BAT Boy. C. A. Raaven

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BAT Boy - C. A. Raaven


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in Richtung der Kabinen. Er wollte seine Freunde vor dem Spiel treffen, denn zwischen den vielen Zuschauern rund um das Feld würde er später sicherlich nicht erkannt werden. Er trat durch die Tür und sofort gab es ein großes Hallo über seine "Kopfverletzung". Alle hatten den einen oder anderen Scherz auf seine Kosten parat. Nur Erik, sein ältester Freund, verschonte ihn damit, wofür er ihm dankbar war, denn durch das ganze Gejohle kehrten seine Kopfschmerzen wieder zurück. Erik fragte ihn nur, ob alles in Ordnung sei. Als Lucas dies bejahte, musterte er ihn noch einmal und drückte ihm dann ein Coldpack aus dem Erste-Hilfe-Kasten in die Hand. Während Lucas, nun wieder seine Beule kühlend, den Weg zu seinem Platz einschlug, musste er an Erik denken. Als Person war dieser von einem krassen Gegensatz geprägt: Er hatte ein eher rundes Gesicht mit vielen Sommersprossen, das normalerweise von einer Nickelbrille geziert wurde. Seine rotblonden Haare waren glatt nach unten gekämmt und vermittelten den Eindruck, dass er seine Frisur durch einen auf den Kopf gestülpten Topf erhielt, um dessen Rand einfach herumgeschnitten wurde. Wen dieser Anblick jedoch dazu verleitete, auf dem vermeintlichen Muttersöhnchen herumzuhacken, der konnte schnell sein blaues Wunder erleben. Als amtierender Jugendmeister seiner Gewichtsklasse im Karate wusste Erik, seine zweifellos vorhandene Kraft auch entsprechend einzusetzen. Darüber hinaus war er auch noch einer der besten Schüler in der Klasse. Vielleicht war es gerade die Tatsache, dass er seine Fähigkeiten nicht - wie so viele seiner Altersgenossen- quasi auf einem Schild vor sich hertrug, die ihn Lucas so sympathisch machte.

      Schließlich war er auf seinem Stammplatz unten direkt am Feld auf Höhe der 50-Yard-Linie angekommen. Mit einem leisen Seufzer ließ er sich auf die Bank fallen. Die meisten Umsitzenden musterten nur kurz seine Beule, bedachten ihn mit der einen oder anderen Aufmunterung. Dann wandten sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Spielfeld zu, denn dort fand gerade der Einmarsch statt. Es handelte sich zu einem großen Teil um die Freundinnen der Spieler seiner Schulmannschaft oder um nicht eingesetzte Cheerleader. Nur Ines, ein Mädchen aus seiner Klasse, stand von ihrem Platz auf und setzte sich neben ihn.

      »Hey, was hast du denn gemacht? Das sieht ja finster aus.«

      »Alles halb so schlimm«, sagte Lucas in dem Versuch, neben all den Athleten auf dem Spielfeld möglichst nicht allzu uncool zu wirken. »Hab beim Aufstehen mein Bücherregal mitgenommen …«

      Der Anflug von Coolness, der ihn gerade noch umgeben hatte, schwand mit einem Mal, und er kam sich ziemlich dumm vor. Zu seiner Überraschung fing Ines nicht laut zu lachen an, was ihm angesichts des eben Gesagten durchaus legitim vorgekommen wäre. Sie grinste nur kurz und sagte: »Dein Zimmer scheint ja eine interessante Aufteilung zu haben.«

      Sie stand wieder auf und setzte sich zurück zu ihrer Freundin, mit der sie das Spiel ansah. Lucas sah ihr nach und ärgerte sich über sich selbst. Von allem, was er vielleicht hätte sagen können, war ihm spontan das Dämlichste eingefallen, was man sich vorstellen konnte. Und selbst dann hätte er noch …

      Ein Aufschrei der Menge unterbrach seine Gedanken. Er wandte sich schnell dem Spielfeld zu, auf dem seine Leute gerade dabei waren, einen Touchdown zu machen.

      Das Spiel brachte ihn schnell auf andere Gedanken, da eine packende Szene die nächste jagte, sodass er automatisch voll in seiner Rolle als Fan aufging.

      Das erste Quarter war fast vorbei, als die Kopfschmerzen anfingen. So etwas hatte er noch nie erlebt. Es war nicht die Art von Kopfschmerzen, die er bisher kennengelernt hatte: dumpf dröhnend oder hin und wieder auch mal ein kurzes Stechen. Nein, es war, als ob glühende Blitze zwischen seinen Ohren hin und her fegten. Er glaubte fast, den Schmerz regelrecht hören zu können, während dieser sich zischend einen Weg durch sein Gehirn bahnte. Lucas sank leicht auf seinem Sitz zusammen. Nach kurzer Zeit meinte er, einen Zusammenhang ausmachen zu können: Die Schmerzen schienen immer aus der Richtung zu kommen, wo am lautesten geschrien oder geklatscht wurde. Als Erik – er erkannte ihn nur noch undeutlich durch einen Schleier aus Tränen, die ihm mittlerweile über das Gesicht liefen – dann einen weiteren Touchdown erzielte, und die um ihn herum Sitzenden schreiend aufsprangen, wurde ihm kurz schwarz vor Augen. Lucas sprang auf und rannte rücksichtslos auf den nächsten Ausgang zu, nicht auf die verständnislosen Blicke der anderen achtend. Schließlich war er aus dem Stadion heraus. Dort hockte Lucas sich japsend an eine Mauer. Er presste beide Hände fest auf die Ohren. Plötzlich verschwanden die Schmerzen so abrupt, wie sie gekommen waren. Er sah sich um und stellte erleichtert fest, dass wohl niemand das seltsame Schauspiel beobachtet hatte.

