Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman. Toni Waidacher
Читать онлайн книгу.klar«, nickte Andreas. »Ich versteh’ das. Aber jetzt muß unser Wiedersehen gefeiert werden.«
Er wandte sich an eine der Saaltöchter hinter dem Tresen.
»Liesl, zwei Obstler!«
Der Schnaps kam, und sie prosteten sich zu.
»Und du?« wolltest Tobias wissen. »Bist schon verheiratet und Familienvater?«
Der frühere Schulfreund grinste.
»Bloß net«, rief er. »Im Wachnertal gibt’s so schöne Madln, da werd’ ich mein Herz doch net an eine einzige verschenken!«
Er lachte polternd.
»Nein, im Ernst«, setzte er hinzu, »gebunden bin ich net, hier und da eine, das reicht mir. Die Zeit kommt noch früh genug. Erstmal wart’ ich ab, bis der Vater mir den Hof überschrieben hat, dann sehen wir weiter.«
Die beiden waren so in ihr Gespräch vertieft, daß sie nicht auf die junge Frau achteten, die in einiger Entfernung saß und immer wieder zum Tresen blickte. Erst als Tobias einmal zufällig in die Richtung sah, erkannte er sie wieder. Er hob grüßend seinen Bierkrug und lächelte hinüber.
Hübsch, dachte er wieder, verdammt hübsch!
*
Kathi Steingruber hatte schon die Hoffnung aufgegeben, Tobias Berghofer würde doch noch auf den Tanzabend kommen. Sie und ihre Eltern waren kurz vor acht eingetroffen und hatten sich an den Tisch gesetzt, der immer für sie reserviert war. Allerdings hatte das Madl diesmal mit seiner Mutter den Platz getauscht, um den Eingang im Blick zu haben. Doch je weiter die Zeit fortschritt, um so enttäuschter wurde Kathi. Der geheimnisvolle Mann, von dem sie nun endlich den Namen wußte, schien keinen Wert auf Unterhaltung zu legen.
Dafür kam aber Florian Waldner an den Tisch und wollte mit ihr sprechen. Kathi schüttelte den Kopf. Der Bursche schien nicht begreifen zu wollen, daß nichts mehr zwischen ihnen war. Ein halbes Jahr waren sie zusammengewesen, und diese Zeit hatte gereicht, ihr zu zeigen, daß sie einfach nicht zusammenpaßten. Florian war gewiß ein netter Bursche, doch das war, nach Kathis Meinung, nicht genug, um mit ihm ein Leben lang glücklich zu werden zu können. Selbst jetzt war es ihr wieder bewußt, als der Bauernsohn von dannen zog, ohne sich wirklich um sie zu bemühen.
Indes war Kathi ganz froh darüber.
Nur, um nicht den ganzen Abend am Tisch zu verbringen, ließ sie sich ab und zu auffordern, ging später auch mal in die Ecke, wo die jungen Leute saßen, die sie kannte. Doch dann zog es sie rasch zurück, und die Bauerntochter setzte sich wieder zu den Eltern und blickte auf die beiden großen Flügeltüren.
Dann endlich, sie hatte es kaum noch zu hoffen gewagt, sah sie ihn. Tobias kam herein, und sofort schlug ihr Herz einen trommelnden Wirbel.
Er schaute noch umwerfender aus, als an dem Tag, als sie sich begegnet waren. Auch wenn er äußerlich nicht sehr verändert war und legere Jeans und T-Shirt trug, so wirkte er in dieser Umgebung doch ganz anders auf sie.
Immer wieder mußte sie hinüberschauen. Schon eine ganze Weile stand er am Tresen und bemerkte sie nicht.
Dachte er überhaupt noch an die Begegnung auf der Straße? Würde er sie wiedererkennen?
Doch! In diesem Augenblick hatte er sie gesehen und hob grüßend seinen Bierkrug!
Damenwahl, flehte Kathi, Damenwahl!
Als habe der Kapellmeister der ›Wachnertaler Bu’am‹ ihre unausgesprochene Bitte erhört, forderte er tatsächlich in der nächsten Sekunde die anwesenden Damen auf, die tanzfaulen Männer und Burschen an ihre Pflicht zu erinnern.
