Die Gejagte. Grace Goodwin
Читать онлайн книгу.gebaut worden. Latiri 4 und Latiri 7, beide im Sektor 437 und unter Kommandant Karters Schutz, verkörperten seit Langem die Frontlinie dieses Krieges. Seit Jahren. Dieser Weltraumsektor war für den Versorgungstransport und als Ausgangspunkt zu mehreren bewohnten Planeten unerlässlich.
Die Koalitionsflotte konnte es sich nicht leisten, die Kontrolle über diesen Sektor zu verlieren. Also war diese unterirdische Basis errichtet worden, heimlich, als dieser Felsbrocken noch uns gehört hatte.
Und dann hatten wir sie reingelassen. Hatten wir die Hive glauben lassen, sie hätten unser Gebiet erobert.
In Wahrheit aber war es eine Falle, um hinter feindlichen Linien Informationen zu sammeln. Die Basis hatte fast ein Jahr gedient, um die Aktivitäten der Hive auszuspionieren. Das Wissen, das wir hier gewonnen hatten, hatte das Blatt langsam zu unserem Vorteil gewendet.
Bis vor etwa einer Woche, als wir von Hive-Soldaten und Drohnen überfallen und überrannt worden waren. Die Integrationseinheiten waren direkt hinter ihnen eingezogen und die Folter, der Tod und die Integration meiner Kumpels und Waffenbrüder hatte begonnen.
Der Nexus war am zweiten Tag eingetroffen. Seine Ankunft war das Ende der Elitejäger unter meinem Kommando. Wir wurden ausgesondert. Beiseitegestellt. Die Injektionen, die uns verabreicht wurden, machten das Werk der Hive für die Außenwelt unsichtbar.
Aber ich konnte spüren, was sie in meinem Inneren anrichteten. Die mikroskopisch kleine Technologie fraß sich wie ein Virus durch meine Zellen, sie brach Dinge auf und reparierte sie. Sie machte mich zu etwas anderem.
Ich hatte mitangesehen, wie sie diesen versteckten Zufluchtsort in eine Produktionsstätte für Hive-Soldaten umfunktioniert hatten und mich gefragt, warum niemand zu unserer Rettung kam.
Wie konnte es sein, dass das Schlachtschiff Karter nicht wusste, was hier passiert war? Wir mussten uns alle paar Tagen mit aktuellen Informationen bei der Koalition melden. Und ich saß seit acht Tagen in dieser Zelle fest.
Ich blinzelte benommen, als das Wummern der Transportfläche nachließ. Das Trio Vikenscher Drohnen vor meinen Augen erstarrte und richtete seine Waffen auf etwas, das ich nicht sehen konnte.
Ich rappelte mich auf und stützte mich an der Wand ab, um mich aufzurichten, dabei ignorierte ich den brennenden Schmerz in meinen Beinen. Von früheren Erfahrungen wusste ich, dass der Schmerz nachlassen würde, sobald ich wieder aufrecht stand.
“Der Transport wurde nicht genehmigt, Frau. Wo sind deine Wachen?” Der Chef des Trios sprach langsam und deutlich, als ob er ein paar Momente brauchte, um ihre Anwesenheit zu verarbeiten. Hatte er gerade Frau gesagt? Was hatte verdammt nochmal eine Frau hier zu suchen? Es gab zwar nicht wenige weibliche Koalitionskrieger, aber die wurden bei einer Gefangennahme woanders hingebracht. Nahm ich jedenfalls an, denn ich hatte keine einzige durch den Transportraum eintrudeln gesehen. Oder wieder hinausgehen sehen, ohne Kopf und Verstand und mit voll integrierten Körpern, um ihre ehemaligen Freunde und Verbündete zu bekämpfen.
Ich trat so nah wie möglich an die Energiebarriere und erstarrte. Ich lauschte. Das Energiefeld würde einem Atlanen im vollen Bestienmodus standhalten. Das wusste ich; ich hatte zugesehen, wie sich mehrere davon blutig geschlagen hatten, als sie versucht hatten, auszubrechen. Ich konnte die Barriere zwar nicht durchbrechen, aber ich konnte mich vorbereiten. Irgendetwas stimmte nicht. Irgendetwas fühlte sich … anders an und dabei handelte es sich nicht um das Gesumme in meinem Schädel. Alles, was die Hive aufmischte, war aus meiner Sicht gut.
Ich wartete auf die Antwort der unbekannten Frau, genau wie die drei Hive-Drohnen, die nebeneinander aufgereiht im Transportraum standen.
Statt eine Antwort zu bekommen wurden alle drei in rascher Folge mit Ionenschüssen ausgelöscht. Hatte sie sie getötet? War sie eine Kundschafterin vom Schlachtschiff Karter? Der erste Schlag eines ReCon-Teams? Hoffnung stieg mir zu Kopf und mir wurde schwindelig.
