CLOWNFLEISCH. Tim Curran
Читать онлайн книгу.auf ihn wartet. Er sieht aufgeregt, besorgt und gleichzeitig verwirrt aus. Das ist kein gutes Zeichen für einen Cop … generell ist es kein gutes Zeichen. Teague mag Peanut – verdammt, jeder in Craw Falls mag Peanut – aber er ist einfach zu wenig Polizist. Ganz anders als sein Vater, der eindeutig zu viel Polizist war. Die beiden sind wirklich komplett unterschiedlich gepolt.
»Will«, sagt Peanut aufgeregt, »das ist die seltsamste Sache, die ich je erlebt habe. Du wirst es garantiert nicht glauben. Himmel, ich kann ja nicht einmal behaupten, dass ich es glaube.«
Teague seufzt und geht zu seinem Schreibtisch. Dort schnappt er sich erst mal ein paar Magentabletten, die er zerkaut und mit einem Schluck kalten Kaffee hinunterspült, bevor er noch drei extra starke Koffeintabletten hinterherwirft. Die werden seine Nerven die nächsten Stunden so fest anspannen wie Banjo-Saiten.
»Okay«, sagt er anschließend und lässt sich in seinen Bürostuhl fallen. »Ich höre.«
»Ich habe einen Kerl eingesperrt«, verkündet Peanut.
»Schön für dich. Hat er auch etwas ausgefressen?«
Peanuts Schultern sinken herab. Er behauptet ja gar nicht, ein großartiger Cop zu sein, aber selbst er weiß, dass man niemanden ohne handfesten Grund verhaften darf. Sein Gesichtsausdruck sagt eigentlich alles.
»Der Typ nennt sich Clegg und sieht ziemlich gefährlich aus. Ich habe ihn auf dem Schulspielplatz gefunden, und das hatte er bei sich.«
Peanut legt zuerst einen riesigen, verchromten Revolver vom Kaliber 44er Magnum auf den Tisch und dann eine Schachtel Patronen. Teague betrachtet die Verpackung und hebt eine Augenbraue. Das sind Hypergeschwindigkeits-Explosivgeschosse, um Himmels willen.
»Hat er einen Waffenschein dabeigehabt?«
»Nein.«
»Hat er irgendeine Rechtfertigung dafür vorgebracht?«
Peanut schaut ihn daraufhin seltsam an. »Er hat gesagt, dass er so eine Art Raubtier jagt.«
»Was für eine Art?«
»Clowns.«
Teague hat das Gefühl, als würden seine Eingeweide anfangen, zu jucken. »Clowns?«
Peanut zuckt peinlich berührt mit den Schultern. Ehrlich gesagt sieht es sogar so aus, als wäre er mehr als nur peinlich berührt.
»Ja, das hat er gesagt. Aber angeblich keine Clowns wie im Zirkus oder auf Kindergeburtstagen, sondern Clowns, die Menschen jagen. Er sagte, er ist auf dem Spielplatz, weil sie gern hinter Kindern her sind. Sie erschnüffeln sie angeblich und fressen sie dann. Außerdem … oje, das klingt so albern …«
»Red weiter.«
»Er hat mir gesagt, dass diese Clowns sich als Menschen tarnen können. So wie du und ich, oder sonst wer, damit sie uns anlocken und auffressen können.«
Teague seufzt. Schon wieder Clowns. Was zur Hölle ist nur los mit diesem Städtchen? Ist der Blizzard denn nicht schon schlimm genug, und jetzt auch noch so ein Quatsch? Erst Beebe Chandliss und jetzt dieser Clegg. Verdammt. Was hat Beebe noch mal gesagt? Es war ein Clown. Er hatte Krallen. Er hat sich Ritchie geschnappt!
Na klar, Clowns mit Krallen. Warum auch nicht? Das Gruselige war nur, dass die Worte von Clegg ein bisschen zu gut zu Beebes Beschreibung passten. Außerdem wurde Ritchie Chandliss immer noch vermisst und Gina Keller anscheinend auch. Beebe hat außerdem gesagt, dass die Leiche, die sie mit Ritchie gefunden hat, weiblich war. Ausgeweidet wie ein verdammtes Schlachtvieh.
Die logische Schlussfolgerung wäre, dass es sich dabei um die Leiche von Gina Keller gehandelt hat. Das passt für ihn alles ein bisschen zu gut zusammen, und genau deswegen schmeckt es Teague auch nicht. Die Logik scheint eigentlich ziemlich schlüssig, bis man dann zu dem Teil mit den Clowns kommt. Dann macht plötzlich alles überhaupt keinen Sinn mehr.
