Faith. Grace Goodwin
Читать онлайн книгу.hatte einmal beim Nachbarn Blumen geklaut, um zum Muttertag einen Strauß daraus zu machen. Sie hatte zwar etwas genommen, das nicht ihr gehörte und Mutter hatte verlangt, dass sie der armen Misses Kluger mit den edlen Tulpen und Narzissen in der Hand ihren Fehltritt beichtete, aber das waren keine Serienkillerprobleme.
Destiny hatte einmal im Ramschladen einen Lippenstift mitgehen lassen. Mutter hatte sie sofort zurück geschliffen, den Manager rufen lassen, den Lippenstift bezahlt und dann musste meine arme Zwillingsschwester einen Monat lang Abend für Abend das Geschirr spülen, um Mutter zurückzuzahlen. Es war lächerlich, schließlich war der Lippenstift nur einen Dollar wert, als Zehnjährige aber hatte sie eine wichtige Lektion gelernt.
Und da saß ich nun, die harmloseste des Trios, und diese Leute hielten mich für einen Killer? Ausgerechnet ich saß jetzt in Polizeigewahrsam. Ich konnte es ihnen nicht wirklich übelnehmen, schließlich hatte ich den Polizisten angegriffen. Aber was hatten sie vor? Seit über einer Stunde saß ich nun hier rum—gefühlt, denn es gab keine Uhr—und wartete. Ich musste aufs Klo und fragte mich, ob sie mich absichtlich zappeln ließen, weil sie mich zusätzlich einzuschüchtern wollten.
Es gab kein Klo, kein Essen, Wasser oder Schlaf. Hatten sie etwa auch Weiße Folter auf dem Programm?
Lord Jax war enttäuscht von mir. Ich konnte es in seinen traurigen, resignierten Augen sehen und wie er die Schultern hängen ließ. Er würde mich nicht hier rausholen. Er wollte Antworten.
Lady Jax? Ha! Kein Kommentar. Ihr Ziel war es, mich zur Schnecke zu machen.
Und Thor? Gott, ich glühte bereits, wenn ich nur an ihn dachte. Ich befühlte meine Lippen und konnte spüren, wie sie nach seinem aggressiven Kuss immer noch ganz kribbelig waren. Meine Nippel führten ein Eigenleben und formten harte Spitzen unter meinem BH. Die prompte Anziehung zwischen uns würde mich nicht retten. Er wollte vielleicht gerne ficken, aber am Ende hatte er sich trotzdem nicht von seinem Schwanz leiten lassen. Zu wissen, dass er nicht gleich mit jeder ins Bett ging, fühlte sich gut an, schon gar nicht mit einer potenziell planetaren Bedrohung wie mir.
Sein Schwanz verfügte über eine Art Urteilsvermögen, oder zumindest sein Verstand.
Und wie sah es mit meinem Urteilsvermögen aus? Ich wusste nicht, ob er verpartnert, verwitwet oder sonst was war. Vielleicht hatte er sogar Kinder zu Hause und ich war rollig wie eine Katze. Ich war zwar keine Jungfrau mehr, aber ich war immer vorsichtig. Bis jetzt. Bis diese dämliche Gluthitze mich im Griff hatte.
Ich rutschte auf dem Stuhl hin und her. Doch, ich war wählerisch. Andere Hausangestellte hatten mir gefallen und einige der attraktiveren Aleranischen Männer hatten meine Gluthitze aufbrodeln lassen, aber ich war nicht bereit gewesen, sie wie ein Cowgirl zu reiten. Thor aber war es, der mich mit seiner harten, dicken Länge in der Hose um den Verstand brachte.
Ich leckte mir die Lippen und fragte mich, wie seine Haut wohl schmeckte. Es war schwer mich darauf zu besinnen, dass er womöglich der Verräter war. Jemand hatte uns in der ersten Nacht Zel auf den Hals gehetzt und danach versucht Trinity auf dem Empfang zu entführen. Alle Hinweise führten zur Familie Jax und trotzdem stellte ich mir gerade vor, wie einer der Verdächtigen mich langsam verführte oder mich gegen eine Wand schob und wie ein Wilder durchfickte.
Gerade als ich überlegte, was mir lieber wäre—langsam oder heftig—ging die Tür auf und vier Männer kamen herein.
Ich errötete, obwohl sie meine Gedanken wahrscheinlich nicht lesen konnten.
“Ich bin Inspektor Wyse,” sprach der Erste. Seiner Aufmachung und seinem Gehabe nach war er eindeutig der Boss hier. “Lord der Familie Wyse und Inspektor Optimi in der Optimus-Einheit. Ist dir klar, was das bedeutet?”
Scheiße.
Mutter hatte oft von ihnen erzählt. Sie waren Detektive, Richter und Geschworene, und zwar alles auf einmal. Er konnte mich schuldig sprechen und jahrelang wegsperren, besonders, da er ihr Inspektor Optimi war. Was für ein origineller Titel für den Obermufti vom Dienst.
