Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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sie Heu.«

      »Ah, so!«, sagte Saskia leise.

      Die Sonne war über den Bergen nur noch ein Viertel zu sehen. Der Himmel im Osten war schon ganz dunkel. Sie gingen zurück zur Almhütte. Der Bauer kam mit einer Flasche Schnaps und drei Gläsern.

      »Jetzt stoßen wir auf das neue Herdenmitglied an. Es ist ein prächtiges Kalb.«

      Der Bauer goss zwei Wassergläser halb voll. Saskia wehrte ab. Sie lächelte verlegen.

      »Danke, für mich nicht!«

      »Des ist aber net sehr höflich, Madl!«, sagte der Bauer.

      »Nun gut, dann geben Sie mir einen kleinen Schluck hier in meinen Teebecher. Bitte, nur einen Fingerhut voll! Ich bin Obstler nicht gewöhnt. Außerdem habe ich noch den Rückweg vor mir. Es war sehr interessant. Vielen Dank, dass ich dabei sein durfte. So etwas habe ich noch nie erlebt.«

      Saskia trank ihren Becher leer und schraubte ihn auf die Thermoskanne. Sie packte ihre Sachen in den Rucksack und verschnürte ihn.

      »Wo gehst hin?«, fragte Florian.

      In dem Augenblick läutete Saskias Handy. Sie nahm das Gespräch an. Es war Anna. Die Kinder hatten Anna gedrängt, Saskia anzurufen. Anna reichte das Gespräch erst an Sebastian weiter und dann an Franziska. Diese bedauerte sehr, dass Saskia heute nicht gekommen war. Saskia versuchte, Franzi zu trösten. Sie versprach, bald zu kommen.

      Florian ließ Saskia nicht aus den Augen. Er hatte die Hände in den Taschen seiner Lederhose und trat unruhig von einem Bein auf das andere.

      »Schad’, dass du schon gehst! Willst net noch ein bisserl bleiben?«

      Saskia spürte, wie ihr das Blut in den Kopf schoss. Lass ihn nur nicht merken, wie verlegen du bist, dachte sie. Sie wandte sich schnell um und zog ihren Rucksack auf.

      »Ich muss runter nach Waldkogel. Will früh schlafen gehen, und mich morgen gleich beim Sonnenaufgang auf den Weg zur Berghütte machen.«

      »Toni und seine Familie erwarten dich, wie? Ich mein’, des denke ich mir … nach deinem Telefongespräch mit der Anna und den Kindern.«

      »Ja, sie erwarten mich. Ich bin eng mit ihnen befreundet. Seit meiner Kindheit verbringt meine Familie ihre Sommerferien in Waldkogel. Da kennt man viele und es sind Freundschaften entstanden.«

      »Mei, wir sind auch aus Waldkogel. Ich bin auch hier aufgewachsen. Wir sind uns nie begegnet.«

      Bedauern lag in Florians Stimme.

      »Nun, das stimmt. Aber jetzt kennen wir uns und ich konnte gleich Augenzeugin werden, als eine eurer Kühe kalbte. So etwas hat mir hier noch niemand geboten. Es war ein aufregendes Erlebnis. Nochmals vielen Dank, dass ich dabei sein durfte.«

      »Gern geschehen! Wenn du noch länger hier bist, kannst uns ja noch einmal besuchen. Bist jederzeit herzlich willkommen«, bemerkte der alte Bauer.

      Saskia lächelte.

      »Man wird sehen!«, sagte sie leise.

      Florian rieb sich das Kinn.

      »Du weißt, dass du von hier aus relativ schnell zur Berghütte raufkommst?«

      »So?«, staunte Saskia. »Ich verstehe nicht ganz. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich mich links gehalten und die Berghütte liegt weiter oben rechts.«

      »Des ist richtig! Aber wenn du jetzt den Weg zurückgehst, dann kannst in das Tannenwäldchen einbiegen. Einen richtigen Pfad gibt es nicht. Gehst einfach durch, bis du zur Felswand kommst. Die gehst du rechts entlang. Dann kommst zu einem schmalen Felseinschnitt mit einem kleinen Bach. Wir Waldkogeler sagen ›Wolfsgrub‹ dazu. Wenn du keine Angst vor kaltem Wasser hast, weil du einige Meter im Bach waten musst, dann kannst durch die ›Wolfsgrub‹ hinaufsteigen. Es geht steil bergauf. Die ›Wolfsgrub‹ ähnelt einem Treppenhaus, es geht einfach hinauf. Oben kommen ein paar Bäume und dann bist auf dem ›Pilgerweg‹, von dem nach einigen hundert Metern der Pfad am ›Erkerchen‹ vorbei zur Berghütte führt.«

      »Ich habe nie etwas von der ›Wolfsgrub‹ gehört. Sie ist auch auf keiner Karte verzeichnet, oder?«

      »Naa, die ist nirgends verzeichnet! Davon wissen nur die Einheimischen!«

      »Danke, dann gehöre ich jetzt wohl dazu!«

      Saskia nickte Florian und seinem Vater zu und ging schnellen Schrittes davon. Sie drehte sich nicht mehr um. Es fiel ihr schwer, spürte sie doch Florians Blicke in ihrem Rücken.

