Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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er auf, zog sich an und ging zu ihm.

      »Kannst du nicht schlafen, Großvater?«

      »Nein!«

      »Willst du reden? Vielleicht hilft es dir? Du hast mir so oft zugehört, wenn ich mit meinen kleinen Sorgen zu dir gekommen bin. Erinnerst du dich? Dann hast du mich bei der Hand genommen. Wir sind zur Koppel. Wir setzten uns auf die Bank und ich konnte dir mein Herz ausschütten. Jetzt ist es umgekehrt. Jetzt will ich für dich da sein!«

      Willi Bernreither lächelte.

      Dann stand er auf. Enkel und Großvater gingen über den gepflasterten Hof, liefen um die große Scheune herum und wanderten dann den Hang hinauf, der sich sanft bis zu einem Wäldchen erstreckte. Die Bäume hatte Willi Bernreither gepflanzt. Das war in dem Jahr, als er hier das große Stück Land in einem stillen Seitental der Neuseeländer Alpen gekauft hatte.

      Sie erreichten den Waldrand und setzten sich auf die Bank.

      »Ja, Kilian, was soll ich sagen? Wo soll ich anfangen? Was willst du wissen?«

      »Warum bist du damals fort und hast verschwiegen, daß du einen Bruder hast, sogar einen Zwillingsbruder?«

      »Ich habe es nur Mary gegenüber verschwiegen und Bill und dir gegenüber. Deine Großmutter weiß es. Sie weiß alles.«

      »Jetzt will ich es auch wissen! Es ist doch nichts Schlimmes? Nichts Kriminelles?«

      »Schlimm war es schon, aber nicht im Sinne der öffentlichen Gesetze, nur im moralischen Sinn.«

      Willi Bernreither erzählte und sein Enkel hörte ihm zu, ohne ihn zu unterbrechen.

      Als Willi und sein Bruder Hans junge Burschen waren, da interessierten sie sich auch für Madln. Hans war aus einem Grund, den Willi nie verstand, immer eifersüchtig auf alles, was Willi machte, bekam, erreichte. Willi verliebte sich in eine junge Bauerntochter. Sie hieß Berta und war sehr schön und lebensfroh. Willi und Berta kamen sich näher, trafen sich auch nachts im Heu, wie das damals wo war.

      »Ich wollte das Madl heiraten«, sagte Willi leise vor sich hin.

      Doch dazu kam es nicht. Sein Bruder Hans machte Berta auch heimlich den Hof. Hans war ein richtiger Hallodri, der Frauenherzen im Sturm eroberte. Willi und Hans waren ein-eiige Zwillinge. Sie glichen sich wirklich sehr. Hans machte sich oft den Spaß, sich als der ernsthaftere Willi auszugeben und nicht wenige fielen darauf herein.

      »Wie es dazu kam, das habe ich nie klären können! Auf jeden Fall war es eine Gemeinheit.«

      Eines Nachts erwischte Willi seinen Bruder Hans mit seiner Berta im Heu. Es kam zu einer Schlägerei. Willi tobte vor Wurt. Die Zwillingsbrüder schlugen sich und brüllten sich an. Die Eltern kamen herbeigeeilt und trieben die beiden auseinander.

      »Noch bist du net mit der Berta verheiratet, Willi! Wenn dein Bruder Hans auch mit ihr anbändelt, dann mußt du des hinnehmen. Es ist nun mal geschehen. Du weißt doch, wie dein Bruder ist, Willi!« beschwor der Vater Einigkeit.

      Er goß damit nur Öl ins Feuer, denn der alte Bernreither bügelte immer alles glatt, was Hans angestellt hatte.

      Kilian schüttelte den Kopf.

      »Was hat deine Mutter gesagt? War nicht wenigstens sie auf deiner Seite?«

      »Naa! Die versuchte zwar zu schlichten, aber wenn es darauf ankam, war sie immer Vaters Meinung.«

      »Und diese Berta? Was sagte sie?«

      »Sie bestritt alles! Doch was ich gesehen und gehört hatte, das konnte mir keiner ausreden.«

      Willi seufzte.

