Der Bergpfarrer Staffel 15 – Heimatroman. Toni Waidacher
Читать онлайн книгу.net«, antwortete er. »Ich kann den Martin ja net allein’ lassen.«
»Na, das ist doch kein Problem«, sagte Ria. »Der bleibt schön bei mir. Erst machen wir uns einen gemütlichen Fernsehabend, und nachher bring’ ich ihn ins Bett.«
Sie unterdrückte ein Gähnen.
»Apropos Bett – entschuldigt mich. Ich muß morgen früh raus und zum Großmarkt in die Stadt fahren. Das Frühstück serviert euch meine Nachbarin, die hin und wieder aushilft. Deshalb werd’ jetzt schlafen gehen.«
Sie wünschte eine gute Nacht und ging hinein.
»Würdest du denn mit mir hingehen?« fragte Peter, als sie alleine waren.
Das hatte Alexandra schon überlegt. Im ersten Augenblick wollte sie nichts davon wissen. Doch dann sagte sie sich, daß es keinen Grund gab, sich dieses Vergnügen zu versagen. Immerhin war sie nach St. Johann gekommen, um sich von Adrian zu lösen.
Zu dieser ›Therapie‹ gehörte auch, daß sie überall dort hinging, wo sie mit ihm glücklich gewesen war.
Auch wenn es nur ein scheinbares Glück war, wie sich herausgestellt hatte.
»Ja, ich komme gern mit«, antwortete sie und sah das Lächeln auf Peters Gesicht.
Er freute sich.
Musik, feiern, eine schöne Frau in den Armen halten und mit ihr über das Parkett schweben – mein Gott, wie lange war das schon her!
Peter hob sein Glas und prostete ihr zu. Dann schaute er sie an, während er nach den richtigen Worten suchte.
Am Abend zuvor hatte es lange gedauert, bis er einschlafen konnte, obgleich die Bergtour anstrengend gewesen war, und er eigentlich müde hätte sein müssen.
Martins Worte wollten ihm nicht aus dem Kopf gehen. Als der Bub ins Bett gegangen war und das Abendgebet gesprochen hatte, kuschelte er sich an seinen Vater.
»Magst du die Alexandra?« hatte er gefragt.
Peter brauchte nicht lange, um zu antworten.
»Ja«, erwiderte er, »ich mag sie sehr.«
Martin biß sich auf die Lippe.
»Aber heiraten werdet ihr wohl net, oder?«
Der Vater zuckte die Schultern.
»Weißt’, das ist net so einfach«, erklärte er. »Zum Heiraten gehören zwei Menschen. Und wenn ich die Alexandra auch mag, heißt das ja noch lang’ net, daß es bei ihr genauso ist.«
»Warum fragst’ sie denn net?« wollte der Bub wissen.
Er sah seinen Vater eindringlich an.
»Bitte, Papa, frag’ sie doch!«
Peter Reinicke atmete schwer. Was sein Sohn da von ihm verlangte, fiel ihm sehr schwer. Einige Male hatte er sich schon vorgenommen, Alexandra zu sagen, wie es um ihn stand. Doch dann verließ ihm der Mut wieder. Aber vielleicht mußte er sich nur überwinden. Mehr als ihn zurückzuweisen, konnte sie nicht tun.
Als er am Morgen auf der Terrasse des Ponyhotels saß, während die beiden ausritten, überlegte er hin und her. Als die Anwältin und Martin dann zurückkamen, gab es keine Gelegenheit, mit ihr unter vier Augen zu sprechen.
Doch jetzt war sie da…
»Ist was?« fragte Alexandra, als sie draußen saßen.
Ria Stubler hatte lediglich eine Laterne auf den Tisch gestellt und das Licht darin entzündet. Der Schein beleuchtete Alexandras Gesicht.
Peter räusperte sich.
»Ich will net viel Worte machen«, antwortete er. »Ich denk’, du weißt, wie’s um mich steht, Alexandra.«
Ihr Herz schlug bis zum Hals hinauf.
