Der Bergpfarrer Staffel 15 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Staffel 15 – Heimatroman - Toni Waidacher


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drinnen harte Rockmusik gedröhnt, und die jungen Leute tanzten und feierten ausgiebig.

      Dabei war alles ordentlich und gesittet vor sich gegangen. Florian Decker und seine Helfer hatten den Discoabend bestens organisiert. Es gab nur alkoholfreie Getränke, und draußen auf dem Platz waren Stände aufgebaut gewesen, an denen man all das kaufen konnte, was die Leute spendiert hatten; Kuchen, belegte Semmeln und andere Leckereien. Der stolze Erlös war Blasius Eggensteiner übergeben worden, der das Geld für eine Missionsstation in Südamerika verwenden sollte, in der er so lange gewirkt hatte.

      Sebastian durchquerte das Kirchenschiff und sah sich nach seinem Amtsbruder um. Wahrscheinlich hielt der sich in der Sakristei auf. Dem Bergpfarrer fiel auf, daß hier sehr viel weniger Besucher waren, als in seiner eigenen Kirche, was wohl daran lag, daß Engelsbach weniger von Touristen besucht wurde, als St. Johann. Ein paar waren es allerdings doch, die leise umhergingen und die Heiligenbilder und – figuren betrachteten.

      Er klopfte an die Tür und schob sie auf.

      »Grüß dich«, sagte er und trat ein.

      Blasius Eggensteiner saß an einem Tisch und blätterte in einem dicken Buch; die Kirchenchronik. Er sah auf, und ein kaum merkliches Zucken ging durch sein rundes Gesicht.

      »Was gibt’s?« fragte er, ohne auf Sebastians Gruß zu reagieren.

      »Eigentlich nix Besond’res. Ich wollt’ bloß mal schauen, wie’s dir geht.«

      Der Geistliche hatte den Kopf wieder versenkt und war scheinbar in seine Lektüre vertieft.

      »Wer’s glaubt, wird selig«, murmelte er.

      Sebastian trat an den Tisch und zog sich einen Stuhl heran.

      »Was ist eigentlich los?« fragte er, während er sich setzte. »Findest’ das wirklich richtig, daß du die Menschen in deiner Nähe mit Nichtbeachtung strafst? Wenn du an jemandem deinen Ärger auslassen mußt, dann an mir. Ich war’s, der dem Bischof die Idee unterbreitet hat. Weder Vikar Decker, noch deine Haushälterin hat was damit zu tun.«

      Sein Amtsbruder sah ihn durchdringend an.

      »Lüge!« behauptete er. »Ihr steckt alle unter einer Decke, habt euch gegen mich verschworen.«

      »Also, jetzt redest’ aber wirklich Unsinn!« Der Bergpfarrer schüttelte den Kopf. »Ich geb’ ja zu, es war net die feine englische Art. Aber es gab keine and’re Möglichkeit, dich davon zu überzeugen, daß Kirche wirklich modern sein kann. Die Burschen und Madln hatten eine Riesengaudi, und selbst dem Bischof hat’s gefallen. Was also ist so schlimm daran?«

      »Ihr habt das Haus Gottes entweiht«, blaffte Blasius Eggensteiner.

      Drohend hob er den rechten Zeigefinger. »Aber wartet nur. ›Mein ist die Rache, spricht der Herr‹«, zitierte er aus dem Alten Testament. »Eines Tags, Bergpfarrer, wirst’ für diese Blasphemie büßen.«

      Herr im Himmel, hilf! dachte Sebastian erschrocken. Jetzt schnappt er über.

      »Menschenskind, Blasius, wach’ auf!« entgegnete er scharf. »Du willst mir doch net ernsthaft drohen.«

      »Dir und allen, die sich gegen mich verschworen haben«, sagte sein Gegenüber düster. »Aug’ um Aug’, Zahn um Zahn!«

      Im selben Moment krachte es draußen, und ein fürchterlicher Donner rollte über den Himmel.

      Ach, du liebe Güte, dachte Sebastian, hoffentlich nimmt er das jetzt net als einen Fingerzeig Gottes, daß er im Recht ist…

      Er kannte Blasius Eggensteiner seit dem gemeinsamen Studium. Schon damals war er ein Fanatiker und ›Verfechter des rechten Glaubens‹ gewesen. Immer wieder suchte er mit Sebastian Streit und legte ihm Steine in den Weg. Dabei scheute er auch nicht davor zurück, den jungen Trenker bei den Lehrern anzuschwärzen, wenn dieser mal nicht mit seiner Meinung konform ging. Sebastian war erleichtert, als sich ihre Wege endlich trennten, und selbst die Professoren konnten seine endlosen Diskussionen nicht ertragen und waren froh, als Blasius fertig studiert hatte.

