Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
Читать онлайн книгу.machte auch Papa Simon, der sich gerade mit dem Spaten auf der Schulter zum Küchengarten begab, einen Augenblick Halt, um die Arbeit zu betrachten. Da die Nachricht von der Ankunft Batailles selbst bis zu den beiden Pachthöfen gedrungen war, so erschienen auch bald die beiden Pächtersfrauen. Sie standen ausser sich vor Entzücken zu beiden Seiten der Baronin.
»Nein, welche Kunst das erfordert, um diese zierlichen Schnörkeleien fertig zu bringen« wiederholten sie unaufhörlich.
Selbstredend dauerte es bis zum anderen Morgen gegen elf Uhr, bis die Schilder auf beiden Schlägen vollendet waren. Alle Welt war schliesslich dabei zugegen, und man zog die Kalesche heraus, um sie bewundern zu können, als alles fertig war,
Man beglückwünschte Bataille, der bald darauf, seinen Kasten auf dem Rücken, wieder seines Weges zog. Der Baron und seine Frau, Julius und Johanna waren darin einig, dass der Maler ein Mann von ganz ausserordentlichen Talenten sei und es unter anderen Umständen gewiss zu einem großen Künstler gebracht hätte.
Julius hatte aus Sparsamkeits-Rücksichten eine Menge Reformen eingeführt, welche jetzt wieder weitere Veränderungen notwendig machten.
Der alte Kutscher war Gärtner geworden, da der Vicomte selbst die Zügel zu führen pflegte. Die Kutschpferde waren verkauft, um sie nicht unnötig füttern zu müssen. Damit aber jemand die Zügel hielt, wenn die Herrschaft abgestiegen war, so hatte Julius einen kleinen Viehjungen Namens Marius zum Diener ausgebildet.
Um aber ein paar Pferde zur Hand zu haben, hatte er in den Pachtvertrag der Couillard und Martin eine besondere Klausel eingefügt, wonach die beiden Pächter verpflichtet waren, einmal im Monat an einem von ihm zu bestimmenden Tage jeder ein Pferd zu stellen, wofür sie von der Lieferung von Geflügel befreit waren.
Nachdem die Couillards eine große braune Stute und die Martins einen kleinen zottigen Schimmel herbeigebracht hatten, wurden die beiden Tiere zusammengespannt. Marius, den man in eine alte Livree des Papa Simon gesteckt hatte, fuhr dieses seltsame Gefährt vor die Rampe des Schlosses.
Julius hatte in seinem guten Anzug mit seiner schlanken Taille in etwas seine einstige Eleganz wiedergefunden; aber sein langer Bart verlieh ihm trotzdem ein gewöhnliches Aussehen.
Er betrachtete das Geschirr, den Wagen, sowie den kleinen Diener, und schien von seiner Prüfung befriedigt. Für ihn hatte vor allem nur das neue Wappen Bedeutung.
Die Baronin, welche am Arme ihres Gatten die Treppe herabgekommen war, stieg mühsam ein, und nahm, eine Menge Kissen im Rücken, Platz. Johanna erschien gleichfalls. Anfangs lachte sie über die Zusammenstellung der beiden Pferde; der Schimmel, behauptete sie, sähe aus, wie das Kind der braunen Stute. Dann bemerkte sie Marius, dessen Kopf unter dem betressten Hute verschwand; nur die Nase hinderte denselben, noch tiefer zu sinken, während seine Hände von den viel zu langen Ärmeln vollständig verdeckt wurden. Seine Beine waren fast unsichtbar unter den langen Schössen der Livree, unter denen die Füsse in enorme Stiefel gesteckt, seltsam hervorragten. Als sie sah, wie er den Kopf zurückbog, um sehen zu können, wie er beim Gehen das Knie beugte und die Füsse hob, als wollte er einen Bach überschreiten, oder wie ein Vogel, der zum Fliegen ansetzt, ganz versunken und verloren in seiner weiten Bekleidung, brach sie in ein unwiderstehliches endloses Gelächter aus.
Der Baron wandte sich um, sah sich den bestürzten kleinen Mann an, und wurde derartig von Johanna’s Gelächter angesteckt, dass er kaum sprechen konnte, während er seiner Frau zurief:
»Sieh, sieh nur den Ma-Ma-Marius an! Ist das komisch! Nein, sieht der komisch aus!«
Nun wurde auch die Baronin, welche sich zum Schlage herauslehnte und den Jungen betrachtete, von einem solchen Lachanfall ergriffen, dass die Kalesche auf den Federn hin und hertanzte, als würde sie durch heftige Stösse erschüttert.
»Was habt ihr denn so zu lachen? Ihr müsst rein närrisch geworden sein,« fragte Julius jetzt kreidebleich vor Ärger.
Johanna, ordentlich krank vor Lachen und unfähig, sich wieder zu beruhigen, setzte sich auf eine Treppenstufe; der Baron tat desgleichen. Aus der Kalesche verkündete krampfhaftes Kichern, verbunden mit einer Art kollerndem Geräusch, dass die Baronin beinahe erstickte. Jetzt fing es plötzlich unter Marius Mantel auch an zu zucken; er hatte ohne Zweifel die Ursache des allgemeinen Gelächters begriffen und lachte in seiner Umhüllung aus Leibeskräften mit.
Julius stürzte zornig vor. Mit einer kräftigen Ohrfeige schleuderte er den betressten Hut vom Haupte des Jungen, dass er bis auf den Rasen flog.
»Mir scheint,« wandte er sich hierauf mit zornbebender Stimme an seinen Schwiegervater, »Sie hätten den wenigsten Grund zum Lachen. Es wäre nicht soweit mit uns gekommen, wenn sie nicht Ihr Vermögen verschleudert und unsere Mitgift aufgezehrt hätten. Wer trägt denn die Schuld an diesem Vorfall?«
Alle Heiterkeit war sofort wie von einem eisigen Winde fortgeblasen; niemand sprach mehr ein Wort. Johanna, der die Tränen in den Augen standen, stieg still zu ihrer Mutter ein. Der Baron setzte sich überrascht und sprachlos den Damen gegenüber. Julius schwang sich auf den Bock und zog den heulenden Burschen zu sich herauf, dessen Backe angeschwollen war.
Der Weg war langweilig und schien sich endlos auszudehnen. Im Wagen herrschte Schweigen. Verstimmt und verlegen, wie sie alle drei waren, wollte doch keines dem anderen zugestehen, was ihre Herzen beschäftigte. Aber sie fühlten, dass es ihnen unmöglich gewesen wäre, von anderen Dingen zu sprechen; so sehr hielten ihre traurigen Gedanken sie befangen. Sie wollten daher lieber ganz schweigen, als dieses unliebsame Thema berühren.
Die Kalesche fuhr in dem unegalen Trab der beiden Gäule über die Höfe der beiden Pächterwohnungen. Hier und da stoben einige schwarze Hühner erschreckt auseinander und verschwanden in der Hecke; ein Wolfshund verfolgte bellend den Wagen, sprang dann wieder nach seiner Strohhütte zurück und wandte sich abermals um, um dem . Wagen nachzubellen. Ein Bursche, der in schmutzigen Holzschuhen mit schlotterigen Knien, die Hände tief in den Hosen, seines Weges ging, während der Wind ihm den blauen Kittel im Rücken aufblähte sprang zur Seite, um den Wagen vorüberzulassen. Linkisch zog er seine Mütze und zeigte seine schlicht am Kopfe anliegenden Haare.
So fuhren sie an einem Pachthofe nach dem anderen