»Bevor ich dich kennenlernte«, fuhr er fort, »hätt’ ich net gedacht, daß ich mich jemals wieder verlieben würd’. Du weißt ja, welche Enttäuschungen ich erlebt hab’. Aber bei dir hab’ ich das Gefühl, du bist die Richtige. Für mich und für Martin. Dabei geht’s net darum, eine Mutter für meinen Sohn zu finden. Ich muß die Frau lieben, die diese Rolle ausfüllen kann, aber sie muß eben auch ein Herz für Martin haben. Er ist nun mal eine Teil meines Lebens und gehört zu mir.«
Er beugte sich vor.
»Ich liebe dich, Alexandra«, sagte er leise. »Mehr, als ich sagen kann. Und ich… ich möcht’ dich bitten, meine Frau zu werden.«
Die hübsche Rechtsanwältin schluckte.
Es stimmte alles, die Situation, die Stunde. Sie waren allein, auf dem Tisch brannte romantisch die Laterne, und eigentlich hätte ihr Herz vor Freude zerspringen müssen.
»Ich mag dich auch, Peter«, erwiderte sie. »Sehr sogar.«
Ihre Augen blickten trotz dieser Worte traurig.
»Aber es geht net. Bitte, verzeih’ mir. Ich will dir net weh tun. Doch im Moment kann ich deinen Antrag net annehmen.«
Er nickte stumm. Auch wenn er sich eine andere Antwort erhofft hatte, so glaubte er doch schon vorher zu wissen, wie sie ausfallen würde.
Es war ja auch vermessen gewesen, zu hoffen, daß Alexandra ihn erhören würde. Nicht nach der Enttäuschung, die sie erlitten hatte.
»Gehst du trotzdem noch mit mir in den Löwen?« fragte die Anwältin, als er nur schweigend nickte.
»Ja«, lächelte er schief. »Natürlich.«
Er räusperte sich erneut.
»Ich freue mich doch auch darauf«, setzte er hinzu.
Die Tür zum Zimmer war einen spaltbreit geöffnet. Hinter der Gardine zeichnete sich ein dunkler Schatten ab. Die Erwachsenen bekamen nicht mit, als Martin wieder ins Bett schlich.
Der Bub war aufgewacht und hatte die Stimmen draußen gehört. Neugierig war er zur Terrassentür gegangen und hatte gelauscht. Als Peter Alexandra sagte, wie sehr er sie liebe, da klopfte das Herz seines Sohnes bis zum Hals hinauf.
Und wie enttäuschend war die Antwort!
Martin lag in seinem Bett und grübelte darüber nach, warum Alexandra den Antrag nicht annehmen wollte. Die wahren Hintergründe nicht ahnend, zog er einen Schluß, der noch fatale Folgen haben sollte.
Den Schluß, daß es wieder einmal an ihm lag…!
*
Peter Reinicke bemerkte gleich am Morgen, daß sein Sohn schweigsam und in sich gekehrt war.
»Geht’s dir net gut?« fragte er besorgt, als Martin am Frühstückstisch saß und kaum etwas aß.
»Du hast dich doch wohl net gestern beim Reiten erkältet?« meinte Alexandra und faßte an seine Stirn.
Die war kühl, kein Anzeichen von Fieber. Aber die Reaktion des Buben überraschte sie. Martin zog unwillig seinen Kopf weg und begann Biene mit Häppchen seiner Semmel zu füttern.
»Martin, was soll das?« fragte sein Vater ärgerlich. »Du weißt genau, daß Biene nix vom Tisch bekommt!«
Er schüttelte den Kopf.
»Wenn du keinen Hunger hast, dann geh’ aufs Zimmer. Leg’ dich noch ein bissel aufs Bett. Vielleicht geht’s dir ja nachher besser.«
Entschuldigend sah er die Anwältin an, während sein Sohn sich mit hängendem Kopf trollte.
»Tut mir leid«, sagte er schulterzuckend. »Ich weiß net, was mit ihm los ist.«
Sie lächelte.
»Das geht wieder vorüber«, meinte sie.
Alexandra schenkte sich Kaffee nach.
»Hast du Lust, heut’ mal die Kirche anzuschauen?« fragte sie.
Peter nickte.