Auf einmal wünschte ich mir, ich wäre auf der Erde mit einem überlasteten Pflichtverteidiger. Mein Vater war selber Richter. Er liebte Rechtsstaatlichkeit.
Dieser Mann liebte ganz offensichtlich Macht.
Inspektor Wyse sah wie Ende sechzig, vielleicht Anfang siebzig aus. Graues Haar, tiefe Furchen in seinem kantigen Gesicht. Seine Haltung aber war gerade, aufrecht, ohne jeden Stuss. Er versprühte kein bisschen Güte oder Freundlichkeit. Er war durch und durch auf seinen Job fixiert und heute war ich dieser Job.
Den Uniformen nach handelte es sich bei zwei der anderen Männer um Polizisten. Sie sahen genauso aus, wie die Männer, die mich vom Anwesen der Jaxs abgeführt hatten. Der andere Typ sah wie ein fieser Handlanger aus. Er hatte tiefsitzende, fast tote Augen. Keine Spur von einem Lächeln oder Wohlwollen auf seinem Antlitz. An der Seite zog sich vom Mundwinkel bis zum Hals eine sichelförmige Narbe über sein Gesicht. Seine Uniform war eindeutig militärisch, aber ganz in Schwarz gehalten. Kein Abzeichen oder Wappen. Er hätte alles und jeder sein können.
Oder niemand.
Alles an ihm schrie förmlich nach Mafiosi oder Männer in Schwarz. Ich konnte nur hoffen, dass es sich nicht um Ersteres handelte.
Das Narbengesicht musterte mich und bäumte sich vor mir auf, sodass ich mir ganz klein vorkam. Das war natürlich Absicht, aber es wirkte. Ich bot keinen besonders aufregenden Anblick. Mein braunes Haar war hinter meine Ohren gesteckt, ich war ungeschminkt und ich trug die einfache Dienstuniform vom Hause Jax.
“Du hast jetzt die Gelegenheit, um zu reden. Sag uns, wer du wirklich bist und warum du im Jax-Haushalt herumgeschnüffelt hast. Ich empfehle, dass du die Gelegenheit wahrnimmst, wenn nicht …”
Er blieb vage, bedrohlich. Ich sollte wie ein Kanarienvogel singen und meine Mutter und Schwestern in Gefahr bringen, oder mir würde etwas blühen.
“Falls nicht?” konterte ich.
Er zog eine graue Augenbraue nach oben und Narbengesicht verschränkte die Arme vor der Brust. Das brauchte er gar nicht, um mich einzuschüchtern. Er war schon so furchteinflößend genug.
Dann bog sich Lord Wyses Mundwinkel nach oben. Er warf den Polizisten einen flüchtigen Blick zu. “Das hier ist ein einfaches Verhörzimmer in einer Polizeiwache. Sie kümmern sich um kleinere Vergehen, einfache Gauner. Erkennst du meine Uniform?“ wollte er wissen.
“Sie sagten, Sie gehören zu Optimus-Einheit.” Ich wollte nicht so tun, als ob ich über die Gruppierung nicht Bescheid wusste. Bestimmt kannte jeder auf Alera diese Eliteeinheit. Es wäre wie so zu tun, als ob ich nie vom FBI gehört hätte. Ich musste nicht erst vom FBI in Gewahrsam genommen werden, um zu wissen, dass das eine ernste Angelegenheit war.
“Ja, und die Optimus-Einheit verfügt über ausreichend Daten, um zu wissen, dass du gar nicht existierst. Es gibt weder Fingerabdrücke, noch Irisscans oder ein Geburtszertifikat. Nichts über dich, Faith. Warum ist das so? Du musst in der Tat hoch interessante Freunde haben. Reiche Freunde. Kontakte.” Er beugte sich über den Tisch und starrte mich an, als ob er ein Insekt inspizierte. Mistkerl. “Mächtige Freunde.”
Klar, meine Identität war definitiv ein Problem. Ich war nicht hier geboren worden, hatte keinen Führerschein, kein Bankkonto, keinen Wohnsitz. Ich wusste nicht, wie sie auf Alera den Zivilstand verfolgten, aber ich nahm an, dass es ähnlich lief wie auf der Erde. Geburtsurkunden. Krankendaten. Schulakten.
In den Datenbanken des Planeten war ich nicht zu finden, weil ich bis vor kurzem noch nie auf Alera gewesen war. Ich konnte nur hoffen, dass sie keinen Gentest oder Ähnliches durchführen würden, denn dann würden sie wissen, wer ich war. Gene konnten nicht lügen. Meine Abstammung würde auffliegen. Meine Mutter würde als die Königin identifiziert werden und ich selbst als Trinitys Schwester.
Ich ließ meine Hände vom Tisch gleiten und faltete sie in meinem Schoß. Ich ballte meine Finger zusammen. Vielleicht könnte ich ihn eine Weile hinhalten? Mir etwas Zeit verschaffen und mir etwas einfallen lassen.
“Welche