H. G. Wells – Gesammelte Werke. Herbert George Wells

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H. G. Wells – Gesammelte Werke - Herbert George Wells


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ge­we­sen! Das klei­ne Stück Zeugs!«

      »Nicht ge­ra­de in den Raum«, sag­te Ca­vor, »aber eben­so schlimm – prak­tisch. Es hät­te die Lust von der Welt ge­schnellt, wie man eine Bana­ne schält, und es hät­te sie Tau­sen­de von Mei­len fort­ge­schleu­dert. Sie wäre na­tür­lich zu­rück­ge­fal­len, aber auf eine er­stick­te Welt! Von un­se­rem Stand­punk­te aus sehr we­nig bes­ser, als wenn sie nie zu­rück­käme.«

      Ich mach­te wei­te Au­gen. Bis jetzt war ich noch zu ver­blüfft, um zu mer­ken, wie all mei­ne Er­war­tun­gen ver­nich­tet wa­ren. »Was den­ken Sie zu tun?«, frag­te ich.

      »Zu­nächst, wenn ich mir eine Gar­ten­schau­fel bor­gen kann, will ich ei­ni­ges von die­ser Erde ent­fer­nen, in die ich gehüllt bin, und wenn ich mich dann ih­rer häus­li­chen Vor­rich­tun­gen be­die­nen kann, will ich ein Bad neh­men. Da­rauf wol­len wir uns mehr in Muße be­re­den. Es wird klug fein, glau­be ich« – er leg­te mir eine lehm­be­deck­te Hand auf den Arm – »wenn von die­ser Af­fä­re au­ßer uns nie­mand et­was er­fährt. Ich weiß, ich habe großen Scha­den an­ge­rich­tet – viel­leicht wer­den auf dem Lan­de hier und dort so­gar Wohn­häu­ser zer­stört sind. Aber an­de­rer­seits kann ich für den Scha­den, den ich an­ge­rich­tet habe, un­mög­lich zah­len, und wenn die wirt­li­che Ur­sa­che von all dem ver­öf­fent­licht wird, wird es nur zu Groll und zur Hin­de­rung mei­ner Ar­beit füh­ren. Man kann nicht al­les vor­aus­sehn, wis­sen Sie, und ich kann kei­nen Au­gen­blick zu­ge­ben, zu mei­nem Theo­re­ti­sie­ren noch die Last prak­ti­scher Er­fah­run­gen hin­zu­zu­fü­gen. Spä­ter, wenn Sie mit Ihrem prak­ti­schen Sinn Mit­ar­bei­ten, und das Ca­vo­rit vom Sta­pel ge­las­sen ist – vom Sta­pel las­ten ist das Wort da­für, oder nicht? – und wenn es al­les er­reicht hat, was Sie ihm pro­phe­zei­en, dann kön­nen wir die Sa­che mit die­sen Leu­ten in Ord­nung brin­gen. Aber nicht jetzt – nicht jetzt. Wenn kei­ne an­de­re Er­klä­rung ge­bo­ten wird, wer­den die Leu­te bei dem ge­gen­wär­ti­gen un­ge­nü­gen­den Stan­de der me­teo­ro­lo­gi­schen Wis­sen­schaft all dies ei­nem Wir­bel­sturm zu­schrei­ben; viel­leicht wird so­gar eine öf­fent­li­che Sub­skrip­ti­on ver­an­stal­tet, und da mein Haus ein­ge­stürzt und ver­brannt ist, wür­de ich in dem Fall einen be­trächt­li­chen An­teil der Ent­schä­di­gung er­hal­ten, was bei der Fort­set­zung un­se­rer Un­ter­su­chun­gen eine große Hil­fe wäre. Aber wenn es be­kannt wird, dass ich dies ver­ur­sacht habe, wird kei­ne öf­fent­li­che Sub­skrip­ti­on ver­an­stal­tet, und je­der­mann wird är­ger­lich sein. Prak­tisch wür­de ich nie wie­der Aus­sicht ha­ben, in Frie­den ar­bei­ten zu kön­nen. Mei­ne drei Ge­hil­fen kön­nen um­ge­kom­men sein oder auch nicht. Das ist eine Ein­zel­heit. Wenn, so ist es kein großer Ver­lust; sie wa­ren mehr eif­rig als fä­hig, und die­ser vor­zei­ti­ge Aus­gang muss zum großen Teil die Fol­ge ih­rer ge­mein­sa­men Ver­nach­läs­si­gung des Schmelzofens sein. Wenn sie nicht um­ge­kom­men sind, so zweifle ich, ob sie den Ver­stand ha­ben, die Sa­che zu er­klä­ren. Sie wer­den die Wir­bel­sturm­ge­schich­te an­neh­men. Und wenn ich wäh­rend der zeit­wei­li­gen Un­taug­lich­keit mei­nes Hau­ses in ei­nem der un­be­nutz­ten Zim­mer die­ses Ihres Hau­ses woh­nen darf – –«

      Er hielt inne und sah mich an.

      Ein Mann von sol­chen Mög­lich­kei­ten, über­leg­te ich, ist kein ge­wöhn­li­cher Gast.

      »Vi­el­leicht«, sag­te ich und er­hob mich auf die Füße, »sä­hen wir uns bes­ser nach ei­ner Schau­fel um«, und ich führ­te ihn zu den zer­trüm­mer­ten Spu­ren des Ge­wächs­hau­ses.