      Lucas erhob sich vom Boden und trottete langsam auf den Ausgang zu. Er entschied sich dazu, den anderen später zu erzählen, was vorgefallen war. Nach kurzem Suchen fand er eine Telefonzelle und rief seine Eltern an. Er erzählte ihnen zwar nichts von den seltsamen Schmerzen, bat aber darum, dass Paul ihn abholte, da ihn das Spiel aufgrund seiner Beule doch zu sehr anstrengte.

      »Das war vernünftig von dir«, sagte Paul, als er ihm half, ins Auto einzusteigen.

      »Vernünftig? Wieso?«, wollte Lucas wissen.

      »Du siehst aus wie ein Teller bunte Knete. Ich finde es gut, dass du es nicht übertrieben hast und wir dich vielleicht noch aus dem Krankenhaus hätten holen müssen.«

      »Also Paps, jetzt übertreibst du aber«, sagte Lucas, musste dabei aber daran denken, wie knapp das wohl wirklich gewesen war. Jetzt fühlte er sich eigentlich schon wieder richtig gut, nur dass Paul das Autoradio so laut aufgedreht hatte, störte ihn ein wenig. Lucas wollte seinen Vater schon darauf ansprechen. Als er aber aus dem Augenwinkel heraus den Regler am Radio sah, stellte er fest, dass dieser sogar niedriger als sonst eingestellt war. Also ließ er die Frage bleiben, wunderte sich aber trotzdem darüber, warum er die Lautstärke als nervtötend empfand.

      Zuhause angekommen stiegen sie beide aus dem Wagen. Lucas bemerkte sofort einen unverkennbaren Geruch, der ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ.

      »Sag mal, hat Mam etwa Ente zum Essen gemacht?«, wollte er wissen.

      »Kann sein«, antwortete sein Vater achselzuckend. Er sog hörbar die Luft durch die Nase ein und schüttelte dann den Kopf.

      Lucas hatte sich nicht getäuscht. Als sie die Tür öffneten, duftete es im ganzen Haus nach Entenbraten. Sie setzten sich direkt an den Tisch, wo bereits das restliche Essen darauf wartete, auf die Teller verteilt zu werden. Schließlich kam auch das Hauptgericht; fein zerteilt auf einer großen Platte. Lucas nahm sich eine Keule. Als er sie auf seinen Teller legen wollte, hatte er das Gefühl, zum ersten Mal in seinem Leben zu sehen, wie wunderschön gebratenes Fleisch aussieht. Es changierte in den herrlichsten Brauntönen. Dann stieg ihm der wundervolle, würzig-aromatische Duft in die Nase. Hatte er schon jemals etwas so unglaublich Gutes gerochen? Er konnte sich nicht beherrschen. Anstatt die Keule wie alle anderen auf seinen Teller zu legen, biss er herzhaft hinein. Was dann geschah, hätte Lucas nie erwartet. Das feine Aroma von herrlich aufeinander abgestimmten Kräutern, Salz und sogar einem Hauch von Karamell explodierte förmlich auf seiner Zunge und ließ ihn wohlig aufstöhnen.

      »Wow Mam«, entfuhr es ihm. »So etwas Köstliches habe ich noch nie gegessen. Ist das ein neues Rezept?«

      Im Raum herrschte Stille. Lucas öffnete die Augen und bemerkte dabei überhaupt erst, dass er sie geschlossen gehabt hatte. Er sah seine Eltern an, die ihn ihrerseits mit einem erstaunten Gesichtsausdruck anstarrten. Dann fing Betty an zu prusten. Als Lucas bewusst wurde, wie seine Aktion von eben auf sie gewirkt haben musste, da konnte er auch nicht mehr an sich halten. Zusammen lachten sie, bis ihnen die Tränen kamen. Danach nahm sich jeder etwas Ente und begann zu essen. Während des Essens unterhielten sie sich über das Spiel und das, was für den heutigen Tag noch geplant war. Lucas bekam von der Unterhaltung jedoch nicht besonders viel mit. Er musste sich immer wieder daran hindern, angesichts der verschiedenen Speisen in ähnliche Entzückensschreie auszubrechen, wie es ihm bei dem ersten Stück Ente passiert war. Als sie alle genug gegessen hatten, sagte er seinen Eltern, dass er sich noch einen Moment aufs Ohr legen würde, denn er fühlte sich ziemlich kaputt.

      Oben in seinem Zimmer angekommen öffnete er das Fenster, um frische Luft hereinzulassen. Außerdem mochte er es, ein wenig zu dösen, während draußen im Garten die Vögel zwitscherten.

      Er legte sich auf sein Bett und schloss die Augen – nur um sie kurze


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