Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner
Читать онлайн книгу.es dir peinlich, daß ich so offen mit dir spreche?«
»Nein!«
Pascal trank sein Glas aus. Berthold schenkte ihm nach. Während Pascal den edlen Cognac in seinem Glas schwenkte, dachte er nach.
»Gut! Machen wir es so! Ich werde in zwei Wochen Karoline in Waldkogel aufsuchen. Ich hoffe, sie hat sich dann schon von dem Streß der letzten Wochen und der Anspannung der Prüfung erholt. Ich werde mit ihr reden. Wenn sie zustimmt, dann verloben wir uns in Waldkogel. Statt der geplanten Verlobung vor Semesterbeginn und dem Einzug in unsere gemeinsame Wohnung, werden wir heiraten. Es stimmt, Herr Bergmann! Warum noch Jahre warten? Karoline und ich, wir gehören zusammen!«
»Das ist doch ein Wort, Pascal!«
Doktor Berthold Bergmann hob sein Glas und trank Pascal zu. Agathe nippte an ihrem Portwein.
Dann saßen die drei noch eine Weile zusammen. Pascal fühlte sich in der Familie herzlich aufgenommen. Sie besprachen offen die Einzelheiten der Hochzeit. Die Bergmanns tasteten sich langsam vor. Sie wollten Pascal auch nicht vor den Kopf stoßen. Lange redeten sie um die Angelegenheit herum. Doch Pascal begriff gleich, was ihnen auf dem Herzen lag.
»Sie wollen wissen, ob es mir etwas ausmacht, wenn ich mich nach der Hochzeit ›Bergmann‹ nenne? Ist es das?«
»Ja!«
Pascal hatte Verständnis. Seit vielen Generationen war die Apotheke immer an den ältesten Sohn oder Neffen gegangen. Der Name Bergmann war tief mit der Geschichte der Apotheke verknüpft. So war es nur verständlich, daß die Bergmanns von dem neuen Namensrecht Gebrauch machen wollten.
»Also, ich bin damit einverstanden! Natürlich werde ich auch das mit Karoline bereden. Aber bitte überlassen Sie es mir! Ich finde bei Karoline bestimmt die richtigen
Worte. Es wird vielleicht ein klein wenig Überredungskunst notwendig sein.«
Die Uhr zeigte schon nach zwei Uhr nachts an. Es wurde höchste Zeit, ins Bett zu gehen. Pascal verabschiedete sich. Die Bergmanns brachten ihren zukünftigen Schwiegersohn an die Tür.
Doktor Berthold Bergmann legte den Arm um seine Frau:
»Siehst du, Agathe! Alles wird gut werden! Pascal ist ein wunderbarer junger Mann.«
Arm in Arm ging das Ehepaar gemeinsam die Treppe hinauf in das Schlafzimmer. Die Nacht würde kurz sein, aber sie hatten viel erreicht. Glücklich, die Zukunft so schön geordnet zu haben, schliefen sie ein.
*
Karoline blieb einige Tage bei Tonis Eltern in der Pension wohnen. Sie machte lange Spaziergänge. Unentwegt hoffte sie dem jungen Burschen zu begegnen. Aber sie sah ihn nicht. Meta und Xaver nannten Karoline auch die Namen von Bauernhöfen, deren Jungbauern blonde Haare hatten. Es waren nicht viele. Karoline spionierte diese Höfe richtig aus. Sie wartete die Zeit des Mittagessens ab, wenn alle am Tisch saßen. Dann klopfte sie an und bat, ihre Wasserflasche auffüllen zur dürfen. Meistens wurde die Wanderin zum Abendessen eingeladen. Dabei machte ihr so mancher Hoferbe schöne Augen. Karoline war wirklich hübsch und hatte ein angenehmes Wesen. Die meisten jungen Burschen versuchten, sich mit Karoline zu verabreden. Sie lehnte jedesmal höflich, aber bestimmt ab. Wenn die Burschen gar zu hartnäckig waren, erwähnte sie schon einmal, daß es daheim einen jungen angehenden Apotheker gebe.
»Meta, es hat keinen Zweck, daß ich noch länger hier bleibe. Ich wandere morgen rauf zur Berghütte«, verkündete Karoline eines Abends.
»Des ist eine gute Idee! Vielleicht findest du ihn dort oben, deinen Herzensburschen«, bemerkte Xaver Baumberger.
»Ja, des ist vielleicht eine Möglichkeit«, stimmte Meta zu.
Es war sehr früh am Morgen, als sich Karoline von Meta und Xaver Baumberger verabschiedete.
»Ich wünsche dir, daß du ihn findest, Karoline. Gib die Hoffnung net auf!«
»Das hast du schön gesagt, Meta. Nein, ich gebe die Hoffnung nicht auf.«
Karoline ließ ihren Sportwagen in der Scheune der Baumbergers stehen. Sie wanderte zu Fuß hinauf zur Oberländer Alm. Dunst lag noch über den Wiesen. Das Gras war feucht vom Tau. Die Sonne stand noch tief über den Bergen. Der Himmel war wolkenlos.
