Dr. Norden Bestseller Staffel 18 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Dr. Norden Bestseller Staffel 18 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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anderen Anwalt zu suchen.«

      »Sie sind ganz konsequent?« staunte Hedi.

      »Ja, ich bin aus Erfahrung klug geworden. Ich würde darunter leiden, jemandem zum Sieg zu verhelfen, der eigentlich im Unrecht ist. Ich habe das einmal getan und mir geschworen, daß es sich niemals wiederholen wird. Für ein gutes Gewissen stecke ich lieber Spott ein.«

      Hedi sah ihn nachdenklich an. »Wer sollte Sie dafür verspotten?« fragte sie.

      »Nette Kollegen, die sich daran ergötzen, aussichtslose Sachen durchzufechten, um als strahlende Sieger hervorzugehen.«

      »Jene, die einen Schuldigen reinwaschen, meinen Sie?«

      »Reinwaschen ist zuviel gesagt, aber man kann Beweise zerpflücken, man kann das tatsächlich. Aber reden wir von etwas anderem. Sollten Sie mal einen Anwalt brauchen, vertrete ich Sie gern.«

      »Warum?«

      »Weil Sie bestimmt unschuldig sind.«

      »Auch wenn ich einen Menschen umgebracht hätte, wären Sie davon überzeugt?« fragte sie nun gedankenvoll.

      »Sie könnten keinen Menschen umbringen. Wir wollen uns über angenehmere Dinge unterhalten.«

      »Ein andermal. Ich muß mich jetzt um Alice kümmern.«

      So hatte die nähere Bekanntschaft zwischen Hedi und Dr. Rassow begonnen, und Hedi gestand sich ein, daß sie für diesen Mann sehr viel Sympathie empfand.

      *

      Es war tiefste Nacht, als Hedi durch einen schrillen Schrei geweckt wurde, dem weitere folgten. Sie sprang aus dem Bett und stürzte zu Alice ins Zimmer. Diese saß steil aufgerichtet im Bett, mit weit aufgerissenen Augen und doch nicht wach, wie Hedi schnell begriff.

      »Tu es nicht, Rex«, schrie sie, »tu es nicht!« Ihre Stimme klang sehr deutlich und nicht ein bißchen heiser.

      Momentan setzte Hedis Herzschlag aus. Der Name Rex war schuld daran, der sie erstarren ließ, aber dann griff sie nach Alices Schultern und drückte sie zurück auf das Kopfkissen.

      »Es ist nichts, Alice«, sagte sie, »du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin da, Hedi, sonst niemand.«

      Ein Beben durchlief Alices eben noch erstarrten Körper, dann begann sie zu schluchzen und klammerte sich an Hedi.

      »Bleib bei mir, geh nicht fort«, stammelte sie.

      »Ich bleibe ja bei dir«, sagte Hedi. »Du hast geträumt, Alice.«

      »Es ist immer der gleiche Traum«, sagte Alice schleppend. »Er kommt, um mich umzubringen.«

      »Niemand wird dich umbringen, Alice«, sagte Hedi beschwörend. »Sei ganz ruhig. Du bist auf der Insel der Hoffnung, und ich bin bei dir.«

      Erst jetzt schien Alice sich der Wirklichkeit bewußt zu werden.

      Sie drückte ihre Wange an Hedis Hand. »Wie spät ist es?« fragte sie leise. »Habe ich verschlafen?«

      »Nein, Alice, es ist Nacht«, sagte Hedi. »Hast du Schmerzen?« Instinktiv schreckte sie davor zurück, Alice an den Traum zu erinnern.

      »Ich habe keine Schmerzen«, sagte Alice langsam. »Ich höre mich, hörst du mich auch?«

      »Ja«, erwiderte Hedi weich, »ganz deutlich höre ich dich. Siehst du, nun wird alles gut, liebe Alice.«

      »Alles wird gut«, murmelte Alice, »aber ich will immer hierbleiben, nie mehr zurück, nie mehr.« Und dann schlief sie wieder ein, als wäre nichts gewesen.

      Hedi konnte nicht mehr schlafen. Der Name Rex dröhnte in ihren Ohren, ließ schreckliche Erinnerungen lebendig werden. Stöhnend wälzte sie sich hin und her und sehnte den Morgen herbei.

      Er kam strahlend wie jeder, seit sie auf der Insel der Hoffnung weilte. Aber als sie sich auf Zehenspitzen hinausschleichen wollte, um durch das taufrische Gras zu laufen, worauf sie sich immer nach dem Erwachen gefreut hatte, stand Alice in der Tür.

