Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman - Toni Waidacher


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lallte Georg Heppner. »Wirst’ schon sehen, das dauert net lang’, dann ist der Rumtreiber wieder da, wo er hergekommen ist!«

      Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, schlug er Florian auf die Schulter und wankte davon.

      Wie er selbst nach Hause gekommen war, wußte der Bauernsohn am nächsten Morgen nicht zu sagen.

      Er erfuhr es am Frühstückstisch...

      Sein älterer Bruder hatte ihn umbarmherzig geweckt und aus dem Bett geholt.

      »Wer saufen kann, der kann auch arbeiten«, grinste Thomas Waldner, als Florian mit zerknittertem Gesicht in die Küche kam.

      Er hatte das Frühstück gemacht und dann den Bruder geweckt.

      »Sei froh, daß die Eltern noch schlafen«, sagte er.

      Florian schaute unwillkürlich in Richtung der Küchentür. Sonntags gestatteten sich die Eltern den Luxus, etwas länger im Bett zu bleiben als in der Woche. Vor allem die Mutter sah es nicht gerne, wenn sich ihre Söhne betranken. Allerdings kam es bei dem Älteren nur sehr selten vor.

      »Hast du mich nach Haus’ gefahren?« fragte Florian, nachdem er den ersten Schluck heißen Kaffees getrunken hatte.

      »Allerdings«, nickte Thomas. »Du konntest ja net mehr steh’n, so blau warst du.«

      Er schüttelte den Kopf.

      »Hoffentlich bist’ bis zum Kirchgang wieder einigermaßen fit«, meinte er.

      »Ich glaub’, den laß ich heut’ ausfallen...«

      »Von wegen! Da wird Mutter net mitspielen.«

      Mit Ach und Krach brachte Florian die morgendliche Arbeit hinter sich, dann duschte er und zog sich um. In der Kirche saß er stumm auf seinem Platz, nur ab und zu blickte er zur anderen Seite hinüber, wo Kathi mit ihren Eltern saß.

      Erst am späten Nachmittag ging es ihm einigermaßen besser. Und als Georg anrief und fragte, wo sie sich treffen wollten, hatte er die Strapazen der durchzechten Nacht wirklich überwunden.

      »Ich rühr’ keinen Schnaps mehr an!« sagte er, als sie auf der Bergwiese hockten, auf der sie sich getroffen hatten. »Keinen Tropfen!«

      »Schmarrn!« Schorsch schüttelte den Kopf. »Das hast’ schon hundertmal gesagt. Komm, hier trink’ erstmal einen Schluck, dann geht’s dir gleich viel besser.«

      Er zog eine Flasche unter seiner Jacke hervor und hielt sie dem Bauernsohn hin. Der schob sie angewidert beiseite.

      »Nix da. Bleib’ mir bloß damit vom Leib!«

      »Dann eben net!« Der Knecht zuckte die Schultern und drehte den Verschluß auf.

      Er setzte die Flasche an den Hals und nahm einen tiefen Schluck. Dann leckte er sich die Lippen und blinzelte Florian verschwörerisch zu.

      »Paß auf«, sagte er, »ich hab’ mir da was überlegt...«

      Natürlich sollte es nicht herauskommen, daß sie beide hinter der ganzen Sache steckten, deshalb würden sie im Dunkeln vorgehen müssen. Aber eigentlich war es, aus ihrer Sicht, ein genialer Plan.

      Um diesen Rumtreiber, wie sie Tobias Berghofer immer nannten, aus St. Johann zu vertreiben, bedurfte es einer Reihe von Maßnahmen. Und die erste davon wollten sie noch in der kommenden Nacht ergreifen. Ihr Ziel mußte es sein, daß der Kerl das Dorf verließ und nie wieder hier auftauchte. Das konnte am besten gelingen, wenn sie ihn in Mißkredit brachten. Ohnehin gab es eine Reihe von Dörflern, die dem Heimkehrer mit Argwohn begegneten.

      Niemand wußte, was er tat, wovon er eigentlich lebte, und daß er nicht arbeitete, war ihnen ein Dorn im Auge.

      Ein ordentlicher Mensch ging einer geregelten Arbeit nach, und wenn das nicht so war, dann mußte es sich um einen Halunken handeln, so einfach war das.

      Und für Halunken war in so einem friedlichen Ort wie St. Johann kein Platz!

      Wenn der Rumtreiber erst einmal vertrieben war, würde auch Kathi einsehen, daß es falsch gewesen war, mit Florian Schluß gemacht zu haben.

