Tumult auf Viken. Grace Goodwin
Читать онлайн книгу.jemals verheiratet?”
Darauf musste ich lachen: “Nein.”
“Haben Sie biologische Nachkommen?”
Ich runzelte die Stirn: “Biologische Nachkommen?”
Sie blickte auf: “Kinder. Haben Sie biologische Nachkommen zur Welt gebracht?”
“Nein.”
“Sind Sie gesetzlicher Vormund für Minderjährige?”
“Nein. Was soll diese Frage?”
Die Aufseherin blickte mir in die Augen und ihr Blick vermittelte mir, dass sie diejenige war, die hier die Fragen stellte: “Sie wären überrascht, Fräulein Mason. Auch wenn ich es nicht nachvollziehen kann, aber es gibt Frauen, die beschließen Ihre minderjährigen Kinder auf der Erde zurückzulassen. Die Koalitionsrassen sind sehr familienorientiert. Sie billigen es nicht, dass ein Elternteil einfach sein Kind zurücklässt.”
Das leuchtete mir ein. “Aber was ist, wenn eine Frau keine Kinder bekommen kann? Wenn sie unfruchtbar ist? Bedeutet das, dass sie sich nicht als Braut melden kann?”
Die Aufseherin lächelte tatsächlich: “Nein. Natürlich nicht. Es gibt viele Krieger, die einfach nur ihr Leben mit einer Frau teilen möchten. Sollte eine Frau keine Kinder wollen oder aus irgendeinem Grund nicht in der Lage dazu sein, dann gibt es da draußen auch für sie den perfekten Partner. Und sollte es ein medizinisches Problem sein, dann kann die fortschrittliche Koalitionstechnologie es häufig beheben.”
“Okay, aber was, wenn es nicht behandelt werden kann? Was ist, wenn sie einfach keine Kinder kriegen kann? Oder wenn sie sich sterilisieren lassen hat. Sie können ihr ja wohl nicht mal eben neue Eileiter wachsen lassen. Was, wenn sie keine Kinder will?”
Sie seufzte. Waren andere Frauen etwa nicht so neugierig wie ich?
“Im Programm für interstellare Bräute geht es darum, Liebe und Glück zu finden. Für viele Menschen—wie Aliens—hat das nichts mit Kindern zu tun. Das System wählt den perfekten Partner für Sie aus, Whitney. Nicht umgekehrt. Bei diesem Test wird nicht die passende Frau für einen Mann gesucht, sondern der richtige Mann für die Frau.”
Aufseherin Egara atmete einmal tief durch, dann führte sie weiter aus: “Das Match funktioniert, weil der ausgewählte Mann am besten Ihren Bedürfnissen und Wünschen entspricht. Es geht darum, die Frau glücklich und zufrieden zu machen. Die Koalition hat nämlich schon vor langer Zeit herausgefunden, dass Frauen das Rückgrat einer starken Gemeinschaft sind und für viele dominante Krieger, die sich nichts sehnlicher wünschen als jemanden zu beschützen und zu umsorgen, der Schlüssel für ein erfülltes Leben.”
Hm, das waren eine Menge unerwarteter Informationen, allerdings fühlte ich mich damit immer noch nicht besser. Nicht, dass ich keine Kinder wollte. Ehrlich gesagt hatte ich bei all dem Wahnsinn um meine Familie, Politik, Rassismus, Klimawandel und den schieren Erziehungskosten heutzutage gar nicht darüber nachgedacht. Aber vielleicht würde ich es mir nochmal überlegen—solange ich den richtigen Mann fand. Oder Alien.
“Was ist mit dem Rest?”
“Sie meinen, wenn eine Frau sich hat sterilisieren lassen? Ob ein ReGen-Tank den Eingriff wieder rückgängig machen kann?”
Keine Ahnung, was ein ReGen-Tank war, also nickte ich einfach.
“Ein durchtrennter Eileiter ist keine akute Verletzung, Whitney. Er muss nicht wiederhergestellt werden. Der ReGen-Tank würde die Stelle als geheilt betrachten, es sei denn die Operation wäre kürzlich gewesen und der Körper hätte sich noch nicht wieder vollständig erholt.”
Das musste wohl stimmen.
“Wenn sie einen Arm verloren hätten, dann würde er auch nicht einfach nachwachsen. ReGen-Tanks sind keine Wundermittel. Sie können zwar vieles beheben, aber selbst das ist möglicherweise nicht mehr machbar, wenn die Behandlung zu lange aufgeschoben wird.”
Wenn wir schon dabei waren, konnte ich sie gleich weiter ausfragen, oder? Ich war nämlich verdammt neugierig. Eine meiner größten Schwächen, wie meine Mutter immer gesagt hatte. Ich konnte mich nie einfach um meinen eigenen Kram kümmern: “Was ist mit Lesben und Schwulen? Alternativen Lebensstilen? Gibt es auch weibliche Krieger, die eine Braut suchen?”
