Der Bergpfarrer Staffel 15 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Staffel 15 – Heimatroman - Toni Waidacher


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gekocht hatte. Die Getränke dampften in den Bechern, und die Brote waren mit Bergkäse, Dauerwurst oder Schinken belegt.

      »Jetzt hat man aber auch richtig Appetit«, sagte Peter Reinicke und nahm sich ein zweites Brot.

      »Dann langt nur tüchtig zu«, ermunterte der Geistliche sie.

      Von ihrem Platz aus hatten sie einen herrlichen Blick hinunter ins Tal. Da sie an einer anderen, als der gewohnten Stelle, rasteten, sah man von St. Johann nur ein Teil, dafür ging das Auge fast bis zum Nachbarort Engelsbach hinüber. Der Anblick erinnerte Sebastian an das Gespräch mit Florian Decker und an den Besuch bei seinem Amtsbruder, den er sich vorgenommen hatte. Aber eigentlich wollte er jetzt nicht daran denken. Er freute sich auf die Tour und darauf, den alten Senner wiederzusehen, den er schon lange nicht mehr aufgesucht hatte.

      Martin war aufgestanden und ein Stückchen den Hang hinaufgeklettert. Alexandra nahm ihren Fotoapparat und folgte ihm.

      »Fall bloß net herunter«, ermahnte sie den Bub.

      »Dann fängst’ mich halt auf«, lachte er zurück.

      Sebastian und Peter saßen beisammen. Sie hielten ihre Kaffeebecher in den Händen und tranken in kleinen Schlucken.

      »Es ist gewiß net leicht, ein Kind alleine großzuziehen«, begann der Geistliche das Gespräch.

      Peter Reinicke schüttelte den Kopf.

      »Nein, das ist es wirklich net«, antwortete er und schaute zu seinem Sohn hinüber. »Aber wenn man dann diesen Prachtburschen sieht, dann entschädigt das einen für vieles.«

      »Sie können auch stolz auf ihn sein. Haben S’ nie die Absicht gehabt, noch einmal zu heiraten?«

      Diese Frage hatte gestern Alexandra schon gestellt, und Peter hatte keine andere Antwort, als die, die er der Anwältin gegeben hatte.

      »Das kann ich gut verstehen, daß Sie da eher nicht mit der Absicht spielen«, nickte der Bergpfarrer. »Aber es bleibt dennoch die Tatsache, daß Martin eine Mutter fehlt. Sie sollten net aufgeben, nach einer Frau zu suchen, die Sie genauso sehr liebt, wie Ihren Sohn.«

      Peter biß sich auf die Lippe und stellte den Kaffeebecher ab.

      »Ich dachte, ich hätt’ sie gefunden«, sagte er leise. »Aber leider gibt es da ein paar Komplikationen…«

      »Sie sprechen von Alexandra, net wahr?«

      Der Mann blickte überrascht auf.

      »Sie wissen…?«

      »Es war net schwer zu erraten«, lächelte der gute Hirte von St. Johann. »Ich hab’s schon gestern bemerkt, als Sie im Pfarrhaus waren.«

      »Ja, ich liebe sie«, nickte Peter Reinicke. »Allerdings hat Alexan­dra eine schlimme Zeit durchgemacht. Immer wenn wir zusammen sind, dann würde ich ihr am liebsten sofort gestehen, wie sehr ich sie mag. Aber ich weiß auch, daß so ein Geständnis zu früh kommen würde.«

      Er zuckte die Schultern.

      »Es wird wohl nur ein Traum bleiben«, setzte er dann hinzu.

      »Träume können Wahrheit werden«, entgegnete Sebastian Trenker. »Man darf nur net die Hoffnung aufgeben.«

      Peter Reinicke sah ihn an.

      »Nach so vielen Enttäuschungen, wie ich sie schon erlebt hab’, da hat man keine Hoffnung mehr.«

      »Unsinn!« Der Bergpfarrer schüttelte den Kopf. »Keine Hoffnung mehr haben, heißt sich selbst aufzugeben. Vielleicht ist es so, daß Alexandra genauso enttäuscht ist, wie Sie es sind, aber wenn Sie behutsam vorgehen, dann bin ich sicher, bietet sich Ihnen immer noch eine Chance.«

      »Glauben Sie wirklich?«

      »Ja, Peter, das glaube ich«, bekräftigte der Geistliche.

