Es darf gelacht werden Von Männern ohne Nerven und Vätern der Klamotte. Norbert Aping
Читать онлайн книгу.dass die TV-Zuschauer der Sendung «offenbar keinen Geschmack abgewinnen» konnten. Als das Regionalprogramm des WDR die GEFILMTE ENZYKLOPÄDIE fallen ließ, erholte sich das CINEMATOGRAPHEN-THEATER in der Wertschätzung der Zuschauer etwas. Aber auch die Folge mit den Filmen WIE DIE ERSTEN MENSCHEN und DER VERHINDERTE AKROBAT kam über den Urteils-Index von +3 nicht hinaus. Der erste Streifen handelt von der Partnersuche in der Steinzeit und dem brachialen Eifersuchtsstreit der Herren der Schöpfung um die Damenwelt. Das ist Laurel und Hardys FLYING ELEPHANTS (1927). DER VERHINDERTE AKROBAT sollte ein Film von David Wark Griffith mit Buster Keaton in der Hauptrolle als schüchterner Uhrmacher sein, der eine Kundin in den Zirkus ausführt, wo sie sich in einen Artisten verliebt. Zum Schluss rettet der Hauptdarsteller die Dame aus Feuersnot und verfehlt beim Sprung aus dem Inferno das Sprungtuch. Das lässt ihm das Herz der Angebeteten zufliegen. Keaton hat allerdings mit Griffith keinen Film gedreht, sondern mit seinem Spielfilm THE THREE AGES (1923) Griffiths INTOLERANCE (1916) parodiert. Nach der kurzen Beschreibung im Infratest-Bericht wurde vielmehr ein Ausschnitt aus Keatons Educational-Zweiakter ALLEZ OOP von 1934 gezeigt, der womöglich mit Szenen aus Keatons weiteren Zweiaktern THE TIMID YOUNG MAN (1935) oder THE CHEMIST (1936) versetzt worden ist. Laut Infratest wurde der angebliche Keaton-Film, der die Lachmuskeln der Zuschauer gereizt hatte, deutlich besser bewertet als Laurel und Hardys Steinzeit-Amouren. Manche Zuschauer wussten danach nicht, ob WIE DIE ERSTEN MENSCHEN zum Lachen war oder sie belehrt werden sollten. Infratest vermutete, dass diese «Dinge […] wohl schon zu weit zurück[liegen], als dass sie in der Erinnerung lebendig wären, oder dass es überhaupt noch eine größere Zahl von Fernsehzuschauern gibt, die Gelegenheit hatten, diese Filme in der Zeit zu sehen, als sie die Menschen in die Kinos lockten.»
Die restlichen Folgen des CINEMATOGRAPHEN-THEATERS haben wohl überwiegend aus Ausschnitten dramatischer Filme, Western und stummen Serials bestanden. Der Klassiker THE PHANTOM OF THE OPERA (1925) mit Lon Chaney Sr. ist fraglos kein Slapstickfilm. DIE ZUKUNFT LIEGT IN DER LUFT (1912) ist ein Drama um einen Doppeldecker-Piloten. Beide Streifen kamen nicht an. «Wenn schon alte Filme, dann bessere!», hieß es aus dem Zuschauerkreis. Und Infratest kommentierte: «Nach der Meinung der Zuschauer könnte das CINEMATOGRAPHEN-THEATER die Pforten schließen, ohne dass eine größere Zahl von ihnen das sehr bedauern würde.» Allein noch DURCH DICK UND DÜNN mit Mack Sennett und angeblich Dale Hamelson [gemeint: Hale Hamilton?] als Landstreichern war eine Groteske. Der Film handelt von zwei Landstreichern, die Wind davon bekommen, dass ein Herr Gracegertel einen reichen Zeitgenossen besuchen will. Einer der beiden Hobos gibt sich als Gracegertel aus, während sein Kumpane sich im Haus des Reichen versteckt. Der Schwindel fliegt natürlich auf. Dies ist COMRADES (1911), der erste Slapstickfilm, in dem Mack Sennett als Regisseur genannt wurde. Den anderen Tramp spielte darin Jack Dillon. In derselben Folge des CINEMATOGRAPHEN-THEATERS war DICKE LUFT zu sehen, eine Spionage-Story um einen Testpiloten und einen Saboteur, der einen Fabrikschornstein sprengt. Auch danach blieb die Gefolgschaft der Serie gering, vor allem im WDR-Sendebereich des einwohnerreichsten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. In der letzten Folge der Serie, die jedenfalls am 18. August 1959 im Regionalprogramm des WDR gesendet (wiederholt?) wurde, gab es in DAS MÄDCHEN UND IHR SCHATZ eine wilde Verfolgungs- und Rettungsjagd um einen Eisenbahn-Goldraub mit Entführung. In DAS DICKE ENDE befreit ein Sheriff seine Angebetete aus den Fängen eines Postkutschenräubers und gewinnt dadurch ihr Herz. Nach den von Infratest gesammelten Zuschauerreaktionen reichten die Meinungen für diese Kombination von «hat mir gefallen» und «man kann Erinnerungen gut auffrischen» über «miserabel», «Kitsch» und «olle Kamellen» bis zum Resümee: «Was damals für die Großeltern spannend war, kann uns heute zum großen Teil nur noch ein müdes Lächeln abgewinnen.» Damit hatte die Bayerische Werbefunk GmbH die Zuschauer beim Wort genommen und das CINEMATOGRAPHEN-THEATER eingestellt. Andere Regionalprogramme wie das des WDR und des SR sendeten die Serie noch bis zum 29. September 1959 bzw. sporadisch bis zum 23. August 1960.
