Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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verliebt ist, dann darf man träumen, entschied sie.

      »Guten Tag!« hörte Gundi eine Stimme.

      Sie erschrak. Sie riß die Augen auf und sprang auf die Füße. Vor ihr stand ein junger Mann. Er sah die großen verwunderten erschrockenen Augen.

      »Entschuldigung! Ich wollte Sie nicht erschrecken! Sie haben mich nicht kommen gehört?«

      Die Sonne blendete Gundi etwas. Sie legte zuerst die Hand über die Augen, dann setzte sie ihre Sonnenbrille auf.

      »Ich habe mich etwas ausgeruht! Ich bin nicht erschrocken. Ich habe nicht geschlafen. Ich war vielleicht nur mit meinen Gedanken weit fort. Die schöne Landschaft lädt ja auch zum Träumen ein.«

      »Das freut mich! Also noch einmal! Guten Tag! Vielleicht können Sie mir weiterhelfen! Ich habe etwas die Orientierung verloren. Wahrscheinlich bin ich schon in Waldkogel falsch abgebogen.«

      Gundi musterte den jungen Mann. Er war groß, hatte braune Haare und braune Augen.

      »Vielleicht kennen Sie sich hier aus?«

      Gundi mußte sich wirklich konzentrieren. Sie schaute ihn an, als wäre er ein Geist, der plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht war. Ihr Herz raste wild. Solche Gefühle hatte Gundi noch nie zuvor verspürt. Es war ihr, als löse sich die Welt um sie herum einfach auf. Da war nur er, der junge Bursche mit den wunderschönen, so sanft blickenden Augen und den braunen Haaren. Es kostete Gundi viel Kraft, sich nichts anmerken zu lassen.

      Endlich fand sie die Sprache wieder:

      »In den Bergen sagt man nicht Guten Tag sondern Grüß Gott! Sie sind nicht von hier?«

      »Sie?«

      »Ja! Ich bin aus Waldkogel. Wo wollen Sie hin?«

      »Ich suche Tonis Berghütte. Dort habe ich eine Kammer gebucht über das Reisebüro. Aber der Weg scheint in die andere Richtung zu führen. Oder macht er weiter oben noch eine Biegung? Gibt es später eine Abzweigung?«

      »Das haben Sie richtig erkannt. Das ist der falsche Weg. Sie sind im Dorf falsch abgebogen, eine Straße zu früh. Sie hätten den Milchpfad nehmen müssen. Der geht ganz am Ende der Hauptstraße links ab.«

      »Da muß ich wohl wieder umdrehen! Vielen Dank!«

      Gundi lächelte ihn an.

      »Sie können auch hier weitergehen und dann rechts am Berghang entlang eine Abkürzung über die Wiesen nehmen. Dann treffen Sie auch auf den Milchpfad. Der Milchpfad führt hinauf auf die Oberländer Alm. Von dort führt ein schmaler Pfad hinauf zur Berghütte. Trauen Sie sich das zu? Ich meine, ob Sie keine Angst haben, quer über die Wiesen zu gehen?«

      »Man kann mir ansehen, daß ich in den Bergen wenig Erfahrung habe, wie?«

      Gundi ging nicht darauf ein. Sie betrachtete ihn genau. Er sah wirklich wie ein Tourist aus, der zum ersten Mal in die Berge ging. Seine Wanderausrüstung war neu. Besonders die Schuhe waren ohne Kratzer und Schrammen. Dazu trug er einen Kompaß am Gürtel.

      »Ich meine, wegen der Kühe. Auf den Wiesen grasen überall Kühe. Manche Städter haben Angst vor Kühen!«

      »Tun sie etwas, wenn man an ihnen vorbeigeht?«

      Gundi mußte lachen.

      »Nein! Außerdem können Sie Abstand halten! Wollen Sie mitkommen? Ich zeige Ihnen dann die Abkürzung.«

      »Ja, danke! Das ist sehr freundlich! Ich darf mich auch noch vorstellen! Mein Name ist Urs Wildbacher!«

      »Wildbacher? Wildbacher – vom Wildbacher Hof in Marktwasen?«

      »Sie kennen meine Verwandten? Es sind zwar weitentfernte Verwandte, aber irgendwie bin ich schon mit dem Wildbacher Hof verwandt. Und wie ist Ihr werter Name?«

      »Mein werter Name?« Gundi mußte laut kichern. »Entschuldigung! Aber das klingt zu komisch! ›Werter Name‹, so redet hier niemand. Machen wir es kurz. Ich heiße Gundi Unterholzer. Kannst aber gern Gundi zu mir sagen, wenn du hier Verwandte hast, dann bist du ja auch irgendwie aus dem Tal, auch wenn es nur noch wenige Prozent sind, die du in dir trägst.«

      Ein Lächeln huschte dem jungen Mann über das Gesicht.

