Dr. Norden Bestseller Staffel 18 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Dr. Norden Bestseller Staffel 18 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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du mir, so ich dir.«

      »Und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein, sagt der Volksmund«, murmelte An-

      ne.

      »Mich fröstelt«, sagte Isabel. »Ich traf gestern mit Alice zusammen. Sie sagte: Man kann noch so weit laufen, man wird von der Vergangenheit eingeholt, gerade dann, wenn man sie bewältigt zu haben glaubt.«

      »Sie war viele Jahre eine sehr er­folg­reiche Frau«, sagte Anne nachdenklich.

      »Vielleicht deshalb, weil sie immer problematische Rollen spielte. Ich habe lange keine Kinofilme mehr gesehen. Es wäre ganz interessant zu wissen, was für Rollen sie gespielt hat.«

      »Das wird Hedi wissen. Sie hat die meisten Filme mit Alice gesehen. Sprich doch mal mit ihr.«

      »Das wird nicht einfach sein, Anne. Sie weicht nicht von Alices Bett. Zwei so unglückliche Frauen, das stimmt auch nachdenklich.«

      Von Dr. Rassow wurde Hedi auch vermißt. Er fragte am Nachmittag Anne, wo denn Hedi sei.

      »Frau Valborg fühlt sich nicht wohl. Hedi ist bei ihr«, erklärte Anne.

      »Das entspricht doch nicht ganz den Gepflogenheiten«, stellte er tiefsinnig fest.

      »Niemand zwingt sie dazu, Poldi«, sagte Anne.

      »Sie hatte sich Zeichenpapier gekauft. Ich dachte, sie würde malen.«

      Anne sah ihn überrascht an. »Meinst du, daß dies die allerbeste Therapie ist?«

      »Es gäbe mir jedenfalls mehr Gelegenheit, mich mit ihr zu unterhalten«, erwiderte er. »Ich finde sie sehr sympathisch. Ich möchte sie näher kennenlernen, Anne.«

      Sie erholte sich schnell von dieser Überraschung. »Das wird schon noch möglich sein, Poldi«, sagte sie.

      »Hoffentlich«, meinte er.

      Davon ahnte Hedi freilich nichts. Sie war durch die Ereignisse gezwungen worden, Erinnerungen nachzugehen, um dabei jedoch erstaunt festzustellen, daß diese für sie an Gewicht verloren hatten. Dieses Bewußtsein verlieh ihr ganz plötzlich ein neues Lebensgefühl. Etwas verwundert war sie nur darüber, daß dies gerade jetzt geschah.

      Dann kam Isabel. »Es bringt doch nichts, wenn Sie hier herumhocken, Hedi«, sagte sie. »Alice wird noch Stunden schlafen. Kommen Sie, die frische Luft wird Ihnen gut tun.«

      »Und wenn sie doch erwacht?« fragte Hedi besorgt.

      »Verlassen Sie sich ruhig auf Hannes. Er weiß, wie lange so ein Tiefschlaf dauert. Es ist ja auch ein Heilschlaf zugleich.«

      »Wird ihr der wirklich helfen?« fragte Hedi.

      »So sollte es sein. Es sind damit schon beträchtliche Erfolge erzielt worden. Natürlich kommt es auch aut den Patienten selbst an.«

      »Ich hatte viele Filme mit ihr gesehen«, sagte Hedi. »Sie lebte in ihren Rollen. Als Mensch ist sie ein Schatten ihrer selbst, wenn ich das so sagen darf, ohne mißverstanden zu werden. Heute morgen allerdings, nach diesem Traum und vor ihrem Zusammenbruch hatte ich das Gefühl…« Sie geriet ins Stocken. »Ich kann es nicht richtig erklären, Isabel. Ich wollte hinausgehen, durch das Gras laufen, wie jeden Morgen. Sie stand plötzlich in der Tür. Sie war aggressiv. Es kam zum Durchbruch, daß sie gewohnt ist, ihren Willen durchzusetzen. In allen Filmen, die ich mit ihr sah, spielte sie eigenwillige Frauen. Mir kommt der Gedanke, daß sie sich wohl wünschte, so zu sein, immer Siegerin zu bleiben, und doch hat sie mich in der Rolle einer Todkranken am meisten beeindruckt. Es war erschütternd. Ich bin heute den ganzen Tag den Gedanken nicht losgeworden, daß sie tatsächlich eine schwere, noch nicht erkannte Krankheit in sich tragen könnte.«

      »Dem ist nicht so«, sagte Isabel. »Alle Befunde sprechen dagegen, es sei denn, man zieht in Betracht, daß Genie und Wahnsinn nur durch eine hauchdünne Grenze geteilt sind.«

      Entsetzt sah Hedi Isabel an. »Sie wollen doch nicht sagen, daß sie geisteskrank ist?«

      »Nein, das will ich damit nicht sagen. Aber sie könnte sich in solche Wahnvorstellungen hineinleben, daß sie diese winzige Schwelle überschreitet. Die Furcht vor diesem Rex ist Alices Krankheit.«

      »Ich habe überlegt, ob sie vielleicht mit ihm verheiratet war«, sagte Hedi leise.