Außer Urteils-Indizes hatte das Werbefernsehen damals noch nicht die Erhebung von Einschaltquoten für die Unterhaltungssendungen bei Infratest in Auftrag gegeben. Vermutlich wären sie für das CINEMATOGRAPHEN-THEATER nicht überwältigend gewesen. Mit der belehrenden GEFILMTEN ENZYKLOPÄDIE und ihrem Bildungsanspruch als Anhängsel hatte man ohne Not Zuschauer vergrault. Die französischen Produzenten haben ihr auf Jahrzehnte angelegtes Projekt wohl auch so schnell aufgegeben wie einst Joachim Ringelnatz’ Ameisen ihre Weltreise von Hamburg nach Australien gleich nach dem Start. Ob das CINEMATOGRAPHEN-THEATER nicht zuletzt an dem Spagat zwischen dramatischen Streifen und stummen Slapstickfilmen scheiterte, lässt sich nur vermuten. Womöglich hat der Serie ein Erklärer von Werner Schwiers Format gefehlt, der die persiflierenden Kommentare so verschmitzt sprach wie 1957 zu JUNGDEUTSCHLAND AUF GELÄNDEÜBUNG in CHARLIE CHAPLINS LACHPARADE. Nach diesem wenig verheißungsvollen bundesdeutschen Start in die Welt des Slapsticks machte das WWF sich selbst ans Werk und startete Ende Oktober 1959 die Serie
COMEDY CAPERS
DF1 – Cine Comedy 1997–1998. 69 Folgen, 28.3.1997–13.6.1998
P Beta Film, München, für DF1; Deutsche Titelkarten: Beta Technik, München-Unterföhring; B/M/MR Jack Saunders; S Stuart Hersh; L Phyllis Brandell Saunders; Sp (Vorspann): ?; Z ?
Der deutsche Medienmogul Leo Kirch war nicht nur treibende Feder des Privatfernsehens in der Bundesrepublik Deutschland gewesen, er gründete 1991 mit Teilhabern auch den Sender Premiere, für dessen Programm die Zuschauer gesondert zahlen mussten. Premiere kam nie aus den roten Zahlen heraus. Nach Auseinandersetzungen unter den Teilhabern lancierte Kirch Mitte 1996 in der KirchGruppe den ersten deutschen digitalen Bezahlsender DF1. Dessen Programm konnte mit einem Decoder, der d-box, empfangen werden. Auf dem Umweg über DF1 wollte Kirch Premiere in seine Hand bekommen, indem er beide Sender zusammenführte, nachdem er zuvor bereits erfolglos versucht hatte, die anderen Mitgesellschafter herauszukaufen. Als die Europäische Union die geplante Fusion von Premiere und DF1 untersagte, gelang es Kirch schließlich, die übrigen Premiere-Anteile zu erwerben. Im Oktober 1999 wurde aus DF1 der Abonnement-Sender Premiere World, der 2002 wieder Premiere hieß.
DF1 hatte zeitweilig 33 Kanäle. 1997 waren es noch 19, und zu ihnen gehörte Cine Comedy – Spaß und Witz für die ganze Familie. Als Inhaber der europäischen Aufführungsrechte von Jack Saunders’ COMEDY CAPERS hatte Kirch von 1961 bis 1981 über Beta Film zahlreiche Folgen der Serie an verschiedene Landesrundfunkanstalten geliefert. Nur 1965 und 1966 waren einige Folgen unter ihrem eigenen Seriennamen im
Der Werbeprospekt der KirchGruppe für die Serie aus dem Jahr 1985 hatte hervorgehoben, dass sich internationale Fassungen von ihr mit geringem Aufwand herstellen ließen. Nur die Episodentitel und die sehr wenigen Zwischentitel brauchten auf neuen Textkarten landessprachlich gestaltet zu werden. So geschah es auch mit der deutschen Fassung und die Gefahr unzutreffender Übersetzungen war gering. Zum Beispiel wurde in der Startfolge Saunders’ Titel ARABIAN DAZE zwar vage mit ARABISCHE ZEITEN übersetzt. Das passte aber immer noch auf den dahinter stehenden Ben-Turpin-Film A HAREM KNIGHT (1926). Für die Ausstrahlung der Folge OLIVER HARDY IN DER FAMILIENAUSFLUG (THE FAMILY OUTING = GOOD MORNING, NURSE!, 1926) wurden allerdings Marvin Loback und Hardy miteinander verwechselt. Denn nur Loback hatte in dem Ralph-Graves-Streifen aus Mack Sennetts Produktion mitgespielt. Saunders selbst hatte außerdem in der Folge LUNCHTIME den Hauptdarsteller für Charley Chase gehalten. Star des Originalfilms