Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman - Toni Waidacher


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war schon komisch, daß sie direkt mich angesprochen haben und mich provozieren wollten. Tja, und als ich dann an die frische Luft ging, sah ich den Burschen auf der Bank sitzen. Ich wollt’ ihn bloß wecken, damit er net die ganze Nacht auf der Bank verbringt, und dann muß bei ihm eine Birne durchgebrannt sein. Er schimpfte, daß ich ihm sein Madl wegnehmen wollte und ging auf mich los.«

      Kathi sah ihn fassungslos an und zuckte die Schultern.

      »Es gibt keinen Verlobten«, sagte sie.

      Tobias sah sie lächelnd an.

      »Vielleicht weißt’ bloß nix davon«, meinte er.

      »So ein Unsinn!« Die junge Frau schüttelte ärgerlich den Kopf. »Ich werd’ ja wohl wissen, ob ich verlobt bin oder net!«

      Einen Moment herrschte Schweigen.

      »Entschuldige, ich bin ein schlechter Gastgeber«, sagte Tobias dann. »Kann ich dir was anbieten?«

      »Hattest du net gesagt, du wolltest einen Kuchen backen?«

      »Der steht in der Küche.«

      Tatsächlich hatte er sich am Morgen hingestellt und gebacken. Als er aufgewacht war und sich erinnerte, was am vergangenen Abend geschehen war, glaubte er nicht mehr daran, daß Kathi ihn tatsächlich besuchen würde. Aber trotzdem hatte er die Zutaten zusammengesucht und einen schönen Topfkuchen gebacken. Das Rezept hatte er von seiner Mutter, und jedesmal, wenn er ihn in Afrika gebacken hatte, erinnerte ihn der Kuchen an daheim.

      Tobias stand auf und ging in die Küche. Kathi blieb sitzen und schaute sich um. Es war noch deutlich zu merken, daß gerade erst renoviert worden war. Es roch nach Farbe, und die Möbel waren neu. Sie bewunderte den Geschmack mit dem Tobias sie ausgesucht hatte.

      An den Wänden hingen große Fotografien und seltsame Masken aus dunklem Holz. Offenbar Erinnerungen an seine Zeit in Afrika. Die Fotos sahen sehr schön aus und zeigten verschiedene Motive: einsame Landschaften im Sonnenuntergang, aber auch Menschen in bunten Gewändern, bei der Arbeit und beim Tanzen.

      Während sie sich umblickte, grübelte sie darüber nach, wer sich da als ihr Verlobter ausgegeben hatte. Aber ganz schnell kam sie zu dem Schluß, daß es eigentlich nur Florian gewesen sein konnte.

      Hatte der Bursche immer noch net begriffen, daß es endgültig aus war zwischen ihnen?

      Sie nahm sich vor, bei nächster Gelegenheit ein ernstes Wort mit ihm zu reden!

      Aber dann wollte sie nicht mehr an ihn denken. Viel zu aufgeregt war sie, hier mit dem Mann alleine zu sein, der sie vom ersten Moment ihres Kennenlernens so fasziniert hatte. Ihr Herzklopfen war nicht schwächer geworden, und Kathi malte sich in Gedanken aus, wie Tobias sie in die Arme nehmen und küssen würde.

      »Kannst du mal kommen?« rief er aus der Küche.

      Sie eilte zu ihm.

      »Der sieht aber toll aus!« sagte sie und deutete auf den Kuchen.

      »Ich hoff’, er schmeckt dir«, erwiderte er und zeigte auf den Küchenschrank. »Da in der Schublade ist ein Messer. Könntest’ den Kuchen anschneiden?«

      Sie nickte, während er Tassen, Untertassen und Teller aus dem Schrank holte. Der Kaffee lief durch die Maschine.

      »Wir geh’n nach draußen«, schlug Tobias vor.

      Sie brachten die Sachen auf die Terrasse und setzten sich.

      »Na?« fragte er, nachdem sie den ersten Bissen gemacht hatte.

      »Köstlich!« antwortete sie.

      »Ehrlich?«

      Kathi nickte.

      »Freut mich«, sagte Tobias und sah sie lächelnd an.

      »Du wolltest mir von Afrika erzählen...«

      Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, streckte die Beine aus und hielt seine Tasse mit beiden Händen.