Karoline ließ sich Zeit. Sie legte einige Pausen ein. Sie betrachtete die schöne Landschaft, beobachtete die Kühe auf der Weide mit ihren kleinen Kälbern. Frieden legte sich über ihr Herz. Solche Ruhe und diesen tiefen inneren Frieden verspürte Karoline nur in den Bergen.
Hier gibt es nur den Rhythmus der Natur, dachte sie. Alle Menschen und alle Tiere, eine jegliche Kreatur ordnet sich unter. Seit Tausenden von Jahren wiederholt sich alles. Auch wenn es immer Modernisierungen gibt, so bleibt das Grundmuster doch erhalten. Es ist gut, daß es moderne Gerätschaften gibt, die den Menschen die schwere Arbeit erleichtern, dachte Karoline. Aber der Einzug der Technik hat die Menschen hier in den Bergen nicht sehr verändert, stellte Karoline fest. Die Ehrfurcht vor Gottes Schöpfung ist geblieben. Mit ihr war eine Demut verbunden, die Karoline gefiel.
Die junge Frau erinnerte sich an einen Satz, den Meta Baumberger ihr einmal gesagt hatte. Das war damals, als Karoline Tonis Mutter zum ersten Mal ihr Herz ausgeschüttet hatte. Damals hatte sie von ihren Eltern, den Plänen, die sie mit ihr hatten, von der Familie Hubschmidt und Pascal erzählt. Meta hatte sich alles ruhig angehört.
»Der Mensch denkt und Gott lenkt!« hatte Meta damals gesagt.
Sie hatte Karoline erzählt, wie viele Sorgen Xaver und sie sich über Toni gemacht hatten. Er hatte die Berghütte bewirtschaften wollen. Doch die Berghütte konnte nur von einem Ehepaar übernommen werden. Dann hatte die Liebe Toni die Dorothea Annabelle, eine junge Bankerin aus dem fernen Hamburg, über den Weg geschickt. Toni nannte sie Anna. Binnen weniger Wochen waren sie ein Ehepaar geworden und bewirtschafteten jetzt gemeinsam die abgelegene Berghütte, zu der keine Straße hinaufführte.
Karoline lächelte still, als sie daran dachte. Mit Anna verband Karoline eine herzliche Freundschaft. Anna spielte gegenüber Karoline die Rolle der älteren Schwester. Karoline, die ein Einzelkind war, gefiel das sehr. Sie schätzte an Anna die Ehrlichkeit und ihre Aufrichtigkeit. Wenn sie es geschafft hat, ihr Glück in den Bergen zu finden, dann finde ich es vielleicht auch. Da stehen die Chancen bei mir noch besser als damals bei Anna, überlegte Karoline. Ich liebe die Berge! Anna mußte sich in die Berge und in Toni verlieben. Wenn die Liebe dieses Wunder vollbringen konnte, dann macht die Liebe alles möglich.
Karoline atmete tief durch. Alles wird gut werden. Das fühlte sie in ihrem Herzen. Ich werde glücklich werden. Wohin mein Weg mich führt, das weiß ich noch nicht. Doch ich vertraue auf die Liebe.
Und wieder sah Karoline den jungen Mann vor sich, der ihr vor der Kirche begegnet war. Nichts geschieht sinnlos, dachte Karoline. Sie sollte spüren, wie es ist, wenn die Liebe plötzlich das Herz erfüllt. Alle Sehnsucht, alle Suche nach dem unbekannten Gefühl waren vorbei. Ich bin der Liebe begegnet, der wahren Liebe! Für einen Augenblick wurde sie mir gezeigt. Wie schön das war! Jetzt weiß ich, was Liebe ist. Sie ist schlicht und rein, ohne Pläne und totaler Festlegung der Zukunft bis in alle Einzelheiten.
Karoline dachte nach. Vielleicht lag Meta Baumberger nicht so falsch. Vielleicht werde ich den jungen Burschen mit den blonden Haaren nie wiedersehen. Dann kann ich nichts machen. Aber ich will für immer dankbar sein, daß ich diesen Augenblick erleben durfte. Es war, als hätten mir Engel die Tür zum Paradies geöffnet. Aus dem Türspalt fiel das Licht der Liebe heraus. Ich weiß jetzt, wie es sein soll, sein muß. Ich will Liebe, nur Liebe!
Frohen Herzens wanderte Karoline weiter. Sie hielt sich auf der Oberländer Alm nicht lange auf. Nach einer kurzen Rast schlug sie den Bergpfad hinauf zur Berghütte ein. Unterwegs kamen ihr einige Wanderer entgegen. Jeden sah sich Karoline genau an. Ihr Bursche, den sie suchte, war nicht dabei.
Karoline ließ sich viel Zeit. So erreichte sie gegen Mittag die Berghütte. Sie war voller Gäste. Toni und Anna servierten das Mittagessen. Der alte Alois saß auf einem Stuhl hinter dem Tresen und zapfte die Biere.
Sie begrüßten