Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant

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Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant


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dich; kann an nichts an­de­res den­ken, als an dich. Ich kann über­haupt nicht mehr se­hen, ohne dich vor mei­nen Au­gen zu ha­ben, ich wage kein Wort mehr aus­zu­spre­chen, aus Furcht, ich könn­te dei­nen Na­men laut sa­gen. Du kannst das gar nicht be­grei­fen! Ich habe das Ge­fühl, als hiel­test du mich in dei­nen Kral­len ge­fan­gen, als hät­te man mich in einen Sack hin­ein­ge­näht. Ich kann es dir gar nicht er­klä­ren. Der boh­ren­de Ge­dan­ke an dich, der mich nie ver­lässt, würgt mich an der Keh­le. Er zer­reißt mir in­nen et­was, un­ter mei­ner Brust, er zer­schlägt und lahmt mir die Bei­ne, dass ich kaum ge­hen kann. Ich blei­be stumpf­sin­nig wie ein Tier den gan­zen Tag auf dem Ses­sel lie­gen und den­ke an dich.«

      Er sah sie er­staunt an. Es war nicht das di­cke, halb­ver­rück­te Schul­mäd­chen von vor­hin, es war eine Frau, die kopf­los und ver­zwei­felt zu al­lem fä­hig war. Ein un­be­stimm­ter Plan ent­wi­ckel­te sich in­zwi­schen in sei­nem Hirn. Er ant­wor­te­te:

      »Mei­ne Ver­ehr­tes­te, die Lie­be währt nicht ewig. Man um­armt sich und geht dann aus­ein­an­der. Wenn es aber so lan­ge dau­ert wie zwi­schen uns, dann wird sie zu ei­ner schreck­li­chen Last. Und das will ich nicht. Das ist die Wahr­heit. Doch, wenn du im­stan­de bist, ver­nünf­tig zu sein und mich als Freund zu be­han­deln und zu emp­fan­gen, dann will ich gern wie­der­kom­men. Fühlst du dich stark ge­nug dazu?«

      Sie leg­te ihre bei­den nack­ten Arme auf Ge­or­ges Frack und flüs­ter­te:

      »Ich bin zu al­lem fä­hig, wenn ich dich nur se­hen darf.«

      »Dann also ab­ge­macht,« sag­te er, »wir sind gute Freun­de und wei­ter nichts.«

      Sie stam­mel­te:

      »Gut, ab­ge­macht.«

      Dann hielt sie ihm ihre Lip­pen hin.

      »Noch einen Kuss … den letz­ten.«

      Er wies sie sanft zu­rück.

      »Nein, wir müs­sen bei un­se­rem Ab­kom­men blei­ben.«

      Sie wand­te sich ab und trock­ne­te ihre Trä­nen. Dann zog sie aus dem Aus­schnitt ih­res Klei­des ein Päck­chen Pa­pier, das mit ei­nem rosa Sei­den­bänd­chen ver­schnürt war und reich­te es Du Roy.

      »Hier. Das ist dein An­teil am Ver­dienst an dem Marok­ko­ge­schäft. Ich war so glück­lich, dass ich es für dich ge­won­nen hat­te. Nimm es doch.

      Er woll­te es ab­leh­nen.

      »Nein, ich kann die­ses Geld nicht an­neh­men.«

      Sie pro­tes­tier­te:

      »Ah, jetzt willst du das auch nicht mehr tun! Es ist dein Geld, es ge­hört nur dir. Wenn du es nicht nimmst, wer­fe ich es in ir­gend­ei­nen Ab­fluss. Du wirst mir das nicht: an­tun, nicht wahr, Ge­or­ges?«

      Er nahm das klei­ne Pa­ket und ließ es in sei­ne Ta­sche ver­schwin­den.

      »Wir müs­sen zu­rück,« sag­te er, »du holst dir sonst noch eine Lun­gen­ent­zün­dung,«

      »Umso bes­ser!« mur­mel­te sie. »Wenn ich nur ster­ben könn­te!«

      Sie er­griff sei­ne Hand und küss­te sie lei­den­schaft­lich, ra­send und ver­zwei­felt. Dann stürz­te sie ins Haus zu­rück.

      Er folg­te ihr lang­sam und nach­denk­lich. Dann trat er stolz und lä­chelnd in den Win­ter­gar­ten ein.