      Ich muss ihn vergessen! Er schaut ja ganz gut aus. Aber ich darf keine Gefühle haben. Ich bin zum Arbeiten hier, und nur zum Arbeiten. Nun ja, der Besuch auf der Basler-Alm war ja ganz nützlich. Ich habe die Geburt eines Kuhkalbes erlebt, und habe erfahren, dass es die ›Wolfsgrub‹ gibt. Beides sind gute Anregungen für schöne Artikel, dachte Saskia.

      *

      Sie kam zum Wäldchen. Die Neugierde brach durch. Saskia änderte ihre Route. Sie hatte nicht vor, durch die ›Wolfsgrub‹ aufzusteigen. Sie wollte sie nur suchen.

      Die Bäume standen nicht sehr dicht. Saskias Augen gewöhnten sich bald an die Lichtverhältnisse. Sie ging immer gerade aus, bis sie vor der Felswand stand. Dann hielt sie sich rechts. Während sie an der Felswand entlangging, betrachtete sie die aufgemalten Herzen. Verliebte hatten sich hier verewigt. Manchmal standen die Jahreszahlen und die Namen dabei, oft waren es nur die Anfangsbuchstaben. Saskia zückte ihr Handy und machte Fotos. Sie ging weiter und erreichte die ›Wolfsgrub‹. Es war eine sehr enge Felsschlucht, durch die ein kleiner Bach plätscherte. Die Schlucht verlief fast gerade. Saskia konnte oben die Wipfel der Bäume in der Abendsonne sehen.

      »Warum nicht?«, sagte sie laut.

      Saskia lief los. Der Bach führte nicht viel Wasser, so dass Saskia bequem eine große Strecke im Bachbett entlanglaufen konnte. Später musste sie für einige Meter ihre Schuhe ausziehen und durch das knöcheltiefe kalte Wasser waten, wie es Florian ihr gesagt hatte. Es ging steil nach oben. Saskia, die sportlich gut durchtrainiert war, bewältigte den Aufstieg gut. Stolz trat sie oben auf den ›Pilgerweg‹. Sie legte eine Rast ein und trank den Rest des Kräutertees, den ihr Tonis Mutter eingepackt hatte. Dann ging sie weiter.

      Beim ›Erkerchen‹ legte sie eine zweite Rast ein. Sie schaute sich die Fotos auf ihrem Handy an und machte sich stichwortartige Notizen in das kleine Notizbuch, das sie immer in ihrer Hosentasche bei sich trug. Saskia war ganz mit sich zufrieden, jedenfalls, was die berufliche Seite anging. Sie hatte viel erlebt, gleich am ersten Tag. Besonders die Herzen, die einst Liebende an die Felswand gemalt hatten, regten ihre Fantasie an.

      Wer waren sie?

      Was ist aus ihnen geworden?

      Haben sie geheiratet?

      Sind sie glücklich geworden?

      Saskia überlegte, wie sie es anstellen könnte, einige von ihnen zu finden. Sie sah sich die Fotos noch einmal an und erstellte eine Liste mit den Anfangsbuchstaben. Sie notierte:

      A und B; S und F; G und H; A und T und so weiter.

      A konnte Adam heißen oder Antonius oder auch Anna oder Amalia oder Auguste. Es gab viele Möglichkeiten, immer konnten die Buchstaben für ein Madl stehen oder für einen Burschen. Ich werde die Liste Meta Baumberger zeigen. Vielleicht kennt sie Paare, auf welche die Anfangsbuchstaben zutreffen.

      Während Saskia beim ›Erkerchen‹ saß und über die Liebespaare nachdachte, die unweit der ›Wolfsgrub‹ sich zum Stelldichein getroffen hatten, kam ihr Florian mit seinen blauen Augen wieder in den Sinn. Er machte so einen guten Eindruck! Er hatte Ausstrahlung, richtig Charisma. Aber wie konnte er in einem solchen Chaos leben, in so einem Durcheinander? Kein normaler Mensch kann so hausen, dachte sie. Diese Almhütte ist die reinste Mülldeponie. Da passte Florian nicht hin mit seinen strahlend blauen Augen. Sie versuchte ihn sich im feinen Lodenanzug auf einem schmucken Hof vorzustellen, rasiert und sauber.

      »Himmel! Jetzt denke ich schon wieder an diesen Florian! Das muss


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