BAT Boy 2. C. A. Raaven

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BAT Boy 2 - C. A. Raaven


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zu befragen. Dann stieß er sich von der Tür ab und ging auf die Sitzgruppe zu, die vor dem Großbildfernseher stand. Dort ließ er sich in einen der bequemen Sessel fallen.

       Was machen wir denn jetzt, solange wir warten? Und wie lange wollen wir eigentlich warten?

      Nach einer kleinen Pause kam die Antwort: Ich glaube nicht, dass wir besonders lange warten müssen. Vielleicht ne Viertelstunde. Bis dahin können wir ja schon mal in deinem schicken Buch stöbern.

      In diesem Moment fiel Lucas etwas ein und er fragte: Kannst du eigentlich alles sehen, was ich sehe?

       Ja, solange du die Augen offen hast und dich nicht gerade auf etwas ganz anderes konzentrierst, nehme ich das wahr, was deine Augen sehen.

       Ähm, was meinst du denn mit konzentrieren?

       Na ja, als du vorhin total auf die Kupplung konzentriert warst, da hat alles zuerst geflackert und ist dann verblasst. Ich habe weder etwas gehört, noch gesehen. Ich schätze, wenn du es wolltest, dann könntest du mich komplett abschotten.

      Aha, machte Lucas. Dann fiel ihm ein, dass es letztens mit Ines genau so gewesen war und er ergänzte: Stimmt, das habe ich sogar schon mal gemacht.

      Na dann sollte ich dir wohl dankbar sein, dass du deine Sinne nach wie vor mit mir teilst, merkte sein Lehrer an.

      Mach dich nicht lächerlich, antwortete Lucas sofort. Warum sollte ich das denn nicht tun?

       Na, immerhin hast du mich ja noch bis gestern für nen Verbrecher gehalten – nen toten Verbrecher, um genau zu sein.

      Diese Aussage traf Lucas ziemlich, zumal sie seinen eigenen Gedanken von gestern genau entsprach.

      Oh, entschuldige, wenn ich irgendwie was Falsches gesagt habe, dachte Neumann.

       Äh, wieso?

       Du flackerst gerade.

      Das klang für Lucas so seltsam, dass er unwillkürlich lachen musste.

      So ist’s besser, dachte der Ältere erleichtert.

      Lucas holte das Buch aus dem Rucksack. Er schlug es ungefähr in der Mitte auf, denn er wusste noch, dass sich der Hinweis auf die Merger in der hinteren Hälfte befunden hatte. Ein Inhaltsverzeichnis gab es seltsamerweise nicht. Nach einigem Blättern stieß Lucas wieder auf den Hinweis, der sein Leben innerhalb des letzten Jahres ein weiteres Mal grundlegend geändert hatte. Von einem eigenartigen Gefühl ergriffen, las er erneut die Zeilen, in denen von bei manchen Gestaltwandlern angeblich vorhandenen Fähigkeiten, andere Lebewesen in sich aufzunehmen, deren Eigenschaften anzunehmen und sogar Mischwesen aus mehreren verschiedenen Organismen zu erschaffen die Rede war. Dann kam das Ende des Teils, den Lucas damals geradezu verschlungen hatte. Was folgte, hatte ihn zu dieser Zeit nicht wirklich interessiert. Er war nur von dem Wunsch beseelt gewesen, etwas über Möglichkeiten und Gefahren des Aufnahme- und Herauslöseprozesses zu erfahren. Beim Gedanken daran musste Lucas schmunzeln, denn inzwischen hätte er durchaus ein weiteres Kapitel zum Thema Gefahren beitragen können. Man konnte offensichtlich auch Teile des anderen Organismus in sich behalten, obwohl die Gestalt desselben bereits wieder hergestellt war. Freilich bekam das diesem anderen Wesen nicht besonders gut – vor allem, wenn man sich zu weit voneinander entfernte.

       Hey, Lucas. Schalt mal das Flackern ab. Ich kann nichts mehr erkennen.

      Ertappt schüttelte Lucas kurz den Kopf, um seine abschweifenden Gedanken zu vertreiben. Er wandte sich wieder dem Text zu. Nach zwei weiteren Seiten wollte Lucas gerade einen Blick auf seine Uhr werfen. Es gab immer noch keinen Hinweis auf etwas, das ihnen bei der Frage, ob man seinen Lehrer gefahrlos herauslösen könnte, geholfen hätte. Doch erneut wurde er von einem Stopp! in seinem Kopf gebremst.

       Schau doch bitte noch mal schnell ins Buch. Ich glaube, das könnte was sein.

      Lucas tat wie ihm geheißen. Auf der rechten Seite, direkt unter der Überschrift »Mythen und Legenden«, entdeckte er einen Unterpunkt, der mit dem Titel »Heiler« versehen war. Der darunter stehende Text sagte ihnen beiden sofort, dass sie hier auf etwas Wichtiges gestoßen waren.