      Sei­ne Frau und Lar­oche wa­ren nicht mehr da. Sehr viel Gäs­te wa­ren schon fort. Of­fen­bar woll­ten die meis­ten nicht zum Ball blei­ben. Er sah Suzan­ne, die Arm in Arm mit ih­rer Schwes­ter ging. Sie tra­ten an ihn her­an und ba­ten ihn alle bei­de, die ers­te Qua­dril­le mit dem Gra­fen de La­tour-Yve­lin zu tan­zen. Er war über­rascht.

      »Wer ist denn das nun wie­der?«

      »Es ist ein neu­er Freund mei­ner Schwes­ter«, sag­te Suzan­ne hin­ter­lis­tig.

      Rose wur­de rot und mur­mel­te:

      »Du bist bos­haft, Su­zet­te, die­ser Herr ist ge­nau so mein Freund wie der dei­ne.«

      Die an­de­re lä­chel­te:

      »Das wis­sen wir schon.«

      Rose wur­de wü­tend, wand­te ih­nen den Rücken und ging fort. Du Roy nahm ver­trau­lich das jun­ge Mäd­chen, das ne­ben ihm stand, am Arm und sag­te mit zärt­li­cher Stim­me:

      »Hö­ren Sie, mei­ne lie­be Klei­ne, hal­ten Sie mich wirk­lich für Ihren Freund?«

      »Aber ge­wiss, Bel-Ami.«

      »Ha­ben Sie Ver­trau­en zu mir.«

      »Un­be­dingt.«

      »Ent­sin­nen Sie sich des­sen, was ich Ih­nen vor­hin ge­sagt habe?«

      »Aber, was denn?«

      »Über Ihre Hei­rat oder viel­mehr über den Mann, den Sie hei­ra­ten wer­den.«

      »Ja.«

      »Nun, wol­len Sie mir et­was ver­spre­chen?«

      »Ja, was denn?«

      »Mich je­des Mal um Rat zu fra­gen, wenn je­mand um Ihre Hand an­hält, und nie­man­dem Ihr Wort zu ge­ben, ehe Sie mich ge­spro­chen ha­ben.«

      »Ja, das will ich tun.«

      »Und das bleibt un­ter uns. Kein Wort da­von we­der zu Ihrem Va­ter noch zu Ih­rer Mut­ter.«

      »Kein Wort.«

      »Sie schwö­ren es?«

      »Ich schwö­re.«

      Ri­val er­schi­en auf­ge­regt und sprach mit wich­ti­ger Mie­ne:

      »Gnä­di­ges Fräu­lein, Ihr Papa sucht Sie für den Ball.«

      Sie sag­te:

      »Kom­men Sie mit, Bel-Ami.«

      Aber er wei­ger­te sich, fest ent­schlos­sen, so­fort nach Hau­se zu ge­hen. Er woll­te al­lein sein, um den­ken zu kön­nen. Zu viel neue Din­ge gin­gen ihm durch den Kopf und er such­te nach sei­ner Frau. Nach kur­z­er Zeit er­blick­te er sie, sie stand am Bü­fett und trank Scho­ko­la­de mit zwei un­be­kann­ten Her­ren. Sie stell­te ih­ren Mann vor, ohne die Na­men der bei­den zu nen­nen.

      Nach ein paar Au­gen­bli­cken frag­te er:

      »Ge­hen wir?«

      »Wie du willst.«

      Sie nahm ihn beim Arm und sie schrit­ten durch die Säle, die schon ziem­lich leer wa­ren.

      Sie frag­te:

      »Wo ist Frau Wal­ter? Ich möch­te mich von ihr ver­ab­schie­den.«

      »Lie­ber nicht. Sie wird dar­auf be­ste­hen, dass wir zum Ball blei­ben und ich habe ge­nug.«

      »Das ist wahr, du hast recht.«

      Wäh­rend sie nach Hau­se fuh­ren, sa­ßen sie schwei­gend ne­ben­ein­an­der, doch so­bald sie in ih­rem Zim­mer wa­ren, sag­te Ma­de­lei­ne lä­chelnd, noch be­vor sie ih­ren Schlei­er ab­ge­legt hat­te:

      »Du weißt es noch nicht; ich habe eine Über­ra­schung für dich.«

      Er brumm­te lau­nisch:

      »Was denn?«

      »Rate mal.«

      »Nein, das ist mir zu an­stren­gend.«

      »Also, über­mor­gen


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