G.F. Barner 1 – Western. G.F. Barner

Читать онлайн книгу.

G.F. Barner 1 – Western - G.F. Barner


Скачать книгу
Holz polterte, Baumstämme bewegten sich. Irgend etwas traf seinen Rücken, lag jäh wie ein Berg auf ihm. Er sah nichts, obgleich er sich hastig über die Lider fuhr. Jemand schrie keine fünf Schritt rechts von ihm. Er schrie durchdringend und schrill, bis aus dem Schreien ein heulendes Jammern wurde.

      Weit hinter Clancy fiel noch ein Schuß. Das Gewicht lag über ihm, seine Hand tastete hoch. Es war Holz, das er fühlte, Borke, gegen die er sich zu stemmen versuchte.

      »Clancy, wo bist du? Clancy!«

      Großer Gott, ein Baumstamm, dachte Clancy entsetzt. Er rieb sich die Augen.

      Die Tränen liefen ihm über das Gesicht, bis sie soviel Sand herausgespült hatten, daß er wenigstens verschwommen sehen konnte.

      »Clancy!«

      »Hier«, sagte er mühsam. Er bekam kaum Luft, das Gewicht nahm noch zu und wollte ihm die Rippen eindrücken. »Hier, Floyd!«

      »Yeah, yeah. Clancy, wo denn?«

      Der Mann stieß nun kleine, schrille Schmerzensschreie aus. Er schrie ohne Unterlaß.

      »Hier, Floyd, hier!«

      Es polterte. Stiefel traten auf Holz. Dann berührte die Hand seine Schulter.

      »Rühr dich nicht, Clancy.«

      »Ich kann mich ja nicht rühren, Floyd. Bring den Stamm weg, schnell!«

      Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, bis das Gewicht fort war und das Gepolter verklang. Keuchend kam er in die Höhe, riß die Augen auf und sah nun besser. Aber was er sah, brachte ihn fast um den Verstand. Der ganze Stapel Baumstämme war ins Rutschen geraten. Seitlich an ihm lag ein Pferd, über dem ein Stamm quer ruhte. Der Stapel war nach rechts gerutscht, die Stämme gekollert, als das Pferd gegen sie geprallt war. Zwischen dem Holz ragte ein Arm hoch. Die Schreie kamen dorther, und die Hand zuckte bei jedem Schrei.

      Als Clancy sich umblickte, sah er Floyd stehen, den Baumstamm daneben. Floyd keuchte rasselnd, er hatte die Arme auf die Knie gestemmt.

      »Floyd, hast du – den – allein bewegt?« ächzte Clancy. »Den hast du doch nicht ohne Hilfe...«

      »Das war schwer«, sagte Floyd schnaufend. »Alle Teufel, war das Ding schwer. Wie der schreit, was? Das ist Ferris, Clancy. O’Mallon schoß auf den Gaul, und der sprang gegen die Stämme. Da liegt Long-Tom, du hast ihn noch erwischt.«

      Clancy wollte loshumpeln, knickte jedoch ein.

      »Mein Bein«, brummte er unwirsch, als Floyd auf ihn zustürzte. »Es kann nicht weiter schlimm sein, Junge. Stütz mich etwas, dann geht es schon.«

      Von drüben schrie O’Mallon, er hätte einen Toten und drei Verwundete. Ob sie ihm helfen könnten, die Kerle zu binden. Clancy humpelte, bis er sie liegen sah. Er hockte sich auf Bretter und sah auf sie hinab. Patty Chickens lag am Schuppen. Er war tot, während Jeff Skate stöhnte. Hooper wimmerte leise. Sein Gesicht sah im Schein der Laterne, die O’Mallon aus dem Schuppen geholt hatte, gelblich aus.

      Seine Hände hielt er auf die Hüfte gepreßt. George Paine war still und ohnmächtig.

      Als Clancy den Kopf hob, stand O’Mallon neben ihm. Das grobe Gesicht zeigte keine Regung.

      »Weißt du, wer ich bin?«

      O’Mallon sah auf Skate hinab. Der stöhnte nur einmal:

      »No.«

      »Ich«, sagte O’Mallon, und etwas in seiner Stimme erinnerte Clancy plötzlich an Kinsey. »Ich, mein Freund, bin Henry O’Mallon, Oberaufseher im

      State-Jail. Ich werde euch mitnehmen. Und ihr werdet auf dem Wagen, der dort hinten am Schuppen steht, darüber nachdenken können, ob ihr Halunken nicht besser hier gestorben wäret. Eines Tages, mein Freund, seid ihr gesund. Dann werden sie euch zu mir bringen. Ich werde am Tor stehen und euch empfangen, ich, Henry O’Mallon.«

      Er sagte es und spuckte aus. Danach half ihm Floyd, die drei Männer zu verbinden – damit sie ihm nicht doch noch starben, sagte O’Mallon grimmig.

