Erich Glaubmirnix - Kriminalfälle und Abenteuer heute und im Mittelalter. Gregor Kastner

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Erich Glaubmirnix - Kriminalfälle und Abenteuer heute und im Mittelalter - Gregor Kastner


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du, wie schräg der Wagen steht? Hoffentlich kippt der nicht gänzlich um, wenn wir da durch gehen!“

      „Egal, wir müssen da rein. Verdammte Scheiße! Siehst du das? Der Führerstand ist komplett eingedrückt.“

      „Los, wir müssen da hin! Siehst du die Kundenbetreuerin?“

      „Nein.“

      „Und den Lokführer?“

      „Nein.“

      „Hoffentlich ist denen nichts passiert. Das sieht da vorne richtig schlimm aus. Sag mal, die hatten doch noch einen Praktikanten bei sich?“

      „Den sehe ich auch nicht.“

      Beide Polizisten kämpften sich nun Schritt um Schritt durch das Abteil, mussten ausgerissene Sitzbänke und andere Hindernisse bei Seite schieben und das kostete Kraft und Zeit. Sie wollten alles begutachten und den Verletzten helfen und Hoffnung zusprechen. Und sie wollten bei ihrem Einsatz nicht riskieren, dass durch unnötige oder hastige Bewegungen der Triebwagen gänzlich umkippt und es weitere Verletzte oder Tote gibt. Sie zählten auf ihren Weg noch mal zwölf Leichtverletzte und drei schwerverletzte Personen. Und dort, wo der Wagen zusammengedrückt war, fanden sie den Praktikanten. Der war gerade dabei, eine eingedrückte Seitenwand beiseite zu schieben. Das klappte aber nicht, weil die Decke teilweise eingestürzt war und sich über die verbogene Wand gelegt hatte. Somit war alles blockiert.

      Erich sprach ihn sofort an: „Was machst du denn da?“

      „Dahinter sind meine Chefin und der Lokführer. Ich will sie da rausholen. Ich hab schon ein paarmal gerufen. Aber die antworten nicht. Deshalb will ich diese Wand hier wegschieben. Ich will nicht, dass alle beide dahinter tot sind.“

      Der letzte Satz fiel ihm sichtlich schwer. Erich schnappte sich sein Funkgerät und informierte die Leitstelle über den momentanen Stand. Danach baten sie den Praktikanten, beiseite zu gehen und wollten selber ihr Glück versuchen. Egal, was man ihm sagte und zu erklären versuchte, der Praktikant ließ sich nicht vertreiben. Der wollte hartnäckig seine Chefin retten und antwortete: „Dort hinter dieser Wand ist Frau Bachmann! Und ich bin verantwortlich für sie! Stellen Sie sich mal vor, die kommt da raus, sucht mich überall und findet mich nirgendwo. Was sie sich da für Vorwürfe macht.“

      „Nein“, konterte Erich, „du bist nicht für sie verantwortlich. Rede dir das ja nicht ein. Eher ist es umgedreht. Sie trägt für dich die Verantwortung!“

      „Na ja, das meine ich doch. Wenn Frau Bachmann da rauskommt und ich bin nicht da! Ich bleibe hier und helfe mit, sie da rauszuholen, und Punkt!“

      Da halfen von Seiten der Beamten keine weiteren Drohungen. Der Bengel blieb hart. Nun ja, da wurde eben von Seiten der Polizisten nachgegeben und zu dritt angefasst. Immerhin galt es, Menschenleben zu retten. Egal wie und zu welchem Preis. Während sie nun gemeinsam versuchten, die Wand beiseite zu bekommen, riefen sie immer wieder ihre Namen: „Anika! Anika Bachmann! Lothar! Wo seid ihr? Meldet euch! Wenn ihr nicht könnt, gebt wenigstens ein Zeichen. Ein einfaches Klopfen reicht. Nur damit wir wissen, wo ihr seid und wie es euch geht.“ Es kam keine Antwort. Nach und nach kam der Verdacht auf, dass sie den Unfall nicht überlebt haben könnten. Dieser schreckliche Gedanke spornte die Retter noch mehr an und obwohl der Gedanke immer wieder weggewischt wurde, war er doch immer zugegen: „Wir retten sie auf jeden Fall! Und die sind auch nicht tot!“

      Nun hörte man draußen die ersten Signalhörner. Es war die freiwillige Feuerwehr von Großfurra und die von Kleinfurra und Sondershausen waren auch schon auf dem Weg und sollten in Kürze eintreffen. Da kamen die ersten Rettungswagen zum Unfallort. Die Rettungssanitäter und der Notarzt stiegen aus und begaben sich unverzüglich zu den Verletzten. Dann traf die Landespolizei ein und selbst die Kollegen der Bundespolizei waren innerhalb kürzester Zeit vor Ort. Obwohl sie den längsten Anfahrtsweg hatten. Sie kamen von Sollstedt rüber gefahren. Auch der Notfallmanager der Bahn war anwesend und Erich sah, wie er den Einsatzkräften irgendwelche Hinweise gab. Erich achtete nicht weiter auf das Einsatzgeschehen. Er wollte unbedingt mit dem Mehlmann die verdammte Wand wegbekommen.