      »Gut, dann bin ich aber der Urs für dich!«

      »Einverstanden! Wollen wir gehen?«

      »Gern!«

      Gundi wollte nach ihrem Rucksack greifen, doch Urs kam ihr zuvor und half ihr beim Aufziehen. Wie charmant, dachte Gundi. Hinter ihrer Sonnenbrille konnte sie Urs ungeniert betrachten. Er kam ihr vor wie aus einer anderen Welt. Er war ebenfalls groß, aber feingliedrig. Schon an seinen Händen konnte Gundi sehen, daß er bestimmt nichts mit Landwirtschaft zu tun hatte. In Gundi stieg eine Neugierde auf.

      Was macht er?

      Warum ist er nicht bei seinen Verwandten in Marktwasen?

      Warum will er auf die Berghütte?

      Was sucht er hier?

      Fragen, Fragen, Fragen, auf die Gundi keine Antwort wußte. Sie überlegte, ob sie ihn ausfragen sollte. Doch eine Scheu hielt sie zurück. Urs sah Gundi öfters an. Er stellte auch keine Fragen. Er war keiner von den Burschen, die redeten und redeten. Er hatte eine stille, ja, eine fast vornehme Art von Zurückhaltung. Für Gundis Geschmack war er fast ein wenig zu scheu. Oder liegt es daran, daß er auf eine sonderbare Art und Weise so ganz anders war, als alle Burschen, die sie in Waldkogel und Umgebung kannte? Gundi war im Augenblick verwirrt. Sie war so verwirrt, daß sie froh war, endlich die Stelle zu erreichen, an der sie sich von Urs verabschieden konnte.

      »Der Milchpfad ist von hier aus ganz leicht zu erreichen. Zuerst immer geradeaus über die Wiesen. Dann kommst du auf einen Wiesenweg. Dort steht ein Marterl aus Holz. Das kannst du nicht übersehen. Dort ist auch eine Abzweigung. Dort mußt du den linken Weg nehmen. Er führt dich zu einer Alm, die am Milchpfad liegt. Danach geht es nur noch bergauf. Du kannst es nicht verfehlen.«

      »Danke, Gundi! Du hast mir sehr geholfen! Vielleicht sieht man sich mal wieder!«

      »Schon möglich! Die Welt ist klein und überschaubar!« rutschte es Gundi heraus.

      Urs lächelte Gundi an.

      »Also, vielleicht gehst du auch mal rauf zur Berghütte. Ich will dort länger bleiben.«

      »Das glaube ich kaum! Es ist Sommer und wir haben viel zu tun auf dem Hof. Da bleibt wenig Zeit für Wanderungen nur zum Vergnügen. Aber man weiß ja nie, was die Zukunft bringen wird. Ich wünsche dir jedenfalls einen schönen Aufenthalt auf der Berghütte. Grüße mir Anna und Toni und den alten Alois.«

      »Das werde ich machen. Dir einen schönen Tag. Wo gehst du hin?«

      »Auf unsere Hütte!« schoß es ganz schnell aus Gundi hervor, so als hätte sie auf die Frage gewartet.

      Gundi wurde aus einem ihr nicht verständlichen Grund unruhig. Sie nickte Urs zu und eilte davon. Ihr Herz klopfte wild. Ihr war, als müßte sie sofort die Flucht ergreifen. Von diesem Urs ging ein Zauber aus, der sie gefangen nahm.

      Es kostete Gundi viel Kraft, sich nicht umzudrehen. Sie spürte, wie Urs ihr nachsah. Gundi nahm die Träger ihres Rucksacks in die Hände und beschleunigte ihre Schritte. Sie eilte davon, als würde Urs sie verfolgen.

      *

      Gundi erreichte atemlos die Hütte. Sie warf ihren Rucksack ab und zog ihre Weste aus. Dann eilte sie zum Brunnen und schöpfte Wasser mit bloßen Händen. Sie trank mit geschlossenen Augen.

      »Pah, des tut gut!«

      Ihr war heiß. Gundi zog ihre Wanderschuhe und Socken aus. Sie setzte sich auf den Beckenrand des Wassertroges und stellte ihre Füße ins kalte Naß. Sie kühlte Gesicht, Nacken und Arme mit dem kalten Wasser.

      Langsam ging es ihr besser.

      Gundi ärgerte sich über sich selbst. Was bin ich für eine Närrin! So durch die schönen Berge


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