Kathi stand sofort auf und eilte an den Tresen. Tobias sah sie und machte ein erschrecktes Gesicht. Doch das hinderte die junge Frau nicht.
»Darf ich bitten?« sagte sie, und ihr Ton ließ keinen Zweifel daran, daß sie sich keinen Korb geben lassen würde.
Tobias Berghofer machte gute Miene zum bösen Spiel und stellte den Krug auf den Tresen.
»Tut mir leid, Andreas«, sagte er zu seinem Gesprächspartner, »aber da muß ich mich wohl fügen.«
Der grinste nur und nickte.
Kathi hatte ihn schon auf die Tanzfläche gezogen, und er legte seinen Arm um sie.
»So sieht man sich also wieder«, meinte Tobias, während sie sich im Takt das langsamen Walzer bewegten. »Ich hoff’, Sie sind mir net mehr bös’, wegen neulich?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Ach wo«, meinte sie. »Im übrigen kannst’ ruhig du zu mir sagen. Ich heiß Katharina Steingruber, aber Kathi reicht.«
»Angenehm«, lächelte er. »Tobias Berghofer.«
Zu seiner Überraschung nickte sie.
»Ich weiß.«
»Tatsächlich?« fragte er erstaunt. »Woher...?«
»Die Spatzen pfeifen’s vom Dach, daß du wieder da bist«, erwiderte Kathi.
»So? Ich hab’ noch gar nix gehört.«
»Das kommt davon, daß’ dich in deinem Haus verkriechst und net unter die Leute gehst.«
»Na ja, wie du siehst, bin ich ja nun unter den Leuten«, meinte er. »Was pfeifen s’ denn noch so, die Spatzen?«
Sie lächelte, aber in Wirklichkeit gar ihr gar nicht danach zumute, denn offenbar ließen die Leute kein gutes Haar an Tobias Steingruber.
Zumindest hatte sie den Eindruck, wenn sie ihren Vater reden hörte...
»Ach, das übliche Gerede halt«, antwortete Kathi nur. »Wo du
wohl gesteckt hast, all die Zeit, und warum du wieder heimgekehrt bist.«
»Komisch, was die Leute alles so interessiert.«
Der Tanz war zu Ende, aber weder sie, noch er machten Anstalten, die Tanzfläche zu verlassen. Statt dessen nahm Tobias erneut ihren Arm, und sie tanzten weiter.
»Mich würd’s auch interessieren, wo du warst und was du da erlebt hast«, sagte die Bauerntochter. »Das heißt, du hast ja schon Afrika erwähnt. Aber wo genau?«
»Ich war in Kenia«, antwortete er. »Dort hatte ich eine kleine Farm.«
»Das mußt du mir aber genauer erzählen!«
Tobias lächelte. Kathi Steingruber schien wirklich daran interessiert zu sein, ohne irgendeinen Hintergedanken. Ihr ging es wohl nicht um den üblichen Dorftratsch, sondern um ihn und seine Geschichte an sich.
»Gern«, nickte er. »Aber hier ist wohl net der rechte Ort.«
»Dann treffen wir uns morgen«, sagte sie sofort. »Ich komm’ dich besuchen.«
Oha, dachte er verblüfft, die geht aber ran!
»Glaubst’ wirklich, daß das so ein guter Gedanke ist?« fragte er zweifelnd. »Was werden die Leute dazu sagen, wenn sie dich bei mir sehen?«
Kathi blinzelte ihn an.
»Das ist mir völlig egal«, entgegnete sie selbstbewußt. »Ich kann schließlich machen, was ich will!«
Wieder mußte er lächeln. Und Tobias stellte fest, daß ihm die junge Frau immer besser gefiel. Fast spürte er schon so etwas wie ein zärtliches Gefühl, wenn er sie anschaute.
Doch dann sah er Patricias Gesicht, und biß sich auf die Lippe.
Kathi entging der wechselnde Ausdruck seines Gesichts nicht.
»Ist etwas?« fragte sie.
Tobias schüttelte den Kopf.
»Also dann, morgen nachmittag um drei«, sagte sie.
»Okay. Ich werd’ einen Kuchen backen.«
*