G.F. Barner 1 – Western. G.F. Barner
Читать онлайн книгу.Hand fuhr zum Gürtel, riß das Messer heraus und jagte es in den Spalt.
Dann zog er die Stange zurück, setzte sie seitlich an und legte sich danach auf sie. Er sah, wie die Spitze der schweren Stange unter den Schließhaken fuhr. Langsam und knirschend glitt die oberste Winkelspitze des Hakens aus dem Holz. Durch die Tür ging ein Ruck, der Spalt wurde breiter. Jetzt sah man den Schloßriegel, und er setzte die Stange genau auf ihn. Dann drückte er gegen ihn.
Knack!
Ein scharfes Schnappen, dann war der Türschloßriegel fort, und der Mann stand in der aufschwingenden Tür. Ein viereckig wirkender Klotz, der vom Mondlicht beschienen wurde, reglos, drohend.
Als er losglitt, hatte Floyd das Gefühl, von zwei Händen gewürgt zu werden.
Jetzt kam er. Henry O’Mallon, der Mann, der noch jeden entsprungenen Sträfling erwischt hatte.
»Keinen Laut«, zischte O’Mallon. »Na, ihr Helden? Clancy, du Schlaukopf, liege still. Sie haben alles da, was ich brauche. Mit der Eisenstange wuchte ich den Haken aus den Bohlen, keine Sorge. Aber haltet die Ketten steif. Kein Klirren, verstanden? Wir müssen in den Schuppen. Dort ist ein Schraubstock. In den klemmen wir die Kastenschlösser. Mit der Stange breche ich jeden Schloßbügel auf. Die Schlüssel hat Paine, was? Dreh dich zur Seite, Mann, ich kann bei dem wenigen Licht schlecht sehen. Los, dreh dich schon. Oder meinst du, ich schaffe es allein, mit den Halunken fertig zu werden? Kannst mir ruhig helfen, Mister. Ah, da ist der Haken schon. Paß auf jetzt, der kommt aus dem Holz.«
Er redete, dabei hatte er eigentlich nie viel gesagt. Es kam Clancy vor, als grinste O’Mallon sogar.
»Ich breche ein Kettenschloß auf. Ich«, zischte O’Mallon. »Hätte nie gedacht, daß ich eines Tages jemand mit Gewalt eine Kette abnehmen müßte. Mann, ein paarmal war ich soweit, daß ich eingreifen und schießen wollte. Die Halunken kamen, als ich gerade dabei war, drüben am Wasserfall am Lasso hinabzuklettern. Sie sahen nur euch. Mein Glück, was? Dann verkroch ich mich im Loch unter dem Sägegatter. Als das Ding anlief, dachte ich, ich käme nie mehr heraus.«
»Dann... Mann, du hast alles gehört und gesehen? Und du hast nichts versucht?«
»Sollte ich?« fragte O’Mallon kalt. »Hätte ich die geringste Chance gegen die Burschen besessen, Mister?«
»Alle Teufel, hast du Nerven! Was ist mit Ferris?«
»Der rennt hierher, denke ich. Hoffentlich kommt er nicht zu schnell mit diesem Halunken Long-Tom zurück. Pack die Ketten, zieh sie straff, Clancy! Paine, der Hundesohn, hat einen leichten Schlaf. Der Kerl schläft wahrscheinlich gar nicht. Er ist nervös wie ein junger Hund, der keinen Baum finden kann. Hast du die Ketten?«
»Yeah!«
O’Mallon huschte zu Floyd, stieß ihn an.
»Na, du Unschuldslamm?«
Unschuldslamm, dachte Floyd. Großer Gott, wie oft haben sie das zu mir gesagt, und wie höhnisch und gemein. Klingt jetzt nicht mehr höhnisch, was?
Es klang anders. Es klang wie eine bittere, gallige Feststellung...
*
Es war wie ein Bild, dessen Anblick er nicht los wurde. Das Bild blieb, auch wenn er die Augen schloß, der Bandit George Paine. Er sah nur noch Geld. Er konnte tun, was er wollte, und er wußte, daß es ihn nicht schlafen lassen würde. Geld, Scheine, unendlich viele Scheine, hunderttausend Dollar. Die Gedanken kamen, obwohl er sich gegen sie sträubte. Das Geld – er würde es bekommen. Und was sollte er mit ihm anfangen, wenn er es hatte? Manchmal hatte er davon geträumt, reich zu werden. So reich wie die Carmichels, denen die Plantage gehört hatte, auf der sein Vater nur einer von vielen Aufsehern gewesen war. Ein Haus haben, wie die Carmichels es hatten, ein Haus mit Säulen vor dem Eingang. Einen Wagen und vier Pferde. Und dann durch die Straßen fahren, die Leute den Hut ziehen sehen.