Klar, oberflächlich betrachtet ist zwei plus zwei vier, aber er ist schon lange genug bei der Polizei, um zu wissen, dass zwei plus zwei auch mal null, fünf oder siebzehn ergeben kann. Unter Berücksichtigung des menschlichen Faktors wurden Dinge leider schnell mal unappetitlich.
»Verdammt unappetitlich sogar«, sagt er laut.
»Wie bitte, Will?«
»Ach nichts. Hast du ihn mal ins System eingegeben?«
Peanut schüttelt den Kopf. »Er sagt, sein Name sei Clegg, einfach nur Clegg. Hast du eine Vorstellung davon, wie viele Cleggs es dort draußen gibt? Da brauchen wir schon etwas mehr Infos. Aber ich habe schon seine Brieftasche durchsucht, da ist nichts drin. Nicht mal eine Versicherungskarte, eine Wahlberechtigung oder auch nur ein Büchereiausweis – gar nichts. Ich habe sogar schon seine Fingerabdrücke rausgeschickt.«
»Was ist mit seinem Auto?«
Peanut schüttelt wieder den Kopf. »Keine Zulassung oder Versicherung. Gar nichts. Aber er hat eine ganze Menge Spielzeuge hinten drin.«
»Erzähl mal genauer.«
»Tja, er hat mir sein ganzes Arsenal gezeigt. Das reicht für einen kleinen Krieg. Pistolen, Scharfschützengewehre, Sturmgewehre, Bärenfallen, Minen, das volle Programm. Ich habe sogar Handgranaten gesehen und etwas, das wie ein Flammenwerfer aussieht. Einen Hund hat er auch. Ein riesiges, fies aussehendes Tier. Vielleicht muss ich deshalb auch noch das Tierheim verständigen.«
Teague reibt sich die müden Augen. Wahrscheinlich ist das alles schon außerhalb seiner Zuständigkeit, das ist eher ein Fall für das FBI, zumindest aber für das ATF – das Amt für Alkohol, Tabak und Schusswaffen. Wahrscheinlich werden sie diesen Kerl als Terrorgefahr einstufen, was bedeutet, dass sich außerdem auch noch das Büro des Generalstaatsanwalts einschalten wird, vielleicht sogar die Homeland Security. Dabei reicht es ihm eigentlich schon mit den Clowns voll und ganz aus.
»Okay, dann werde ich wohl mal ein ernstes Gespräch mit unserem obersten Clown-Jäger führen.«
Kapitel 14
Teague folgt Peanut in den Gefangenenbereich. Genau fünf Zellen haben sie hier. Wenn es am Freitagabend etwas wilder wird, sind die durchaus mal alle gleichzeitig belegt. Als Teague die Zelle betritt, schaut der Gefangene, der auf der spartanischen Liege sitzt, zu ihm auf. Er sieht weder eingeschüchtert noch besorgt aus, eher gelangweilt oder genervt. Er ist wirklich groß, und außerdem breitschultrig, muskulös und drahtig. Sein Bart ist akkurat gestutzt und das Gesicht wettergegerbt. Seine Augen glitzern wie Edelsteine. Wenn man ihn in die Enge treibt, ist dieser Kerl ganz sicher brandgefährlich.
»Mister Clegg«, sagt Teague.
»Wenn Sie wollen«, antwortet der Fremde, was zur Hölle das auch immer heißen soll.
»Mein Deputy sagt, dass Sie eine interessante Geschichte zu erzählen haben, und angesichts der Gerätschaften, die sich in Ihrem Wagen befinden, hoffe ich wirklich, dass es dafür eine plausible Geschichte gibt.«
»Bestimmt nicht die, die Sie hören wollen.«
»Versuchen Sie es doch mal.«
Clegg kichert, doch seine Augen sind dunkel und wirken kalt, wie die einer Schlange.
Er zieht eine Zigarette hervor und zündet sie an. Peanut ist kurz davor, ihm zu sagen, dass man in der Zelle nicht rauchen darf, aber Teague schüttelt nur stumm den Kopf. Wenn eine Zigarette diesen Kerl zum Reden bringt, dann nur zu.
»Sheriff«, sagt er und bläst Rauch aus der Nase, »es gibt Dinge auf dieser Welt, von denen Sie nichts wissen. Dinge, die man kaum glauben will. Dinge, die es nicht geben sollte. Wandelnde Albträume.«
»Zum Beispiel Clowns«, meint Peanut. Clegg ignoriert ihn. »Keine Clowns, wie wir sie als Kinder kannten. Nein, es sind Wesen, die aussehen wie Clowns, aber in Wahrheit sind es Monster, die menschliches Blut trinken. Kreaturen, die einfach nur böse sind und aus dem Leiden anderer ihre Energie ziehen. Fragen Sie mich nicht, woher sie kommen oder wie sie