      Und wäh­rend er sein Bad nahm, be­dach­te ich die gan­ze Fra­ge al­lein. Es war klar, Mr. Ca­vors Ge­sell­schaft hat­te Schat­ten­sei­ten, die ich nicht vor­aus­ge­se­hen hat­te. Die Geis­tes­ab­we­sen­heit, die um Haa­res­brei­te den Erd­ball ent­völ­kert hät­te, konn­te je­den Au­gen­blick eine an­de­re erns­te Unan­nehm­lich­keit zur Fol­ge ha­ben. An­de­rer­seits war ich jung, mei­ne An­ge­le­gen­hei­ten wa­ren in Wirr­warr, und ich war ge­ra­de in der Stim­mung für ge­dan­ken­lo­ses Aben­teu­ern – mit der Aus­sicht auf et­was Gu­tes am Schluss. Ich hat­te im Geist voll­stän­dig ab­ge­macht, dass ich in die­ser Sei­te der Sa­che min­des­tens mit der Hälf­te be­tei­ligt sein müss­te. Zum Glück hat­te ich mein Som­mer­haus, wie ich schon ge­sagt habe, auf drei­jäh­ri­gen Kon­trakt, ohne für Re­pa­ra­tu­ren aus­kom­men zu brau­chen; und mei­ne Ein­rich­tung war, so wie sie da war, ei­lig er­stan­den, un­be­zahlt, ver­si­chert und je­der As­so­zia­tio­nen völ­lig bar. Schließ­lich be­schloss ich, mit ihm aus­zu­hal­ten und das Ende der Sa­che ab­zu­war­ten.

      Si­cher­lich hat­te sich der An­blick der Din­ge sehr ge­än­dert. Ich zwei­fel­te durch­aus nicht län­ger an den un­ge­heu­ren Mög­lich­kei­ten des Stof­fes, aber ich be­gann über den Ka­no­nen­wa­gen und die Pa­tent­s­tie­fel Zwei­fel zu he­gen.

      Wir mach­ten uns so­fort an die Ar­beit, um sein La­bo­ra­to­ri­um wie­der auf­zu­bau­en und mit un­se­ren Ex­pe­ri­men­ten fort­zu­fah­ren. Ca­vor sprach mehr mei­nem Ni­veau ent­spre­chend, als er je zu­vor ge­tan hat­te, so­bald es auf die Fra­ge hin­aus­lief, wie wir das Zeug das nächs­te Mal ma­chen soll­ten.

      »Na­tür­lich müs­sen wir es wie­der­ma­chen«, sag­te er mit ei­ner Art des Schmer­zes, die ich nicht an ihm er­war­tet hät­te, »na­tür­lich müs­sen wir es wie­der­ma­chen. Wir ha­ben viel­leicht den kür­ze­ren ge­zo­gen, aber wir ha­ben die Theo­rie ein für al­le­mal hin­ter uns ge­las­sen. Wenn wir es ir­gend­wie ver­mei­den kön­nen, die­sen un­se­ren Pla­ne­ten zu ver­nich­ten, wol­len wir es tun. Aber – es muss ein Ri­si­ko ge­ben! Es muss. Bei ex­pe­ri­men­tel­ler Ar­beit gibt es das im­mer. Und da müs­sen als prak­ti­scher Mann Sie ein­tre­ten. Mir mei­ner­seits scheint, wir kön­nen es viel­leicht senk­recht ma­chen und sehr dünn. Aber ich weiß nicht. Ich habe eine dunkle Vor­stel­lung von noch ei­ner an­de­ren Metho­de. Ich kann es bis jetzt kaum er­klä­ren. Aber son­der­ba­rer­wei­se fiel es mir, als ich vor dem Wind im Schmutz her­um­roll­te und sehr im Zwei­fel war, wie das gan­ze Aben­teu­er en­den soll­te, als ge­nau das ein, was ich hät­te tun sol­len.«

      Selbst mit mei­ner Hil­fe fan­den wir ei­ni­ge klei­ne Schwie­rig­kei­ten, und un­ter­des blie­ben wir da­mit be­schäf­tigt, das La­bo­ra­to­ri­um wie­der­her­zu­stel­len. Es gab eine Men­ge zu tun, ehe es ab­so­lut nö­tig wur­de, sich über die ge­naue Form und Metho­de un­se­res zwei­ten Ver­suchs zu ent­schei­den. Die ein­zi­ge Sto­ckung für uns war der Streik der drei Ar­bei­ter, die sich ge­gen mei­ne Tä­tig­keit als Werk­füh­rer wehr­ten. Aber die­se Sa­che leg­ten wir nach ei­nem Ver­zug von zwei Ta­gen bei.

      3 – Der Bau der Sphäre

      Ich er­in­ne­re mich sehr deut­lich der Ge­le­gen­heit, als Ca­vor mir von sei­ner Idee der Sphä­re sprach. Er hat­te schon vor­her dunkle Vor­stel­lun­gen von ihr ge­habt, aber da schi­en sie ihm plötz­lich wie mit ei­nem Ruck auf­zu­ge­hen. Wir wa­ren auf dem Heim­we­ge zu mei­nem Som­mer­hau­se, um Tee zu trin­ken, und un­ter­wegs ver­fiel er in sein Sin­nen. Plötz­lich rief er:

      »Das ist’s! Das vollen­det es! eine Art Roll­ja­lou­sie.«

      »Vol­len­det was?«, frag­te ich.

      »Raum – über­all­hin! Zum Mond!«

      »Was mei­nen Sie?«

      »Mei­ne?


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