Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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für ein Mann!

      Was für ein kraftvoller Bursche!

      Welche Ausstrahlung!

      Was für strahlend blaue Augen!

      Saskia spürte, wie ihr Herz schneller schlug, wenn sie an ihn dachte. Sie spürte tief in sich, dass sich etwas in ihrem Leben veränderte. Auf der einen Seite war da das hoffnungsvolle Gefühl, ein Gefühl, dem sie nicht nachgeben wollte. Denn es war gefährlich! Es ließ Träume aufsteigen, die Saskia nie zuvor gekannt hatte, Träume nach dem erneuten Blick in diese wunderschönen blauen Augen. Ich muss einen klaren Kopf behalten. Ich darf an Florian nicht als einen Burschen denken. Ich bin nicht zum Urlaub machen hier. Ich will arbeiten. Er ist nur jemand, den ich beschreiben werde. Ich kann ihn interviewen. Ich muss Abstand wahren. Ich muss unbedingt auf Distanz achten. Ich darf persönliches Interesse nicht mit beruflichen Anforderungen vermischen, sonst geht alles schief, ermahnte sie sich selbst.

      Saskia atmete mehrmals hintereinander tief durch. Sie versuchte ruhiger zu werden. Es gelang ihr nur mit Mühe. Sie baute sich eine Eselsbrücke.

      Gut, sagte sie sich. Florians Augen sind besonders schön. Er sieht unglaublich gut aus, wenn auch etwas verwahrlost. Aber dass ich so durcheinander bin, kommt nur daher, dass ich vorhin mit Meta Baumberger über die Theorie der Liebe geredet habe. Und auf dem Weg hierher habe ich zu viel über das Gespräch nachgedacht. Das war nicht gut. Ich bin zum Arbeiten hier. Das ist die Chance meines Lebens. Ich kann den Grundstock für eine glänzende Karriere legen. Deshalb wird mich nichts und niemand davon ablenken. Das wird auch einem Florian Basler mit seinen blauen Augen nicht gelingen. ›Bier ist Bier und Schnaps ist Schnaps‹, dachte Saskia, und beides soll man nicht mischen. Deshalb werde ich mit der Arbeit anfangen.

      Sie stand auf und ging auf die Almhütte zu. Sie stellte ihren kleinen Rucksack mit Proviant auf der Bank vor der Almhütte ab.

      Die Tür stand auf. Saskia trat in den Türrahmen und schaute in das Innere. Durch die kleinen Fenster fiel nur wenig Sonnenlicht herein. Saskia benötigte einen Augenblick, bis sich ihre Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten.

      Die Almhütte bestand aus einem großen Raum, der wohl Küche, Wohn- und Arbeitsraum, war. Im Hintergrund führten zwei Türen in weitere Räume. Saskia vermutete, dass es die Schlafkammern waren.

      »Himmel, wie es hier aussieht!«, flüsterte Saskia völlig entsetzt leise vor sich hin. »Oh Gott!«

      Auf einem Tisch gegenüber dem Ofen stapelte sich schmutziges Geschirr. Saskia vermutete, dass es sich schon Tage dort angesammelt hatte. Fliegen schwirrten herum. In einer nach oben hin offenen Tonne, die einem alten Benzinfass nicht unähnlich war, türmten sich leere Konservendosen. Der Fußboden war sehr schmutzig. Die Farbe der Scheibengardinen konnte Saskia nur erraten. Irgendwann waren sie wohl einmal weiß gewesen.

      Saskia schaute sich weiter um. In einer Ecke stapelten sich verschiedene Kartons. In einer anderen Ecke lag ein Berg schmutziger Wäsche, Hemden, Hosen und Tücher.

      »Himmel, dass es so etwas gibt?«, flüsterte Saskia vor sich hin.

      Das Entsetzen stand ihr im Gesicht.

      Wie kann man so eine schöne Almhütte nur so herunterkommen lassen, fragte sich Saskia.

      »Ich würde nicht glauben, dass es so etwas gibt, wenn ich es nicht mit eigenen Augen sehen würde«, flüsterte Saskia vor sich hin.

      Ihr war klar, dass sie keinen Schritt in diese Almhütte setzen würde, noch dort etwas essen. Sie war erschüttert. Sie musste erst einmal nachdenken. Gab dieses Chaos eine brauchbare Geschichte ab?

      Saskia setzte sich auf die Bank vor die Almhütte. Auf dem Tisch, der vor der Bank stand, waren die Essensspuren von mehreren Tagen zu erkennen.

      So leben Menschen normalerweise nicht, überlegte sich Saskia. Sicher, die beiden sind Männer, aber selbst die müssten doch fähig sein, wenigs­tens ein wenig Ordnung und Sauberkeit zu halten. So kann sich doch niemand wohl fühlen!