Oder sollte er fortgehen nach Havanna de Cuba? Einmal hatte ihm jemand davon erzählt. Seitdem träumte er auch davon: Dort konnte er bis an das Ende seiner Tage sorglos leben. Die Frauen dort hatten eine braune Haut, wie Samt und Seide.
George Paine lag auf dem Rücken, die Augen weit offen. Er hielt es nicht aus, stillzuliegen und nur nachzudenken. Patty Chickens schnarchte sägend. Das Schnarchen machte Paine verrückt, die Gedanken kreisten um das Geld.
Ich muß gehen, dachte er. Und wenn ich mich draußen irgendwo hinlege, nur nicht hier drin bleiben. Hooper pfeift, wenn er den Atem ausstößt, Patty schnarcht wie ein Walroß, der verdammte Kerl.Was soll ich noch mit ihnen, wenn ich das Geld habe? Ich nehme nur Hooper mit. Und wenn wir das Geld haben, dann... Vielleicht nehme ich einen Stein wie bei diesem Narren, der plötzlich am Corral auftauchte und mich anglotzte, was?
Paine wälzte sich auf die Seite. Dann stand er auf. Die Unruhe ging nicht fort, wenn er auf dem Rücken lag und grübelte. Leise ging er los, öffnete die Tür und trat hinaus. Mondlicht griff nach ihm, sein Blick wanderte träge umher.
Im nächsten Moment erstarrte er, seine Augen weiteten sich vor Schreck.
Paine sah zur Hütte, auf die offene Tür. Eine Sekunde war es ihm, als wenn ihn ein Blitz träfe und ihn lähmte. Er stierte zur offenenTür. Das dunkle Loch des Eingangs gähnte ihm entgegen. Keine Spur von Carter, nichts zu sehen.
In ihm kroch das Grauen hoch. Seine Lider schlossen sich einen Moment, bis er sie wieder aufriß. Aber das Bild blieb. Die Hütte war offen. Er schrie nicht, als er begriff, was passiert sein mußte. Nur sein Blick wanderte langsam nach rechts. Einen fürchterlichen Augenblick lang hatte er das Gefühl, daß ein Gewehrlauf auf ihn zeigte. Durch seine Muskeln lief ein Zittern. Sie krampften sich zusammen, und dann sprang er. Er flog mit einem Satz in die Hütte zurück, erwartete das schmetternde Krachen zu hören. Aber es kam nichts. Alles blieb tot und still. Mit aufgerissenem Mund blieb Paine an der Wand des Schlafhauses stehen.
Hooper richtete sich auf, blinzelte, fuhr zusammen, als er Paines leichenblasses Gesicht sah.
Paine schrie auch jetzt noch nicht. Seine Stimme war ganz leise.
»Hooper«, keuchte Paine. Seine Stimme krächzte, der Schweiß brach ihm aus. »Hooper, ’raus aus dem Bett, Mann, wacht auf, schnell! Die Hütte, sie sind ausgebrochen, sie sind frei! ’raus, hört ihr nicht, ’raus mit euch!«
Er sah Hoopers Gesicht zu einer Fratze der Furcht werden, die flackernde Angst in Hoopers Augen. Jeff Skate fuhr auf der Pritsche herum, sein Mund öffnete sich, als wollte er schreien.
»’runter ducken, nicht so hoch,
daß sie durch die Fenster etwas sehen können!« ächzte Paine. »Stacy, Patty, ’raus, hinten ’raus, das Fenster auf! Sie sind los, sie haben es irgendwie geschafft herauszukommen und Carter erwischt. Sie haben seine Waffen. ‘raus, schnell!«
Er stürzte vorwärts, flog geduckt auf das hintere Fenster zu.
Langsam, dachte er und stierte zur Tür. Sein Revolver hob sich, sein Daumen hielt den Hammer fest. Er war bereit zu feuern. Hölle und Pest, dachte Paine, die Fenster vorn. Wenn sie sehen, daß wir auf sind und das Licht brennt – wir sind Zielscheiben für sie. ’raus, bloß ’raus hier!
Er hob den Riegel aus, schob sacht das Fenster auf, aber er zauderte hinauszublicken. Sie konnten schon hinter dem Schlafhaus sein. Wenn er den Kopf hinausstreckte...
»Licht aus«, zischte Paine, als er Stacy vor der Tür kauern sah und Skate zu ihm hetzte. »Lampe aus und still. Zielt auf die Fenster!«
Sie hockten zwischen den Pritschen und hinter dem Tisch. Sie warteten, bis das Licht erlosch. Paine hob den Kopf, sah blitzschnell nach draußen. Niemand war da, alles leer und still. Da wagte er es, stieg über das Fensterbrett, stand draußen und winkte:
»Kommt, schnell!«
Skate kam ihm zuerst nach, dann Patty Chickens. Als sie alle draußen waren, fünf Mann, huschte Paine nach links. Sein Blick flog von der Schlafhausecke zum Corral. Die Pferde standen dort; keins war fort.
»Wo?« keuchte Skate, seine