“Fräulein Mason, wollen Sie damit sagen, dass Sie lesbisch sind?”
Ich schüttelte den Kopf: “Nein. Aber meine Cousine ist es. Sie ist Single und dieser Tage ergeht es ihr beim Thema Dating genauso mies wie mir.”
Die Aufseherin machte ein skeptisches Gesicht, ihre Augen aber blitzen verräterisch; als ob sie diese seltsame Gesprächswendung genoss. Ich konnte mir denken, dass es mit der Zeit langweilig werden musste, jeden Tag das gleiche Protokoll runterzuspulen.
“Ja, wir haben hier bereits lesbische Bräute abgefertigt. Im Moment werden überwiegend Frauen getestet. Mehrere Rassen verlangen allerdings nach homosexuellen Männern für Partnerschaften. Gerade vor zwei Tagen habe ich ein schwules Match abgefertigt. Es war mein drittes insgesamt.”
“Was?” Heilige Scheiße, dabei hatte ich nur gescherzt. Überwiegend jedenfalls.
“Was ist, wenn der schwule Typ ein freiwilliger Kämpfer ist und in einer Bar einen heißen Alien trifft?”
Darauf musste sie lachen und die Heiterkeit in ihrem Gesicht verwandelte sie von einer streng aussehenden Frau in, nun ja, eine echte Schönheit. Und sie war auch gar nicht so alt, wie ich erst gedacht hatte. Wahrscheinlich keine dreißig. “Nun, sie würden das Ende ihrer zweijährigen Dienstzeit abwarten müssen, um sich gemeinsam niederzulassen, aber sicherlich kommt so etwas auch ab und zu vor.” Sie wackelte mit den Augenbrauen: “Im Weltraum werden Bars aber normalerweise Kantinen genannt.”
Komische Wortwahl, aber egal. Ich konnte mir gut vorstellen, wie ultraheiße, schwule Aliens da draußen miteinander anbandelten und es half wirklich nicht dabei mich wieder abzukühlen. Mir war klar, dass ich ein unanständiges Faible hatte, also warum nicht. Heiße Typen blieben nun mal heiße Typen. Ich hätte nichts dagegen, ihnen zuzuschauen …
Die Aufseherin räusperte sich und machte sich wieder an ihre Aufgabe—mich ins All zu schicken.
“Wenden wir uns wieder Ihnen zu. Ich freue mich Ihnen mitzuteilen, dass das System ein Match für sie gefunden hat und Sie folglich auf einen Mitgliedsplaneten gesendet werden. Als Braut werden Sie möglicherweise nie mehr zur Erde zurückkehren, da alle Reisen von den Gesetzen und Gepflogenheiten Ihres neuen Planeten festgelegt und kontrolliert werden. Sie werden ihre Erdenbürgerschaft aufgeben und offiziell Bürgerin ihrer neuen Welt werden.”
Tränen stiegen mir in die Augen. Ich hatte seit Monaten nicht mehr geweint, jedenfalls nicht, nachdem ich erfahren hatte was mein Vater und Bruder angerichtet hatten. Meine Tränen waren aufgebraucht. Und jetzt? Mit der Gewissheit, dass ich nie mehr zurückkommen und nochmal von vorne anfangen würde? An einem Ort, an dem ich einfach ich selbst sein und neues Vertrauen schöpfen konnte, wo ich Leute finden würde, die keine Soziopathen ohne jedes Mitgefühl oder Moral waren.
Ich blinzelte sie weg.
“Geht klar.”
“Es gibt kein Zurück, Fräulein Mason. Gemäß Protokoll 6.2.7a können wir Sie nicht dazu zwingen mit jemandem zusammenzubleiben, der nicht mit Ihnen kompatibel ist, unabhängig davon wie genau das Testergebnis ist. Sie werden dreißig Tage lang Zeit haben, um zu entscheiden, ob der Hauptkandidat geeignet ist. Sollten Sie mit ihrem Partner nicht zufrieden sein, dann werden Sie einem anderen Partner auf dem Planeten zugewiesen. Sie werden jeweils dreißig Tage Zeit haben, um jeden Kandidaten anzunehmen oder abzulehnen, und zwar bis Sie sich mit einem Mann vom passenden Planeten niedergelassen haben.”
Aha, es gab also so etwas wie ein Rückgaberecht: “Solange ich nicht hierher zurückkommen muss, bin ich einverstanden.”
Sie stand auf und deutete mit dem Arm: “Gut. Wenn Sie dann nochmal auf dem Teststuhl Platz nehmen würden.”
Ich