      Clancy aber hockte auf den Brettern. Er riß das Hemd entzwei, das ihm June Crossils gegeben hatte. Es war das Hemd von Samuel Crossils, jenes Ranchers, dem er einmal geholfen hatte. Clancy dachte an die Crossils. Arme Leute, die ihm mehr Hilfe gegeben hatten als er ihnen. Er sah nur einmal hoch, weil Stacy wimmernd heranschwankte und Floyd ihn fluchend vor sich herjagte.

      »Ich habe ihn unter dem Gaul herausgezogen«, berichtete Floyd bissig. »Statt sich zu bedanken, wollte er mit der linken Hand sein Messer nach mir werfen, obwohl sein rechter Arm gebrochen ist und er vor Schmerz heulte. Jetzt heult er doppelt, Clancy. Sein linker Arm ist ausgekugelt. Will auf mich werfen, der Kerl. Gleich hole ich noch Ferris, wie?«

      Er ging davon und fluchte immer noch.

      Clancy verband sich den Beindurchschuß. Er dachte wieder an die Crossils. Und er wußte, daß er zu ihnen gehen und seinemVater schreiben würde.

      Ich werde nicht nachgeben, dachte Clancy bitter. Jahrelang habe ich gehorcht und getan, was er wollte. Aber er muß einsehen, daß es eine Grenze des Gehorsams gibt. Soll er mir mein Erbteil von Mutter auszahlen und sein Geld behalten. Soll er damit machen, was er will. Ich habe mich lange genug herumgetrieben, einmal ist damit Schluß.

      Die Crossils haben genug Land, aber zu wenig Vieh. Vielleicht baue ich auf ihrem Land irgendwo eine Ranch, wenn June mich haben will. Ein anderes Girl will ich nicht. Das wird Dad einsehen müssen, oder ich gehe nie mehr nach Hause. Soll er mit dem verdammten Geld selig werden, und mit seinem verdammten Dickschädel, soll er! Wahrscheinlich liest er in der Zeitung, was hier passiert ist, ehe er meinen Brief erhält. Es ist mir gleich, was er macht, es ist mir gleich.

      Es war ihm nicht gleich, aber er war nicht bereit, nachzugeben. Wenn es sein mußte, konnte er genauso dickköpfig sein wie der alte James C. Burton.

      »Clancy?«

      Clancy hob den Kopf. Floyd stand vor ihm, den Hut in der Hand.

      »Clancy, kommst du uns mal besuchen? Meine Mutter und meine Schwester – und mich?«

      »Sicher«, sagte er leise. »Sicher besuche ich euch, Floyd. Warum fragst du das, he?«

      Floyd sah ihn unsicher an.

      »Es ist doch vorbei«, murmelte er »Du wirst nach Hause gehen zu deinem Vater. Und dann ist alles anders. Sicher vergißt du es schnell, das Jail, die Zelle, die Lava...«

      »Nein«, antwortete Clancy düster. »Ich werde nichts vergessen, nichts, Floyd. Wir werden bleiben, was wir waren. Freunde in Ketten.«

      Clancy Burton schloß die Augen. Er wußte, er würde noch davon träumen, wenn er alt war. Manche Dinge vergaß ein Mann nie. Nie die Schellen, nie den Gleichschritt und niemals das Klirren der Ketten bei jedem Schritt. Und auch nie den Freund, der mit ihm diesen bitteren Weg gegangen war.

      *

      Das Mädchen sah hoch, als der Mann vor dem Haus anhielt. Sie war blond, schlank und braunäugig. Ihre Hände waren voller Seifenschaum. Und sie wischte sie hastig an der Schürze ab, ehe sie das Waschfaß verließ und den alten weißhaarigen Mann fragend ansah.

      Der Mann saß auf einem mittelmäßigen Pferd, das einen fleckigen alten Sattel trug. Er war groß, der Fremde, hielt sich etwas gebeugt und hatte einen abgeschabten Anzug am Leib.

      »Hallo«, sagte der alte Mann schnaufend. »Das ist doch hier die Ranch der Crossils, wie? Ich hörte, Sie verkaufen hier Pferde, Miß? Kann man hereinkommen?«

      »Sicher«, erwiderte sie freundlich. »Sie werden etwas warten müssen, Mister. Meine Eltern sind in der Stadt, mein Bruder ist mit Clancy auf der Weide. In zwei Stunden sind sie bestimmt hier. Kommen Sie nur herein. Möchten Sie einen Kaffee, Mister?«

      Er nickte, er humpelte etwas und reckte sich, ein alter Mann, der müde war. Man sah es ihm an. In der Küche setzte er sich bescheiden auf die saubere Bank und sah sich um. Er lächelte etwas, als sie fragte, wie viele Pferde er denn kaufen wollte.


Скачать книгу