CLOWNFLEISCH. Tim Curran

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CLOWNFLEISCH - Tim Curran


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diagnostizierten Wahnsinnigen. Die brauchen hier keinen Sheriff, die brauchen einen verdammten Psychiater. Craw Falls hat weniger als dreitausend Einwohner, doch die Zahl der Geisteskranken ist im Vergleich zum Rest des Bundesstaates überproportional hoch. Statistisch gesehen sind die Zahlen eigentlich komplett unplausibel. Es muss wohl etwas im Trinkwasser sein.

      Etwa die Hälfte der Kneipengäste kommt nicht wieder zurück, nachdem sie den Laden verlassen haben, um ihre Fahrzeuge umzuparken. Die Anwesenheit eines Polizisten scheint wohl irgendetwas an sich zu haben, das jeder Party den Spaß nimmt. Brenda Prechek geht nun von Tisch zu Tisch, sammelt Flaschen und Gläser ein und starrt den Sheriff dabei zwischendurch immer wieder hasserfüllt an. Teague ist sich nicht sicher, ob sie auf ihn oder auf ihren Ehemann wütender ist, aber um ehrlich zu sein, kümmert es ihn auch einen Scheißdreck. Sie ist nur eine böswillige, ständig fluchende alte Hexe und interessiert ihn nicht die Bohne.

      Er geht rüber zum Fenster und studiert die Sturmwolken, um den weiteren Verlauf des Unwetters einschätzen zu können. Eines ist sicher: Das wird eine gottverdammte Katastrophe. Aber wenigstens ist die Straße jetzt frei. Das ist doch schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.

      Er geht zum Ausgang und wirft Brenda noch einen abschätzigen, bösen Blick zu, doch dann fliegt plötzlich die Tür auf.

      Kapitel 8

      Wind und Schnee peitschen in den Raum hinein und lassen Teague ein Stück zurückweichen. Dann schließt sich die Tür und er sieht Beebe Chandliss auf sich zu stürzen. Ihre Augen sind weit aufgerissen und erstickte Schluchzer kommen aus ihrem Mund. Sie packt ihn am Kragen, japst und sackt dann in ihrem roten Schneeanzug auf die Knie.

      »Um Himmels willen«, sagt Teague und zerrt sie auf eine Sitzbank. »Was ist denn passiert?«

      Ich hoffe, das war nicht wieder Richie, denkt er wütend. Wenn er sie wieder verprügelt hat, dann sperre ich diesen Wichser für ganze sechs Monate ein!

      Doch irgendwie glaubt er nicht, dass es um Richie geht.

      Beebe ist vollkommen außer sich, aber er sieht kein Blut oder blaue Flecken. Das einzig Auffällige, abgesehen von ihrem geistigen Zustand, sind Risse am Rücken ihres Schneeanzugs.

      Sie presst ihr Gesicht in ihre Handflächen und schluchzt unablässig. Als sie endlich anfängt, zu reden, ergibt das Gesagte allerdings kaum Sinn. Sie stammelt nur irrationales Zeug vor sich hin, während ihre Nase läuft und ihre Augen sich mit Tränen füllen. Inzwischen hat sich eine kleine Gruppe um den Tisch geschart.

      »Tief durchatmen«, weist Teague sie an. Er schaut zu Brenda hinüber. »Bring ihr was zu trinken, irgendwas Starkes.«

      Brenda verzieht mürrisch das Gesicht. »Das Zeug gibt’s aber nicht umsonst, das ist dir schon klar, oder?«, sagt sie mit ihrer üblichen, sympathischen Art.

      »Nun mach schon!«, herrscht er sie an.

      Nachdem Beebe etwa drei Fingerbreit Whiskey intus und sich ordentlich ausgehustet hat, spricht sie etwas ruhiger. Allerdings fährt sie mit ihrer Geschichte mitten im Satz fort: »… wir haben die Leiche gesehen … sie war schon halb vom Schnee bedeckt … aber sie war komplett zerfetzt.«

      Jetzt kippt sie den restlichen Inhalt des Glases in sich hinein. »Oh mein Gott … sie ist ausgeweidet worden, Sheriff! Ausgeweidet wie ein verdammtes Reh!« Sie starrt ihn an und leckt sich immer wieder über die Lippen. »Sie war … wir haben es beide gesehen … sie war innen ganz leer …«

      Ein ganz schlechtes Gefühl macht sich in Teague breit. »Wer, Beebe? Von wem redest du?«, fragt er sanft.

      »Ich glaube, sie redet von einer Leiche«, meint Stew Prechek.

      »Ach, wirklich?«, entgegnet seine Frau trocken.

