Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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weiter zu laufen, bis sie die totale Erschöpfung spürte. Erst dann wollte sie aufhören.

      Ihr Handy klingelte. Sie ließ es bimmeln und dachte, der Anrufer würde schon aufgeben. Dem war aber nicht so.

      Genervt sprang Johanna vom Band und hechtete quer durch das Fitnessstudio zum Empfangstresen, auf dem sie ihr Handy abgelegt hatte. Sie nahm das Gespräch an.

      »Carin, was willst du?«, rief sie fast ärgerlich.

      »Nun mal langsam, meine Gute! An mir musst du deinen Frust nicht auslassen. Ich habe noch Licht bei dir gesehen. Es geht schon stark auf Mitternacht zu. Was machst du?«

      »Nichts mache ich!«

      »Schwachsinn! Mach auf! Ich stehe vor der Tür!«

      Carin legte einfach auf.

      Johanna ging zur Tür. Durch die große Glastür sah sie ihre beste Freundin mit einem großen Korb und einer Kühltasche, wie man sie für ein Picknick verwendete. Sie schloss die Tür auf und hielt sie auf.

      »Hallo«, sagte Johanna leise.

      »Grüß dich! Scheinst dich ja nicht sonderlich zu freuen, mich zu sehen!«

      Die Freundin musterte Johanna von oben bis unten.

      »Hast dich mal wieder völlig ausgepowert, wie? Hast mal wieder trainiert bis zum Umfallen, wie?«

      Johanna zog ihr Stirnband vom Kopf.

      »Ja, was soll ich sonst machen? Wenn ich nicht total erschöpft bin, kann ich nicht schlafen. Immerhin war ich über sechzehn Jahre mit Rupold zusammen, davon waren wir fünfzehn Jahre verheiratet.«

      »Das seid ihr immer noch!«

      »Wir leben getrennt und wir werden uns endgültig trennen. Das weißt du!«

      Johanna seufzte tief.

      »Nun, wir hatten uns eben auseinander gelebt. Jedenfalls waren wir beide vernünftig und haben keinen Rosenkrieg angezettelt.«

      Sie seufzte erneut tief.

      Die beiden Freundinnen gingen in die hinteren Räume des Fitnessstudios. Seit der Trennung lebte Johanna in den ehemaligen Lagerräumen. Sie setzten sich. Carin packte aus.

      »Ich dachte, ich bringe dir mal etwas Leckeres zu essen.«

      »Ja, das ist gut. Danke! Ich koche für mich alleine kaum regelmäßig. Es lohnt auch nicht.«

      Carin sah ihrer Freundin in die Augen, darin las sie das Elend.

      »Was ist, hast du den Schritt bereut?«

      Johanna zuckte die Achseln.

      »Anfangs, nach meinem Auszug und nach der Einigung mit ihm, schwebte ich auf einer Wolke. Ich war frei, konnte machen, was ich wollte, musste niemandem Rechenschaft abgeben. Doch jetzt«, sie seufzte erneut tief, »jetzt habe ich festgestellt, dass das Alleinsein ganz schön kompliziert sein kann. Es ist niemand da, mit dem man reden kann, noch nicht einmal streiten.«

      Carin schmunzelte.

      »Du kannst gerne mit mir streiten, wenn du eine Sparringspartnerin brauchst.«

      »Du verstehst mich nicht, Carin. Das ist kein Vorwurf, ich verstehe mich selbst nicht – oder nicht mehr. Ich bin einsam. Es ist oft ganz erschreckend, über so viel Zeit zu verfügen und auf niemanden Rücksicht nehmen zu müssen. Sicher schwebte ich im Anfang auf Wolken. Rupold würde mich nicht mehr einengen. Mein Leben würde nicht mehr von seinem Dienstplan bestimmt.«

      »Aber jetzt bist du in einem tiefen, einem sehr tiefen und einsamen Loch, wie?«

      »Ja, ich weiß nichts mit mir anzufangen. Kinobesuche sind alleine eben nicht so, wie sie früher waren. Und ich kann dich doch auch nicht jedes Mal bitten, mit mir zu kommen. Ich komme mir doof vor, wenn ich alleine essen gehe. So bleibe ich abends hier und lasse mir Pizza kommen.«