      »Ja, Afrika«, nickte er und hatte dabei einen Blick, als schaue er in weite Ferne. »Sechs Jahre war ich dort. Es ist ein herrliches Land. Obwohl ich nur einen kleinen Teil davon gesehen hab’, kann ich das wohl behaupten.

      Ich hab’ ja schon erzählt, daß ich dort eine Farm betrieben hab’, aber der Anfang war schon schwer...«

      Kathi hörte gespannt zu, als er berichtete, wie er hier alles stehen und liegen gelassen hatte und fortgegangen war. Die Schilderung war so farbig, daß sie glaubte, dabei gewesen zu sein, so gut konnte sie sich in seine Erzählung hineinversetzen.

      Und doch merkte sie, daß er ihr nicht alles sagte, was mit seinem Leben in der Fremde zu tun hatte. Es gab etwas, so hörte sie aus seinen Worten heraus, das er für sich behielt, und sie kam sich dabei, auf eine kränkende Art, ausgeschlossen vor.

      Aber natürlich, überlegte sie dann, warum sollte er alles mit mir teilen? Wir kennen uns schließlich kaum, und was ich für ihn empfinde, ahnt er ja net.

      Trotzdem machte es sie traurig.

      Um sich abzulenken, stand sie auf und ging ein paar Schritte in den Garten.

      »Hier ist längst net alles so, wie’s einmal aussehen soll«, sagte Tobias, der ihr gefolgt war. »Aber ich fang’ ja auch erst gerad’ wieder an.«

      Sie standen bei den Obstbäumen, deren Früchte in der Sonne reiften. Ein, zwei Wochen noch, dann konnten Äpfel, Birnen und Zwetschgen gepflückt werden. Die Kirschen waren schon im Frühsommer von den Vögeln ›geerntet‹ worden, als Tobias noch nicht hier war.

      »Du bist plötzlich so schweigsam«, bemerkte Tobias.

      Kathi drehte sich zu ihm und sah ihn an.

      »Gab es keine Frau in deinem Leben, drüben in Afrika?« fragte sie frei heraus.

      Er sah sie erstaunt an. Mit dieser Frage hatte er wirklich nicht gerechnet. Aber eigentlich wußte er überhaupt nicht, womit er bei Kathi gerechnet hatte. Es freute ihn, daß sie sich für ihn interessierte. Sie war die einzige, außer Pfarrer Trenker und Max.

      »Doch«, antwortete er leise, »die gab es. Sie ist auch der Grund, warum ich wieder hier bin. Aber das ist eine andere Geschichte...«

      Kathi biß sich auf die Lippe. Ihr war bewußt geworden, daß sie diese Frage besser nicht gestellt hätte. Tobias’ Miene drückte es deutlich aus.

      »Entschuldige«, bat sie. »Ich wollt’ net...«

      »Schon gut!« Aber er schüttelte dabei den Kopf. »Du kannst’ net wissen, was geschehen ist. Aber vielleicht erzähl’ ich’s dir einmal.«

      Sie gingen auf die Terrasse zurück.

      »Möchtest’ noch einen Schluck?« fragte Tobias und deutete auf die Kaffeekanne.

      Kathi schaute auf die Uhr und lehnte ab.

      »Ich muß heim«, antwortete sie. »Sonst komm’ ich zu spät zum Melken.«

      Er brachte sie zur Tür.

      »Es war schön, daß du da warst«, sagte Tobias und lächelte sie wieder so besonders an, daß ihre Knie ganz schwach wurden.

      »Vielleicht war’s ja net das letzte Mal«, entgegnete Kathi.

      »Das würd’ mich freuen«, nickte er und hob die Hand, um ihr zum Abschied zu winken.

      Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuß auf die rechte Wange.

      Überrascht sah er sie an. Kathi wandte sich schnell um und lief zu ihrem Auto.

      *

      Nachdem sie davongefahren war, kehrte Tobias auf die Terrasse zurück. Der Kaffee in seiner Tasse war inzwischen kalt geworden, er trank ihn trotzdem aus und schenkte sich dann nach.

      Es waren kaum zwei Minuten vergangen, als es an der Haustür klingelte.

      Nanu, dachte er, hat sie was vergessen?


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