      *

      Dr. Adrian Heller saß in seinem Büro in der Münchner Privatklinik am Schreibtisch und starrte dumpf brütend auf das Telefon. Der Arzt konnte nicht mehr sagen, wie oft er schon Alexandras Handynummer gewählt hatte, jedesmal mit demselben Resultat – es meldete sich nur die Mailbox.

      Natürlich hatte er immer eine Nachricht hinterlassen. Sie solle sich unbedingt melden, man müsse doch über die Angelegenheit reden können, das Ganze sei nur ein dummes Mißverständnis.

      Vergebens, es schien, als habe nie eine Alexandra Sommer existiert!

      Nachdem er am Montag ihren Brief erhalten hatte, war Adrian sofort in die Wohnung der Anwältin gefahren. Dort mußte er feststellen, daß Alexandra nicht zu Hause war. Der Arzt wunderte sich, um in die Kanzlei zu fahren, war es noch zu früh, es sei denn, sie hatte einen Termin bei Gericht. Doch das hätte sie ihm erzählt. Dennoch rief er noch vom Auto aus dort an und erreichte nur den Anrufbeantworter.

      Der Brief war eindeutig gewesen. Unverblümt hatte sie ihm mitgeteilt, daß ihre Beziehung endgültig beendet sei, und sie ihn niemals wiedersehen wollte.

      Es war ein Schock für ihn gewesen. Adrian wußte genau, was er angerichtet hatte, und die Konsequenz hießen: Auflösung der Verlobung und eine geplatzte Hochzeit.

      Er mochte sich gar nicht vorstellen, was es für ein Gerede geben würde, wenn das ruchbar wurde. Die Einladungen waren hinaus, und als er am Sonntagabend von seinem ›Ausflug‹ mit der hübschen, kleinen Lernschwester zurückkehrte, hatte er schon die ersten Zusagen auf dem Anrufbeantworter gehabt. Unter allen Umständen mußte er die Sache wieder geradebiegen, wenn er nicht als totaler Trottel dastehen wollte.

      Adrian wollte gerade losfahren, als er Alexandras Nachbarin aus dem Haus kommen sah. Er stieg wieder aus und lief über die Straße.

      »Guten Morgen, Frau Reinhold«, grüßte er. »Darf ich Sie einen Moment sprechen?«

      Luise Reinhold wohnte seit über vierzig Jahren in ihrem Häuschen. Sie kannte Alexandra seit ihrer Geburt, mit den Eltern der Anwältin war sie bis zu deren Tod befreundet gewesen.

      »Grüß Gott, Herr Heller«, nickte sie. »Worum geht’s denn?«

      Er lächelte charmant.

      »Ach, wissen Sie, ich bin da in… in einer Zwickmühle«, gestand er. »Alexandra und ich, wir hatten einen kleinen Streit. Nichts Schlimmes, aber wir haben ein paar Tage nicht miteinander gesprochen. Na ja, und nun wollte ich das wieder in Ordnung bringen. Allerdings ist sie nicht zu Hause. Haben Sie eine Ahnung, wo Alexandra steckt?«

      Oma Reinhold sah den Arzt seltsam an. Alexandra hatte ihr den Schlüssel für das Haus gegeben und sie gebeten, sich um die Blumen und die Post zu kümmern. Für die alte Dame war die Bitte überraschend gekommen, sie hatte nicht geahnt, daß die Anwältin verreisen wollte. Indes übernahm sie diese kleine Aufgabe gerne, so wie sie es schon früher getan hatte.

      Also erklärte sie ihm, daß Alexandra für ein paar Tage fortgefahren war.

      Der Arzt schaute hilflos vor sich hin.

      »Und sie hat Ihnen nicht gesagt, wohin sie will?«

      Frau Reinhold schüttelte den Kopf.

      »Na, dann vielen Dank«, sagte er und verabschiedete sich.

      Als er schon an seinem Wagen stand, drehte er sich noch einmal um.

      »Sie kommen doch zu unserer Hochzeit?« rief er hinüber.

      »Ja…«, erwiderte die Nachbarin. Aber überzeugend klang es nicht.

      Himmel, sie will’s wirklich wissen, dachte Adrian Heller, als er zur Kanzlei fuhr.

      Er ahnte mehr denn je, daß Alexandra es ernst meinte. Um so dringender war es, daß er mit ihr sprach.

      Dr. Behringer hatte gerade erst seinen Platz hinter dem Schreibtisch eingenommen, als der Arzt in der Kanzlei eintraf. Die beiden Frauen, die im Vorzimmer saßen, kannten den attraktiven Arzt von dessen Besuchen bei Alexandra.

      »Grüß Gott, die Damen«, flötete er charmant.


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