      »Und du treibst Sport bis zur totalen Erschöpfung!«

      »Das ist zwar übertrieben, kommt aber der Sache sehr nah. Welch ein Glück, dass ich schon vor Jahren mein eigenes Fitnessstudio eröffnet habe. Das ist der einzige Lichtblick in meinem neuen einsamen Single Leben. Ich habe meine Arbeit, die mir viel Freude macht. Das Studio läuft gut, ich habe keine finanziellen Sorgen. Eigentlich müsste ich glücklich sein. Ich bin aus dieser engen Ehe ausgebrochen. Weißt du, Rupold und ich, wir waren damals einfach zu jung. Es war Wahnsinn, dass wir mit achtzehn Jahren geheiratet haben, jedenfalls ich, Rupold war schon zwanzig.«

      »Aber ihr seid doch glücklich gewesen. Ihr wart für mich immer das große Vorbild. Ihr habt studiert und euch das Haus gebaut. Du hast das Studio aufgemacht, Rupold hatte eine gute Stelle. Alles im grünen Bereich, wie man sagt.«

      »Fassade! Ich bin jetzt dreiunddreißig und entdecke, dass alle Züge abgefahren sind. Ich kann meine Jugend nicht nachholen. Mein Leben ist einfach ein großes Loch, ein einsames großes Loch.«

      Carin grinste.

      »Dir fehlt ein Mann!«, sagte sie Johanna auf den Kopf zu.

      »Es gibt noch andere Männer. Rupold war und ist nicht das einzige Exemplar seiner Gattung. Was hindert dich daran, auf die Pirsch zu gehen?«

      »Ach, als wenn das so einfach wäre!«

      »Also, wenn du es nicht einfach hast, dann weiß ich nicht, wer es einfach hat. Du musst den Männern nicht einmal nachlaufen. Sie kommen zu dir ins Studio und trainieren. Himmel, du hast die Auswahl! Ist da keiner dabei?«

      »Das stellst du dir so leicht vor, Carin. Ich will auch nichts gegen meine Kunden sagen. Sie bringen mir meinen Lebensunterhalt.«

      »Aber …«, warf Carin ein.

      »Aber sie haben zu viel Muskelmasse und zu wenig Hirn. Sie sind eitel und egozentrisch bis zum … wer weiß was … Sie kennen nur ein Thema: ihr Aussehen.«

      »Ist das so schlimm? Was hast du gegen einen gutgebauten Adonis?«

      »Nichts, aber es ist mir nicht genug.«

      »Bist du da nicht etwas vorschnell mit deinem Urteil?«

      »O nein, Carin! Das bin ich nicht, bei Gott, das bin ich wirklich nicht. Ich war mehrere Male mit einigen meiner Kunden aus. Es ging total daneben. Da lasse ich die Finger davon.«

      »Okay, ich verstehe! Beschreibe mir, wie der Mann sein müsste, in den du dich verlieben könntest?«

      Johanna griff nach einem Schnittchen und aß. Carin ließ der Freundin Zeit.

      »Nun, er müsste groß sein. Sportlich könnte er auch sein, aber nicht übertrieben. Er sollte intelligent sein. Ich will mich mit ihm über Literatur und Philosophie unterhalten können und Musik. Gegen einen guten Beruf habe ich keine Einwände. Aber einen geregelten Dienstplan würde ich schon schätzen. Wir sollten gemeinsame Freude an den gleichen Hobbies haben.«

      Johanna lächelte vor sich hin.

      »Wahrscheinlich gibt es den Mann nicht. Männer, die für mich vom Alter her in Frage kommen, haben alle ein Macke.«

      »Wie meinst du das jetzt?«

      »Es ist doch logisch, Carin. Ich bin jetzt dreiunddreißig Jahre. Also suche ich einen Mann, so bis vierzig. Die sind alle vergeben oder Singles mit Macken oder geschieden, vielleicht sogar mit einer nervigen Exfrau, mit der sie um die Besuchsrechte der Kinder streiten. Der Markt ist abgegrast, Carin. Meine Chancen stehen bei Null, wenn ich es nüchtern analysiere, verstehst du?«

      »Das sind doch alles Vorurteile!«

      »O nein, meine Liebe! Das sind handfeste Erfahrungen. Ich war auf Singletreffs, diesen Speed-Dates und was es da noch so gibt. Vergiss es! Da bleibe ich lieber bis an mein Lebens­ende alleine.«

      Johanna seufzte tief.

      »So habe ich mir das nicht vorgestellt, aber jetzt ist es so und irgendwie komme ich schon damit klar. Ich möchte auf keinen Fall, dass du mich bedauerst.«


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