Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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die Anna und ich auch Zeit für ein Schwätzchen.«

      »Das verstehe ich doch!«

      Statt sich auf die Terrasse zu setzen, machte sich Karoline frisch und ging in die Küche der Berghütte. Wortlos nahm sie eine der Schürzen vom Haken und band sie sich um. Sie lächelte Anna zu:

      »Sag nichts, Anna! Ich weiß selbst, daß ich Urlaub mache. Aber du weißt, wie sehr mir auch ein Leben hier gefallen würde. Also, es ist die pure Erholung für mich, wenn ich dir zur Hand gehen kann. Was kann ich tun?«

      Anna bat Karoline, Kartoffeln zu schälen. Karoline wußte Bescheid. Normalerweise schälten Anna und Toni nach dem Mittagessen die Kartoffeln für den Abend.

      »Das mache ich doch gern. Dabei kann ich auch nicht viel falsch machen. Du weißt, daß meine Kochkenntnisse doch eher bescheiden sind.«

      »Das ist doch nicht schlimm. Glaubst du, ich konnte so gut kochen, bevor ich an Tonis Seite zur Hüttenwirtin wurde? Statt mit Kochtöpfen und Pfannen jonglierte ich mit Aktienpaketen.«

      »Da kann auch etwas anbrennen oder verderben!« bemerkte Karoline.

      Die beiden Frauen lachten herzlich.

      Es dauerte dann wirklich noch ungefähr eine Stunde, bis es wieder ruhiger wurde. Die meisten Hüttengäste waren weitergewandert. Einige wenige saßen auf der Terrasse der Berghütte und sonnten sich. Anna und Toni setzten sich mit Karoline zusammen an den Küchentisch. Sie plauderten.

      »Wie lange willst du bleiben?« fragte Toni.

      »Am liebsten für immer! Das Leben in Waldkogel, inmitten der Berge ist so wunderbar. Ich fühle mich hier so glücklich. So glücklich, daß ich nie – nie mehr fortmöchte. Jetzt lacht nicht über mich! Aber auf dem Weg hier herauf, dachte ich, daß das Leben, das Schicksal – wer oder was auch immer – einen Fehler begangen hat. Ich bin falsch ausgeliefert worden! Ich gehöre nicht in die Stadt. Ich gehöre in die Berge. Das fühle ich hier drinnen.«

      Toni und Anna lächelten Karoline an.

      »Klingt verrückt, wie?« Karoline lachte laut. »Oder, wie ihr hier in den Bergen sagt: Des ist narrisch! Aber der Gedanke war plötzlich da. Wie kann das kommen, daß man sofort weiß, daß dies der Ort ist, der einen so glücklich macht? Ich fühle es hier drinnen!«

      Karoline legte die Hand auf ihre Brust.

      Anna sah sie voller Güte und Zustimmung an.

      »Ich verstehe dich! Ich kann es nachempfinden. Als ich damals zum ersten Mal mit Toni und Bello in den Bergen wanderte, da ergriff mich dieses Gefühl. Im Anfang wehrte ich mich noch dagegen. Doch schon auf dem Heimweg wußte ich, daß ich hierher gehöre. Die Berge, das war der Ort, die Heimat, die ich – vielleicht unbewußt – immer gesucht hatte. Da war ein Gefühl, daß ich angekommen bin, heimgekommen bin.«

      »Dann hast ein bissel Schicksal gespielt, daß ich – daß wir – zu unserer Berghütte gekommen sind.«

      Toni nahm Anna in den Arm und küßte sie.

      »Bist schon ein liebes Madl, du Flachlandindianerin!«

      Anna lachte. Sie wußte, daß Tonis Bemerkung, sie sei eine Flachlandindianerin, eine Liebeserklärung war.

      »Ach, ich möchte auch einmal so glücklich sein wie ihr!« seufzte Karoline.

      »Des wird schon, Madl! Oft sind dazu einige Umwege nötig. Du weißt ja, daß mich das Schicksal nach Norwegen geschickt hat, damit ich auf dem Heimweg im Zug meine Anna treffe. Dich hat es nach Waldkogel geschickt und dir einen blonden Burschen begegnen lassen!«

      »Oh, die Meta hat geplaudert!« rief Karoline laut.

      »Es bleibt aber in der Familie!« tröstete Anna sofort. »Sie hat sich nur erkundigt, ob sich bei uns ein junger Bursche einquartiert hat, der ganz hellblondes Haar hat.«

      Toni schüttelte den Kopf.

      »Die Anna und ich, wir haben die Tage schon überlegt, wer des sein könnte. Aber uns ist niemand eingefallen. Es muß also ein Tourist gewesen sein.«

      »Dann sehe ich ihn wahrscheinlich nie mehr wieder!« seufzte Karoline.