      Sebastian hatte lange Zeit nichts mehr von ihm gehört, als Pfarrer Eggenstein dann die Pfarrei hier übernahm, hatte er gehofft, der Amtsbruder hätte sich in all den Jahren verändert. Doch er wurde enttäuscht.

      Er unternahm einen letzten Versuch.

      »Ich kann versteh’n, daß du verärgert bist«, sagte er. »Aber ich versichere dir, daß außer mir sonst niemand dafür verantwortlich ist. Also, setz’ dich mit mir auseinander, laß deinen Zorn an mir aus und net an Vikar Decker oder an deiner Haushälterin. Die beiden können nix dafür. Sprich mit ihnen, sag’, was dir net gepaßt hat und hör’ dir an, was sie zu sagen haben. Sonst wird die Atmosphäre bei euch unerträglich.«

      Sebastian stand auf.

      »Und wenn du mit mir darüber sprechen willst, dann gib mir Bescheid. Ich bin jederzeit bereit. Vielleicht kommen bei dieser Aussprache auch mal and’re Dinge zutage. Dinge, die wir schon vor mehr als zwanzig Jahren hätten bereden sollen.«

      Damit ging er hinaus.

      Draußen regnete es inzwischen. Seit Tagen schon war ein Unwetter angekündigt, hatte aber immer noch auf sich warten lassen. Gestern, auf der Bergtour, hatten sie noch Glück gehabt. Jetzt würde der Regen wohl ein, zwei Tage anhalten. Sebastian setzte sich in seinen Wagen und fuhr nach St. Johann zurück. Er hatte getan, was er konnte und alle Schuld auf sich genommen. Nun lag es an Blasius Eggensteiner, dafür zu sorgen, daß in seinem Pfarrhaus wieder eine andere Stimmung herrschte.

      *

      Am Abend ließ der Regen nach. Ria Stubler hatte die Markise über der Terrassentür heruntergekurbelt, so daß sie draußen sitzen und Abendbrot essen konnten. Die Anwältin und Vater und Sohn hatten eingekauft, in Rias Küche gekocht, und nun standen Spaghetti ›carbonara‹ auf dem Tisch. Natürlich war die Wirtin zum Essen eingeladen und spendierte eine Flasche Wein.

      »Tja, dann wird’s morgen wohl nix mit dem Ausreiten«, meinte Alexandra.

      »Wird das Wetter denn gar net wieder besser?« fragte Martin besorgt.

      Zwei Stunden waren sie am Morgen unterwegs gewesen. Während Peter wieder in der Sonne saß, hatten Alexandra und der Bub den langen Ausritt gemacht.

      »Freilich wird’s besser«, antwortete Ria. »Sollst’ mal seh’n, vielleicht sind morgen die Wolken doch schon wieder verschwunden.«

      »Jedenfalls werden wir noch oft genug Gelegenheit zum Ausreiten haben«, versprach Alexandra.

      Peter schaute auf die Uhr.

      »Ich glaub’, jetzt wird’s Zeit für dich«, meinte er zu seinem Sohn. »Von mir aus darfst’ noch ein bissel lesen. Ich komm’ dann nachher zu dir.«

      Der Bub nickte gehorsam und verabschiedete sich. Die Runde mit Biene hatte er schon gedreht. Jetzt folgte ihm die Hündin brav ins Haus.

      Die Erwachsenen trugen das Geschirr hinein und stellten es in die Spülmaschine.

      »Habt vielen Dank für das schöne Abendessen«, sagte Ria. »Trinken wir noch ein Glas Wein?«

      Alexandra und Martin nickten. Im Moment war es draußen trocken, nur vereinzelt fielen Tropfen von den Bäumen auf die Markise. Immerhin hatte der Regen dafür gesorgt, daß es sich etwas abkühlte, und eine angenehme Temperatur herrschte.

      »So, und morgen geht’s zum Tanzen in den Löwen?« fragte die Wirtin, als sie ein paar Stunden später noch draußen saßen.

      Ach, Gott, ja, der Tanzabend, dachte Alexandra.

      Ihn hatte sie ganz vergessen – oder verdrängt?

      Adrian war ein hervorragender Tänzer.

      Leider hatte er diese Eigenschaft auch hin und wieder zu seinem Vorteil eingesetzt. Mehr als einmal hatte Alexandra Gelegenheit gehabt, zu beobachten, wie er mit seiner Tanzpartnerin ungeniert flirtete, während sie dastand und zuschaute.

      »Morgen


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