      Saskia saß eine Weile auf der Bank. Dann verspürte sie Hunger. Sie war Tonis Mutter Meta dankbar, dass sie ihr etwas eingepackt hatte. Die Brote mit Wurst und Käse waren einzeln in sauberes Butterbrotpapier verpackt. Ein Stück Extrakäse am Stück steckte in einem sauberen, frischen Plastikbeutel. Die Thermos­kanne mit dem warmen Kräutertee war sauber. Meta hatte noch schönes ein buntes frischgebügeltes Geschirrtuch dazugelegt.

      Saskia schenkte sich Tee ein. Sie stellte den Becher neben sich auf die Sitzbank, weil sie ihr sauberer erschien. Dann breitete sie das Küchenhandtuch auf ihrem Schoß aus und begann zu essen. Es schmeckte gut. Saskia durfte nur nicht an das Chaos denken, das hinter ihr in der Almhütte herrschte.

      Es dauerte nicht lange, da kamen Florian und sein Vater über die Wiese zurück.

      »Ah, du bist schon am Essen! Hast drinnen etwas gefunden?«, fragte der Bauer.

      Saskia schüttelte mit vollem Mund den Kopf. Sie kaute schnell leer und trank einen Schluck Tee.

      »Ich hatte etwas dabei!«

      »Musst entschuldigen, dass wir net eher gekommen sind. Aber der einen Kuh geht es net so gut. Wir denken, dass sie in der nächsten halben Stunden kalben tut.«

      »Oh! Ein Kälbchen kommt! Kann ich zusehen? Ich habe noch nie erlebt, wie eine Kuh kalbt.«

      »Des kannst gerne tun! Wir müssen auch gleich wieder zurück auf die Wiese. Ich will nur noch ein Seil holen.«

      Florian ging davon. Sein Vater lief ihm nach. Saskia hörte, wie die beiden in der Almhütte miteinander redeten. Leider verstand sie nicht, was sie sagten.

      Es dauerte nicht lange, dann kamen sie wieder heraus. Gemeinsam gingen sie auf die Almwiese.

      Die Kuh hatte sich etwas außerhalb der Herde zurückgezogen. Es war der Bereich der Wiese, auf der Gras und Büsche wuchsen.

      »Bleib hier stehen, Saskia! Die Kuh kennt dich net. Wir wollen net riskieren, dass sie nervös wird. Des ist sie ohnehin schon, denn es ist ihr erstes Kalb.«

      Saskia nickte. Sie zückte ihr Handy und machte Bilder. Es dauerte noch eine ganze Weile, dann waren die Beine des Kalbes zu sehen. Der Bauer band das Seil darum. Florian prüfte durch einen Griff, wie der Kopf lag.

      »So ist es gut, Vater!«, sagte er.

      Der alte Bauer zog an dem Seil und das kleine Kalb erblickte das Licht der Welt.

      Es war für Saskia ein einmaliges Erlebnis. Sie hatte alles fotografiert. Jetzt sah sie zu, wie das junge Kälbchen die Zitzen der Mutter suchte.

      »Es ist ein Kuhkalb, also ein weibliches Tier«, sagte Florian. »Du bist dabei gewesen. Hast dich tapfer gehalten. So eine Geburt ist nicht immer ein schöner Anblick. Des Kuhkalb braucht einen Namen. Hast du eine Idee? Kannst gerne einen Vorschlag machen, Saskia.«

      Saskia zuckte mit den Schultern.

      »Wie geht es jetzt weiter?«

      »Ich werde morgen unserer Tierärztin Bescheid geben, dass wir wieder ein Kalb haben. Sie wird dann bei Gelegenheit vorbeikommen und sich das Tier ansehen, es untersuchen und die Papiere ausstellen. Des Kälbchen wird im Laufe seines Lebens viele Papiere, Stempel und Ohrmarken bekommen. Des ist nun mal so Vorschrift.«

      Saskia hörte zu. Sie ließ das junge Kalb nicht aus den Augen. Als es fertig getrunken hatte, zupfte es sein ers­tes Gras.

      »Das frisst ja schon Gras!«, wundert sich Saskia. »Wird es davon nicht krank?«

      »Naa, des bekommt ihm schon. Es frisst die ersten Tage nicht viel. Schaden tut es ihm net. Kühe sind Grasfresser und Wiederkäuer. Des geht alles so, wie des die Natur vorgesehen hat. Das meiste davon wird es wieder ausscheiden. Es dauert einige Zeit, bis es das Gras richtig verdauen kann.«

      »Wie lange darf das Kalb bei der Mutterkuh trinken? Wann wird es von seiner Mutter getrennt? Sie muss doch irgendwann wieder Milch geben, dazu sind Milchkühe doch da, oder?«

      »Wir haben keine Milchkühe.


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