      »Wir hatten solche Angst«, fährt Beebe fort. »Wir hatten kein Telefon dabei, also sind wir wieder auf unsere Maschinen gestiegen und in Richtung des Ortes gefahren …«

      Es dauert eine ganze Weile, aber mit viel Geduld und Ermutigungen schaffen sie es schließlich, die restlichen Tatsachen aus ihr herauszukriegen. Sie und Ritchie waren offenbar auf ihren Schneemobilen auf dem Rückweg von Crow Lake, als sie die Überreste einer Frau am Stadtrand gefunden haben.

      »Der Schnee war überall«, berichtet sie, »man konnte nicht mal mehr zehn Meter weit sehen. Ritchie war direkt hinter mir mit seiner Maschine … und dann war er auf einmal weg.«

      Daraufhin fuhr sie zurück und sah sein Schneemobil im Graben liegen, doch er selbst war weit und breit nicht zu sehen. Das Einzige, was sie fand, war eine Menge Blut im Schnee. Beebe sagt, es sah aus, als wäre ein Sack voll mit roter Tinte explodiert.

      »… und dann habe ich ihn gesehen.«

      »Richie?«, fragt Carpy. Doch sie schüttelt den Kopf. »Nein, er war es nicht.«

      Sie lässt ihren Blick durch den Raum schweifen, als wäre sie noch immer dort draußen im Sturm. »Er … er stand auf einem Schneehügel und hat mich angestarrt. Er hatte riesige Krallen. Es … war ein Clown.«

      Teague steht abrupt auf.

      Alle starren ihn an. Sie warten offenbar darauf, dass er Beebe fragt, was sie geraucht hat. Er seufzt leise. Es würde anscheinend eine dieser ganz besonderen Nächte werden, das ist ihm sofort klar.

      »Ein Clown?«, fragt Brenda verwirrt, so als hätte sie das Wort noch nie zuvor gehört. »Ein verdammter Clown

      Ihr Mann ist ebenfalls komplett verwirrt. »Wie im Zirkus?«

      »Nein, du Trottel, so einer, der einen Jet fliegt«, herrscht Brenda ihn ungehalten an. »Wie viele gottverdammte Arten von verfickten Clowns gibt es denn bitteschön?«

      »Ich meinte ja bloß«, entgegnet Stew seufzend.

      Carpy kichert. »Einer, der einen Jet fliegt. Das gefällt mir.«

      »Schnauze!«, rufen Teague und Brenda gleichzeitig. Doch Beebe scheint von dem Ganzen kaum etwas mitzubekommen. »Es war ein Clown. Er hatte riesige Krallen. Er hat sich Ritchie geschnappt.« Teague wusste genau, wo Beebe die Leiche und Ritchies Schneemobil gesehen hat, und genau dort musste er jetzt hin.

      »Kümmert euch um sie«, ruft er, als er bereits auf dem Weg zum Ausgang ist.

      Kapitel 9

      Teague hat in dieser Nacht drei Hilfssheriffs im Dienst, doch zwei von ihnen – Stills und Wegley – haben momentan am anderen Ende des Landkreises zu tun. Nur Peanut, der eigentlich Olly Pease heißt, kontrolliert gerade in einem SUV die Straßen von Craw Falls. Dabei lässt er sich natürlich schön viel Zeit, kurvt am Stadtrand herum und hört dabei WKBD, den Rocksender aus Grand Forks, wobei er gerade ein wenig Luftgitarre zum Song Pretty Noose von Soundgarden spielt. Eben hat er mit dem Sheriff gefunkt, der ihm gesagt hat, dass es einen Unfall am Stadtrand gegeben hat. Er brauche jedoch keine Unterstützung und würde sich später mit weiteren Details melden. Peanut solle währenddessen weiterhin sicherstellen, dass keine Autos am Straßenrand parkten.

      Gar kein Problem.

      Durch die Gegend fahren und dabei gute Musik hören ist genau die Art, auf die Peanut gern seine Nächte verbringt, denn er hasst es, ein Cop zu sein. Der einzige Grund, warum er einer geworden ist, war, dass man es von ihm erwartet hat. Sein alter Herr war nämlich über vierzig Jahre lang der County-Sheriff und hat von seinem Sohn verlangt, in seine Fußstapfen zu treten, so wie Väter das eben tun. Alle Männer der Pease-Familie waren Polizisten gewesen, das ließ sich bis ins neunzehnte Jahrhundert zurückverfolgen, und mit so einer Tradition konnte man natürlich nicht so ohne Weiteres brechen.

      Die Sache ist nur, dass Peanut einfach kein Cop ist. Das passt so gar nicht zu ihm. Er mag Musik, das ist sein Ding. Seit der Highschool hat er alles Mögliche gespielt; von Country Rock über Trash bis hin zu Funk und Heavy Blues. Aber am liebsten mag er Metal. Seiner Meinung nach ist das die einzig wahre Musik,


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