      »Wohin willst du gehen, Hedi?« sagte sie fast aggressiv. »Du hast mir versprochen, bei mir zu bleiben.«

      Hedis Herz begann schmerzhaft zu klopfen, da in Alices Stimme, dieser Stimme, die so deutlich zu vernehmen war, ein Unterton mitschwang, der ihr Angst einjagte.

      »Ich wollte nur durch das Gras laufen, wie jeden Morgen«, erwiderte sie.

      »Du wirst dich erkälten und krank werden. Ich will nicht, daß du krank wirst«, sagte Alice schleppend. »Mir ist so, als hätte ich heute nacht geträumt, daß du weggelaufen bist. Du hast gesagt, daß du meine Freundin bist.«

      »Ich bin deine Freundin, Alice.«

      »Habe ich geträumt?«

      Hedi griff sich an die Kehle. Ihre Gedanken überstürzten sich, aber dann sagte sie: »Ja, du hast geträumt. Und plötzlich war deine Stimme da.«

      »Und was sagte meine Stimme?« fragte Alice.

      Hedis Blick irrte ab. »Deine Stimme sagte: ›Tu das nicht, Rex, tu es nicht‹.«

      Alice suchte nach einem Halt, und Hedi war mit ein paar Schritten bei ihr und stützte sie.

      »Oh, mein Gott«, flüsterte Alice, und dann brach sie zusammen.

      Hedi konnte sie nicht mehr halten. Panische Angst ergrift sie. Sie mußte über Alices Körper hinwegsteigen, um zum Telefon zu gelangen. Und dann hatte sie kaum die Kraft, den Hörer aufzuheben und die zweistellige Nummer zu wählen. Auch Annes Stimme hatte keine beruhigende Wirkung. »Alice ist ohnmächtig«, stammelte sie nur.

      »Wir kommen!« sagte Anne.

      *

      Alice lag nun wieder in ihrem Bett, immer noch von tiefer Ohnmacht umfangen. Hedi erzählte bebend, was sich zugetragen hatte.

      »Ich hätte nicht wiederholen dürfen, was sie im Traum rief«, flüsterte sie beklommen. »Als ich dies auf ihre Bitte tat, fiel sie in Ohnmacht.«

      »Also scheint es ein Mann namens Rex zu sein, der ihr Angst einflößt«, sagte Anne. »Und dir scheint sich diese Angst mitzuteilen, Hedi.«

      Ein Zucken lief über Hedis blasses Gesicht. »Mir flößt der Name Rex Abscheu ein«, sagte sie tonlos. »Es mag ein Zufall sein, aber ich habe so eine bange Ahnung, Anne. Ich möchte darüber nicht sprechen, jetzt nicht. Es ist auch für mich ein Schock, daß Alice böse Erfahrungen mit dem gleichen Mann gemacht haben könnte. Rex ist ein seltener Name.«

      »Ist es der richtige oder nur ein Künstlername?« fragte Anne sinnend.

      »Das könnte ich nicht sagen«, erwiderte Hedi leise. »Aber der Rex, den ich kannte, war Schauspieler.«

      Soviel hatte sie nun doch gesagt. Anne wollte nicht weiter in sie dringen. Nun kam auch Johannes Cornelius aus Alices Schlafraum.

      »Sie wird jetzt schlafen. Der Puls hat sich fast normalisiert. Jetzt können wir nur hoffen, daß sie nicht wieder die Stimme verloren hat.«

      Hedi blickte zu Boden. »Ich denke, daß sie ihre Karriere nicht mehr fortsetzen wird«, sagte sie leise. »Sie will nicht mehr zurück in dieses Leben. Ich glaube, daß sie Furchtbares durchgemacht hat.«

      »Willst du dich von ihr jetzt zurückziehen, Hedi?« fragte Anne.

      »Wie kannst du das denken? O nein, Anne, ich werde ihr helfen, wo ich nur kann. Ich bin jetzt sehr verwirrt, aber es wird die Stunde kommen, da ich dir alles erzählen kann.«

      »Ruhe dich jetzt aus«, sagte Anne. »Denk daran, daß du auch hier bist, um dich zu erholen, Hedi.«

      »Mir kommt der Gedanke, daß eine höhere Macht dabei ihre Hand im Spiel hat«, sagte Hedi gedankenverloren.

      »Was meint sie damit«, fragte Hannes Cornelius seine Frau, als sie allein waren. »Was habt ihr gesprochen?«

      »Ich werde erst mal Fee anrufen.


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