      »Es handelt sich um Alices Bruder, Hedi. Ich sollte nicht darüber sprechen, daß ich etwas davon weiß. Ich habe das Anne schon gesagt. Es ist an die fünfzehn Jahre oder noch mehr her, daß ich durch Zufall erfuhr, daß sie einen Bruder hat. Er war unter dem Namen Rex Borg ein bekannter Schauspieler, und…«

      Aber sie kam nicht weiter, denn Hedi hob abwehrend die Hände.

      »Nein, nein, das nicht!« rief sie aus, und dann lief sie im Eilschritt davon.

      Fassungslos blickte ihr Isabel nach, um ihr dann zu folgen, aber Hedi war schneller. Sie rannte auf das Haus zu, in dem sie mit Alice wohnte, doch da kam ihr Dr. Rassow entgegen, und er konnte sie, die nun alle Kräfte verlassen hatte, gerade noch auffangen.

      »Was ist?« fragte er bestürzt, als Isa­bel nahte.

      »Ich weiß es nicht. Etwas hat sie maßlos erschreckt. Ich rufe Hannes. Es ist besser, wenn wir sie zu ihm bringen«, sagte sie dann hastig.

      Hedi war nicht ohnmächtig, sie war nur außer Atem. Aber sie sagte nichts.

      Auf jede behutsame Frage schüttelte sie nur den Kopf.

      »Ich habe schon geahnt, daß der Umgang mit Alice Valborg sich negativ auf sie auswirken wird«, sagte Dr. Rassow heiser.

      »Sei nicht ungerecht, Poldi«, sagte Anne.

      »Ich bin nicht ungerecht. Das sind doch zwei Welten.«

      »Die aber immerhin einen gemeinsamen Berührungspunkt haben«, warf Isabel ein. »Ich bin nicht für’s Versteckspielen, wenn es um Menschenleben geht.«

      »Was willst du damit sagen, Isabel?« fragte Anne.

      »Daß Rex Borg auch in Hedis Leben eine Rolle gespielt haben muß.«

      »Wer ist Rex Borg?« fragte Dr. Rassow.

      »Alices Bruder.«

      »Da irren Sie sich aber gewaltig, Isa­bel«, sagte Dr. Rassow. »Ich weiß nicht viel über Alice Valborg, aber zufällig ist mir bekannt, daß sie mit richtigem Namen Alicia von Bergen heißt.«

      »Und woher weißt du das, Poldi?« fragte Anne.

      »Das möchte ich für mich behalten.« Dr. Cornelius war eingetreten. »Warum willst du es nicht sagen, Poldi?« fragte er. »Du bist doch darüber hinweg.«

      »Und dennoch«, stieß Dr. Rassow zwischen den Zähnen hervor. »Sag du es, wenn du meinst, daß es gesagt werden muß, Hannes.« Und dann ging er schnell hinaus.

      Anne und Iabel sahen ihn erwartungsvoll an. »Er hat doch wohl nichts mit Alice gehabt«, brachte Anne mühsam über die Lippen.

      »Nein, er hat die Frau verteidigt, die ihren Vater erschoß«, erwiderte Dr. Cornelius. »Wer erinnert sich schon an einen Fall, der so viele Jahre zurückliegt. Und es ist fast zehn Jahre, daß Poldi zu uns kam, und fast fünfundzwanzig Jahre ist es her, daß diese Tat geschah.«

      »Da war ich noch ein Teenager«, sagte Isabel.

      »Und Poldi ein sehr junger Anwalt, der plötzlich für seinen Vater einspringen mußte, für den jener Prozeß wohl auch zuviel geworden war. Ich hatte damals auch andere Sorgen, als mich um solche Prozesse zu kümmern, und so aufreißerisch wie heute waren die Schlagzeilen da auch noch nicht. Erfahren habe ich das alles erst von Poldi, als er zu uns kam, nachdem er sich fünfzehn Jahre mit seinen Gewissensbissen herumgeschleppt hatte. Aber nun ist diese Frau, die Reginald von Bergen erschoß, auch schon fünf Jahre tot. Und mein Gedächtnis ist nicht mehr das Allerbeste, was Einzelheiten anbelangt. Ich muß mir erst mal die Unterlagen holen.«

      »Liebe Güte das nimmt ja immer dramatischere Formen


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