      Auf den bisherigen Seiten haben wir uns zumindest noch in dem Bereich des Vampirismus bewegt, der durch wissenschaftliche Erkenntnisse – sollten sie sich auch auf noch so seltene Eigenschaften oder Fähigkeiten beziehen – belegt werden kann. Nun jedoch widmen wir uns einigen Gerüchten, die sich hartnäckig gehalten haben, obwohl bisher keinerlei Grundlage dafür gefunden werden konnte. Die Rede ist von besonderen Ausformungen der bereits in einem früheren Kapitel beschriebenen Merger oder Verbinder.

      Angeblich soll es in früheren Zeiten Personen gegeben haben, die nicht nur in der Lage waren, sich mit anderen Menschen zu verbinden, sondern diese auch von vielfältigen Leiden zu befreien. Sie taten dies mutmaßlich, indem sie – z.B. bei schweren Knochenbrüchen – nach einer erfolgreichen Verbindung den ursprünglichen Zustand des Aufgenommenen wiederherstellten. Zu erklären wäre dies grundsätzlich dadurch, dass Knochenbrüche sich nicht in den Erbinformationen der Gene widerspiegeln. Es soll auch Hinweise darauf gegeben haben, in denen der Heiler sogar defekte Gene dergestalt verändern konnte, dass angeborene Blindheit oder andere körperliche Behinderungen verschwanden. Ein Beweis solcher Fähigkeiten würde ein völlig neues Licht auf Vorgänge werfen, die bisher nur als Wunder zu bezeichnen waren.

      Lucas ließ das Buch sinken. Er keuchte auf. Hieß das etwa, dass …

       Ähm, Lucas? Da du schon wieder flackerst, nehme ich an, dass du etwas Ähnliches wie ich denkst.

      Kann sein. Selbst in Gedanken klang seine Stimme tonlos.

       Aber wir sollten jetzt besser aufbrechen, damit unser Zeitplan nicht komplett durcheinander kommt.

      Stimmt, bemerkte Lucas und erhob sich – froh über die Ablenkung. Er packte das Buch wieder zurück in den Rucksack, nicht ohne sich vorher die Seitenzahl, bei der er eben angekommen war, zu merken. Dann schulterte er den Beutel, griff sich den Helm und strebte auf die Tür zu. Als er seine Hand nach der Klinke ausstreckte, entfernte diese sich plötzlich und entzog sich so seinem Zugriff. Verständnislos starrte Lucas den Türgriff an, der mit einem Mal hinter etwas verschwand. Erst als er seinen Blick hob, stellte sich dieses Etwas als Gestalt von Ulrich Upuaut heraus. Dieser war mindestens ebenso erstaunt, direkt hinter der Tür auf jemanden zu treffen, wie Lucas es über den plötzlichen Rückzug der Klinke gewesen war. Einen Augenblick lang standen sich die beiden konsterniert gegenüber, dann lachten sie los.

      »Hallo Lucas. Frohes neues Jahr«, begrüßte ihn Upuaut.

      »Oh, danke Herr Upuaut. Für Sie auch«, gab Lucas den Gruß zurück. Einer plötzlichen Eingebung folgend, fügte er hinzu: »Ich hatte gehofft, Herrn Neumann hier anzutreffen, denn ich schleppe schon ewig den Helm mit mir herum, den er mir mal geborgt hat.«

      »Hmm, den habe ich schon eine Weile nicht mehr hier gesehen. Das sieht ihm eigentlich gar nicht ähnlich. Früher habe ich mal gedacht, dass er hier wohnt, weil er immer schon da war, wenn ich in die BAT kam«, erwiderte der stellvertretende Leiter der Akademie. »Und wenn gerade du nicht weißt, wo er ist, dann bin ich völlig ratlos. Du bist doch eigentlich fast immer mit ihm zusammen hier gewesen, seit du dabei bist.«

      Lucas brachte äußerlich ein schiefes Grinsen zustande. Innerlich fragte er sich das Gleiche, das auch sein Mentor dachte: Was soll das denn heißen?

      »Na dann werd ich mal …«, begann er, seinen Abgang vorzubereiten.

      »Oh ja, schönen Tag noch«, sagte der andere augenzwinkernd. »Ich hab auch noch ein paar wichtige Dinge zu erledigen.« Dabei wedelte er mit einer zusammengefalteten Ausgabe einer Boulevard-Zeitung. Als Lucas im Gehen aus dem Augenwinkel einen Blick auf den Teil der Hauptschlagzeile erhaschte, hätten ihm um ein Haar die Knie versagt. Er schaffte es jedoch, ein Pokerface zu bewahren, bis er draußen auf dem Gang war, und sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte.

      Froh


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