      »Naa! So darfst net denken, Madl! Wenn ihr füreinander bestimmt seid, dann kommt ihr auch zusammen. Des ist so! Des war bei mir und meiner lieben Anna auch so gewesen. Wie lange willst du also bleiben? Die Frage hast du noch net beantwortet.«

      Karoline erzählte, daß sie bis zum Wintersemester im Herbst Zeit hatte. Sie gestand, daß sie von Zuhause ohne Abschied abgereist sei. Sie sprach von ihren Ängsten. Sie redete davon, daß sie erst einmal herausfinden wollte, was sie selbst wollte.

      »Auf der einen Seite sind die Wünsche, die wohl jeder hat. Auf der anderen Seite der Münze ist die Wirklichkeit. Mußt fest daran glauben, daß die beiden Seiten verschmelzen können, Karoline. Bist auf dem besten Weg dazu«, bemerkte der alte Alois, der sich dazugesetzt hatte. »Als erstes ist es nur wichtig, wo du leben willst. Der Herrgott hat dem Menschen nur ein Leben geschenkt. Er läßt dir auch die Wahl, wo du leben willst, Karoline. Willst für immer in den Bergen bleiben? Oder willst irgendwann wieder heim? Du mußt darauf hören, was dir dein Herz sagen tut. Weißt, Madl, des Herz, des sagt dir genau, wo und wie du glücklich bist. Dann mußt du nur noch den Mut aufbringen, auch danach zu handeln!«

      Toni und Anna nickten dem alten Alois zu.

      »Jetzt bleibst erst mal einige Wochen. Dann wirst schon wissen, was zu tun ist«, riet ihr Toni.

      »Gehe in die Berge! Setze dich hin und lausche auf die Stimme deines Herzens. Mehr kann ich dir net sagen und niemand sonst auch net.«

      Toni hätte sich noch gern weiter mit Karoline unterhalten. Aber es kamen neue Hüttengäste an, um die er sich kümmern mußte. Karoline ging mit Anna in die Küche.

      *

      Der Tisch im Altenteil oder Austragshäuserl, wie man in den Bergen sagte, war nur für zwei gedeckt. Wilhelm Straubinger wusch sich die Hände und setzte sich. Seine Frau Traudel stellte das Essen auf den Tisch. Der Altbauer sprach das Tischgebet. Sie aßen.

      »Traudel, weißt du, was mit dem Gustl los ist? Er ist abends kaum noch daheim. Warum ist der immer im Wirtshaus? Außerdem hab’ ich festgestellt, daß er jeden Tag mit dem Jeep alle Straßen von Waldkogel abfährt. Meinst, der Bub ist krank?«

      »Willi, ich mache mir auch schon langsam Gedanken. Der Bursch’ ist sehr sonderbar in der letzten Zeit. Ich hab’ ihn schon gefragt, ob er einen Kummer hat. Doch da wäre nix, sagt er. Trotzdem muß den Bub was bedrücken.«

      »Er war immer so fröhlich!«

      »Genau des ist es, Willi! Vielleicht ist er bei uns auf dem Hof doch net so glücklich. Ich dachte mir schon, daß er vielleicht doch Heimweh hat.«

      Wilhelm Straubinger schüttelte den Kopf.

      »Naa, des denke ich net! Die Arbeit macht ihm Freud’. Er ist mit Leib und Seel’ Bauer. Außerdem ist es net weit bis Kirchwalden. Wenn er Heimweh hätte, könnte er schnell hinfahren. Dazu kommt, daß er ja andauernd nach Kirchwalden zum Einkaufen fährt. Da geht er bestimmt daheim vorbei. Naa, naa! Traudel, des kann’s net sein.«

      Sie aßen weiter.

      Durch die offenen Fenster schien die Abendsonne. Ein warmer Südwind wehte von den Bergen herab.

      »Vielleicht steckt ein Madl dahinter?« bemerkte Traudel Straubinger.

      Ihr Mann hielt im Essen inne. Er bekam große Augen.

      »Meinst wirklich? Mei, des wäre eine Freud! Ein Madl! Dann bringt der Bub uns vielleicht bald eine Braut auf den Hof und sie werden Kinder haben. Des wäre schön. Dann könnten wir sicher sein, daß die Zukunft des Hofes gesichert ist.«

      »Mache dir da net so viel Hoffnung, Willi. Es war nur eine Vermutung von mir. Erzählt hat der Bub nix. Bemerkt hab’ ich auch nix. Man sagt doch, daß junge Burschen, wenn sie verliebt sind, Flaschen von Rasierwasser verbrauchen.«


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