      Und als die ersten Einsatzkräfte der Feuerwehr am Zug waren und dabei die drei Retter im Zug entdeckten, pochten sie vorsichtig mit der Faust gegen das Fenster. Danach gingen sie sofort wieder auf Sicherheitsabstand und beobachteten ihre Reaktion. Sie sahen die gefährliche Position des Triebwagens und wollten unnötige Aktionen vermeiden. Mit Handzeichen und kurzen Sätzen erklärte Erich die Situation im Zug und bat gleichzeitig um Hilfe. Sie sollten so schnell wie möglich zu ihnen kommen, um bei der Rettung zu helfen. Denn, egal wie sie sich anstrengten, alleine schafften sie es nicht. Die Wand war zu sehr mit der herunterhängenden Decke verkeilt. Hier konnte nur noch schwere Technik helfen.

      Dann meldete sich das Funkgerät: „Efeu 47-20 für die Efeu 47-30 kommen!“

      Erich meldete sich: „Efeu 47-20 hört!“

      „Efeu 47-20, wir sehen euch nicht! Seid ihr im Zug? Gebt mal euren Standort! Wir wollen zu euch.“ Sie standen nach ihrer Ankunft mit ihrem Streifenwagen auf Grund von Platzmangel etwas ungünstig und hatten dadurch nur eine begrenzte Sicht zum Ereignisort.

      Erich antwortete: „Die Efeu 27-20 ist mit Kollege M. im vorderen Teil des Zuges und sucht die Kundenbetreuerin und den Triebfahrzeugführer. Könnt ihr mal von außen schauen und uns mitteilen, was da konkret passiert ist? Vielleicht seht ihr was von den beiden?“

      „Die Efeu 37-30 ist unterwegs, und wie ich von hier aus schon sehe, ist euer Triebwagen gegen eine entgegengekommene Diesellok der Baureihe 232 geprallt. Sieht schlimm aus. Die Lok hat sich voll im Triebwagen verkeilt. Die Feuerwehr ist gerade dabei, auf den Führerstand der Lok zu klettern. Wie es aussieht, suchen die den Lokführer.“

      Erich schaute aus dem Fenster und sah, wie sein Kollege Elu zu einem Feuerwehrmann ging und sich mit ihm unterhielt. Dabei schauten beide auf den Triebwagen. Kurz darauf kam der nächste Funkspruch: „Efeu 47-30 hat gerade mit dem Einsatzleiter gesprochen. Der hat mir erklärt, dass sie an den Triebwagen noch nicht herangehen können, weil dieser umzustürzen droht. Uns will der Einsatzleiter auch nicht durchlassen. Es sei zu gefährlich. Der Triebwagen muss erst von beiden Seiten abgestützt werden. Danach können sie handeln. Die entsprechende Technik wurde bereits angefordert und ist unterwegs. Das einzige, was im Moment getan werden kann, ist die Bergung der Verletzten im hinteren Teil des Triebwagens.“

      „Efeu 47-30 für die 47-20! Wir haben hier vorne auch Verletzte und zwei von ihnen sind eingeklemmt und wir kommen nicht an sie ran. Die sollen sich so schnell wie möglich was einfallen lassen!“

      „Efeu 47-20, der Einsatzleiter Kaune hat mitgehört.“

      Erich schaute wieder aus dem Fenster und sah, wie sich der Einsatzleiter nach dem Funkspruch mit schnellen Schritten vom Zug entfernte. Erich war fassungslos: „Der wird doch wohl nicht …?“

      „Efeu 47-30, was hat der Mann vor? Hat er dir was gesagt?“

      „Nein, leider nicht, und was er vorhat, kann ich dir auch nicht sagen. Ich denke mal, dass der eine Idee hat.“

      „Wir werden sehen. Efeu 47-20 Ende!“

      Im hinteren Triebwagen hörte Erich, wie die ersten Einsatzkräfte anfingen die Verletzten zu bergen. Diese Aktion funktionierte aus Sicht der zwei Beamten hervorragend. Und das war in der verzweifelten Situation der nächste Funke der Hoffnung. Nun würde es nicht mehr lange dauern und sie wären bei ihnen.

      „Mehlmann, wir versuchen es trotzdem noch mal.“

      Mit vereinten Kräften wurde wieder an der Seitenwand gezerrt und es war ein leichtes Knarren zu hören und die Wand schien sich zu bewegen. Aber dann gab es einen lauten Knall, der Triebwagen zitterte kurz und neigte sich noch weiter zur rechten Seite.

      „Verdammte Sch…! Es hat keinen Zweck. Wenn der jetzt umkippt, gib es …!“ Erich sprach den Satz nicht zu Ende. Er wollte das Wort „Tod“ nicht in den Mund nehmen.

      „Ich glaube, wir müssen uns gedulden.“

      „Hast recht, Mehlmann, wir können im Moment nichts


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