      »Und du bist sicher, daß das klappt?« fragte Florian, der irgendwie Zweifel hatte.

      »Hundertprozentig!« behauptete Georg Heppner.

      »Also gut«, nickte der Bauernsohn. »Dann machen wir es.«

      *

      Es war das Grau des anbrechenden Morgens, in das Tobias Berghofer hinaustrat. Die Nacht war gerade dabei, sich zurückzuziehen und die Sonne noch nicht aufgegangen.

      Er zog die Haustür hinter sich ins Schloß und drehte den Schlüssel herum. Eine richtige Wanderausrüstung hatte er zwar nicht, aber seine Stiefel waren bergtüchtig, Hose und Jacke würden Wind und Wetter standhalten, und auf seinem Kopf saß der alte Lederhut, den er schon in Afrika immer gegen die Strahlen der Sonne getragen hatte.

      Da Tobias nicht vor dem Haus auf Pfarrer Trenker warten wollte, ging er dem Geistlichen ein Stück weit entgegen. An den Nachbarhäusern vorbei schlenderte er die Straße hinauf. Bei den Brunners brannte schon Licht. Offenbar mußte der Mann früh aufstehen und zur Arbeit fahren. Eben öffnete sich die Haustür, und der Nachbar kam heraus. Er betrachtete Tobias, der gerade durch den Lichtschein der Leuchte vor dem Haus ging, mit einem seltsamen Blick, erwiderte aber nicht seinen Gruß.

      »Dann eben net«, zuckte der junge Bursche die Schultern und ging weiter.

      Am Ende der Straße traf er auf den Bergpfarrer.

      »Grüß dich«, sagte Sebastian und reichte Tobias einen von zwei Rucksäcken. »Dann wollen wir gleich weiter.«

      Sie verließen das Dorf und erreichten nach einer Weile den Höllenbruch. Das kleine Wäldchen war schnell durchquert, und die beiden Wanderer kamen zur Hohen Riest, die sich bis zum Ainringer Wald erstreckte.

      »Viel hat sich ja net verändert«, meinte Tobias, während sie forsch ausschritten. »Man könnt’ meinen, in St. Johann sei die Zeit stehengeblieben.«

      »Was leider net das Verdienst unsres Bürgermeisters ist«, schmunzelte Sebastian. »Wenn’s nach dem Bruckner gegangen wäre, dann gäb’s bei uns schon längst mehrere Großhotels, einen Golfplatz, von einer Diskothek ganz zu schweigen, und natürlich würd’ eine Gondelbahn zum Gletscher hinaufführen.«

      »Um Himmels willen«, rief Tobias aus, »das hat er wirklich schon alles geplant?«

      »Manche seiner Pläne hatte er auch schon in die Tat umsetzen wollen, der Markus«, nickte der Bergpfarrer. »Gott sei Dank ist’s mir immer wieder gelungen, es in letzter Sekunde zu verhindern.«

      »Da kann man ja wirklich froh sein, daß es Sie gibt, Hochwürden.«

      »Na ja, ich bin’s net ganz allein’. Es gibt noch andere besonnene Köpfe bei uns, bei denen Tradition und das Festhalten am Alten und Bewährten höher im Kurs stehen als Profitdenken, das auch noch zu Lasten der Umwelt geht.«

      »In Afrika hab’ ich in dieser Beziehung einige schlimme Sachen gesehen«, erzählte Tobias. »Leider gibt’s eben immer wieder Menschen, die net so denken, wie Sie und ich.«

      Nachdem sie die Hohe Riest hinter sich gelassen hatten, kamen die beiden Wanderer zu einer Almwiese, von der aus die Wege zu den verschiedenen Hütten abzweigten. Wegweiser gaben an, wie viele Kilometer sie entfernt waren, und jeder konnte selbst entscheiden, welche Route er sich zumuten wollte.

      Für Sebastian und Tobias kam natürlich nur die in Frage, die auf die Kandereralm hinaufführte. Und dabei wählten sie noch eine, die länger war und Umwege machte, als die offizielle Strecke, denn der gute Hirte von St. Johann war schon immer der Meinung gewesen, daß sich ein wenig Mühe lohnte, wenn man dafür mit der schöneren Aussicht ins Tal hinunter belohnt wurde.

      Während sie ihren Aufstieg begannen, ahnten sie nicht, was sich unterdessen im Dorf abspielte.

      *

      Max


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