sie lag seit mindestens zwölf Stunden tot in ihrem Wagen, den der Täter in einen Graben hineinrollen ließ. Sie wurde vermutlich erschlagen."

      "Und es hat mehr als einen halben Tag gedauert, bis das jemand bemerkt hat?"

      "War eine einsame Stelle. Und Autos, die einfach irgendwo in der Gegend abgestellt anstatt ordnungsgemäß entsorgt werden, gibt es ja leider öfter mal."

      Lorant zuckte die Achseln. Noch wusste er nicht richtig, worauf Kriminalhauptkommissar Meinert Steen eigentlich hinauswollte.

      "Und


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