      »Ich wußte, daß es immer Streit geben würde auf dem Hof. Hans’ Eifersucht auf alles, was ich machte, war schlimm. So packte ich noch in der Nacht meine Sachen und verließ im Morgengrauen nur mit dem was ich auf dem Leib trug und einem Rucksack voller Habseligkeiten den Hof und Waldkogel. Meine Ersparnisse reichten für eine Fahrkarte in den Norden. Ich kannte nur ein Ziel, weit fort wollte ich – nach Neuseeland. Davon hatte ich als Kind gehört und Bilder von den schönen Bergen hier gesehen.«

      Doch das nächste Schiff lief nicht Neuseeland an, sondern einen Hafen in Australien. Dort heuerte er als Heizer an und verdiente sich die Überfahrt und etwas Geld. Willi nahm es als gütige Vorsehung eines weisen Schicksals. Er fand gute Arbeit, er war fleißig und sparte. Willis Glück war vollkommen, als er in

      Australien eine junge Frau aus Neuseeland kennenlernte. Sie verliebten sich, heirateten und bauten in den Neuseeländischen Alpen den Bernreither Hof.

      »Du mußt sehr enttäuscht gewesen sein, daß du mit deiner Heimat, mit Familie und Bruder gebrochen hast. Du fühltest dich verraten von deinem Bruder, deinen Eltern und dem Madl, dem deine Liebe galt. Wahrscheinlich hätte ich an deiner Stelle auch nie mehr etwas von mir hören lassen.«

      Doch so war es nicht. Willi hatte nach einigen Jahren einen Brief heimgeschickt. Doch dieser kam ungeöffnet zurück.

      »Dann weißt du auch nicht, was aus der Berta wurde?«

      »Nein! Ich weiß nichts! Ich wollte nichts mehr wissen! Heimweh hat mich dann und wann schon geplagt. Dann schrieb ich dem Alois, der war mein Freund, einige Zeilen. Danach beruhigte sich mein Herz wieder. Aber niemals wieder schrieb ich meine Adresse darauf.«

      Kilian verstand gar nicht, warum sein Großvater seinem Freund Alois nicht mitgeteilt hatte, wo er sich aufhielt.

      Willi Bernreither erklärte es seinem Enkel:

      »In so einem kleinen Dorf, da gibt es nur einen Briefträger. Jeder kennt jeden und der Briefträger schaut schon mal nach dem Absender. Es wird auch viel geredet. Ich wollte einfach nicht. Ich wollte keinen Kontakt mehr. Nur Alois sollte wissen, daß es mir gutgeht und ich glücklich bin.«

      Willi und sein Enkel Kilian saßen unter dem südlichen Himmel. Der Mond schien. Es war eine warme Nacht. Sie schwiegen und schauten hinauf in die Sterne.

      »Jetzt holt mich die Vergangenheit ein!« sagte Willi leise.

      »Du regelst das schon, Großvater! Der Brief von deinem Bruder läßt den Schluß zu, daß er die Sache bedauerte. Er will wieder etwas gutmachen.«

      »Das muß er nicht und das kann er nicht! Morgen werde ich diesen Geistlichen anrufen. Ich habe es mir überlegt. Ich werde den Hof verkaufen. Ich will nichts davon haben. Ich will nicht in alten Erinnerungen wühlen. Das tut nur weh. Aus und vorbei!«

      Kilian räusperte sich.

      »Schade! Dann werde ich nie ein Bild sehen von dir und deinem Bruder, wie ihr jung gewesen seid. Außerdem interessiert mich, ob der alte Hof in Waldkogel genauso aussieht wie unser Hof.«

      »Das tut er! Er ist nur etwas kleiner! Die Scheune ist kleiner, die Ställe sind kleiner und auch die Zimmer. Hier habe ich alles etwas größer gebaut.«

      Im Mondlicht sah Willi seinen Enkel an.

      »Ich habe die Lösung, Kilian! Wenn dich das interessiert, dann will ich dir keine Steine in den Weg legen. Ich schreibe dir eine Vollmacht aus. Damit fliegst du nach Europa und regelst diese leidige Erbangelegenheit. Verkaufe den Hof. Der Preis ist mir gleich. Du wirst schon das Beste daraus machen.«

      »Wirklich?«

      »Ja! Du kannst dir alles ansehen! Wenn dir etwas gefällt oder du meinst, es sei wert, es nach Neuseeland zu bringen, dann packe es ein.«

      Willi Bernreither rieb sich die Hände.

      »Ja, das ist eine gute Idee! Nimm dir Zeit, so viel du brauchst. Mache eine schöne Reise durch Europa. Wie gefällt dir mein Vorschlag?«

      »Großvater, wie kannst du nur fragen? Gut! Sehr gut! Ich wollte schon immer mal nach Europa und dort in die Alpen. Jetzt erst recht, nachdem ich weiß, daß dort deine Wurzeln sind.«

      »Gut! Dann ist das beschlossene Sache zwischen uns! Hand drauf! Du mußt aber wiederkommen, gleich, was passiert!«

      Kilian


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