Sekunden später rannte eine Frau in einer seltsamen Panzerung hinter die Transportsteuerung, ihre Hände huschten so schnell über das Panel, dass ich mich anstrengen musste, um ihren Bewegungen zu folgen. Ich musste blinzeln. Sie war umwerfend. Langes, brünettes Haar, das zu einer einfachen Frisur zurückgezogen war, die ich noch nie gesehen hatte. Ihre Panzerung bedeckte jeden Zentimeter von ihr und saß wie eine zweite Haut, aber es war das Abzeichen an ihrer Brust, das mich schockte.
Ein Vizeadmiral? Allein?
Sollte das eine Art Witz sein?
Wer war diese Frau? Und warum war sie hier?
“Hallo! Hier drüben!” Ich rief ihr zu und seufzte erleichtert, als sie aufblickte. Sie drehte sich zu mir um und mir blieb die Luft weg, jede Zelle meines Körpers reagierte auf diese Frau vor mir. Ihr dunkelbrauner Blick bohrte sich in meinen wie ein Schlag in die Magengrube und alle Qualen, die ich in den letzten Tagen erlitten hatte, verpufften ins Nichts. Die Integrationen, die Folter, nichts davon war von Bedeutung. Das einzige, was mir jetzt noch etwas bedeutete, war sie. Ich musste überleben; nicht, damit ich auch nur einen weiteren Tag lang kämpfen konnte, sondern damit ich sie erobern konnte. Um meinen Schwanz tief in sie hineinzustecken, ihren Körper zu beherrschen, sie meinen Namen kreischen lassen. Ich hatte nie an Liebe auf den ersten Blick geglaubt, oder an Verpartnerungsprotokolle. Nicht einmal an die Markierung in meiner Hand. Ich hatte gesehen, wie andere Everianer ihre markierte Partnerin gefunden hatten und hatte die krasse Verbindung gesehen, die sie miteinander teilten, aber ich hatte es mir nie für mich so vorgestellt.
Meine Markierung fing nicht zu brennen an, sie flackerte nicht auf. Sie war also nicht meine markierte Partnerin. Aber das war kaum überraschend. Einer von hundert, wenn überhaupt, fand seine markierte Partnerin. Die meisten Everianer wählten ihre Gefährten nach denselben Maßstäben wie auf vielen anderen Welten auch; Anziehung, Respekt, Gemeinsamkeiten.
Verlangen. Die wenig greifbare Verbindung zwischen Liebenden. Diese Frau mochte zwar nicht meine markierte Partnerin sein … aber sie würde mir gehören.
Ich hatte mich vor einiger Zeit testen lassen. Und jeder Tag der verstrich, ohne das meine interstellare Braut eingetroffen war, hatte mir bewiesen, dass ich richtig lag. So etwas wie die perfekte Frau gab es nicht. Zumindest nicht für mich.
Jedenfalls nicht bis jetzt, bis ich sie erblickt hatte. Scheiße. Sie.
Ich dachte, sie würde zu meiner Zelle eilen und mich befreien. Stattdessen neigte sie den Kopf zur Seite; wahrscheinlich hörte sie dasselbe wie ich—noch mehr Hive-Soldaten, die durch die Gänge gerannt kamen. War sie eine Everianerin? Ein Mensch? Vike? Definitiv keine Atlanin. Von hier aus konnte ich es einfach nicht erkennen, nicht, ohne sie aus der Nähe zu sehen, sie zu berühren, ihre Haut zu riechen. Und die verfluchte Energiebarriere verhinderte genau das.
Sie machte sich wieder an der Transportsteuerung zu schaffen.
“Stopp. Sie kommen!” warnte ich. Ich schloss meine Augen und zählte die Schritte. “Es sind nochmal drei. Schwer.” Die Schritte wurden immer lauter, als größere, langsamere Kreaturen sich auf uns zu bewegten. Es musste sich entweder um Prillonen oder Atlanen handeln, die zu Kampfmaschinen der Hive integriert worden waren. Ich wusste, dass der Feind seine gefährlichsten Krieger in diesem Bereich unterbrachte, aber die Atlanischen Gefangenen waren auch auf dieser Etage und es brauchte eine Bestie, um gegen eine andere Bestie zu kämpfen. Die leichteren, schnelleren Soldaten wurden eine Etage drüber untergebracht oder bewachten die Landedecks. Mit einem Angriff so tief in der Basis hatten sie nicht gerechnet. Ich ebenfalls nicht.
War das überhaupt ein Angriff? Eine einzelne Frau rechtfertigte kaum einen größeren Gegenschlag. Allerdings hatte sie gerade eben drei ihrer Soldaten ausgeschaltet.
Die Hive hatten sich geirrt, wenn die gedacht hatten, dass sie hier sicher wären. Genau wie wir. Und ich würde ihnen die Hölle heiß machen, sollte ich je aus dieser Zelle rauskommen.
Die Frau ignorierte mich, also brüllte ich erneut: “Hier drüben! Du musst das Energiefeld von meiner Zelle deaktivieren! Ich kann helfen.”
Das ließ sie aufhorchen. Sie beugte sich runter und riss einem der toten Hive die