Leb wohl, liebes Hausgespenst. Marie Louise Fischer

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Leb wohl, liebes Hausgespenst - Marie Louise Fischer


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sie sich wieder beruhigt hatten.

      „Zu komisch!“ rief Monika. „Du auf allen vieren auf dem Boden!“

      „Und dann vor dem hochgeklappten Bett!“ rief Ingrid.

      „Wie konnte das bloß passieren?“

      „Das habe ich mir natürlich auch überlegt!“ sagte Norbert.

      „Der Steward wird es nicht richtig festgemacht haben … und dann der Sturm! Kaputt war es jedenfalls nicht. Mein Vater hat es mir dann wieder in Ordnung gebracht.“

      „Armer Junge!“ sagte Monika. „Kein Wunder, daß du da heute früh nicht aus den Federn gekommen bist.“

      „Das Tollste ist … könnt ihr euch vorstellen, was ich geglaubt habe? Im ersten Schrecken habe ich tatsächlich gedacht, Amadeus hätte mir einen Streich gespielt!“

      Ingrid blickte Monika an. „Ja, wo ist denn eigentlich Amadeus?“

      „Ich weiß es nicht.“

      „Was ist denn das für eine Antwort?! Du mußt doch wissen …“

      „Nein.“ Monika öffnete ihr Katzenkörbchen. „Ich weiß nur, daß er nicht hier drinnen ist.“

      „Du meinst, er könnte auf dem Schiff geblieben sein?“ fragte Ingrid.

      „Dann sind wir ihn los!“ rief Norbert.

      „Still!“ mahnte Monika energisch. „Schluß! Hört sofort auf damit!“

      „Aber warum denn?“ fragte Ingrid. „Was hast du nur?“ „Er kann genausogut hier mit uns im Bus sein! Und wenn er euch so reden hört … nicht auszudenken, was er dann wieder anstellen wird!“

      Ingrid und Norbert schwiegen betreten.

      Aber Barbara hatte schon genug gehört. „Wenn dieser Amadeus ein Tier ist …“ sagte sie und wandte sich zu ihnen um.

      „Ist er nicht!“ riefen sie im Chor.

      „Weder Hunde, Katzen noch Papageien werden im South Ocean Beach geduldet!“

      „Ist er ja nicht!“

      „Auch keine weißen Mäuse!“

      „Das haben wir schon kapiert!“ gab Monika zurück. „Amadeus ist kein Tier, wie oft sollen wir das denn noch sagen?“

      „Aber du hast doch eben erklärt, daß er nicht in deinem Katzenkörbchen ist.“

      „Ja, eben. Sehen Sie selber. Es ist leer.“

      „Aber dann war er doch mal drin, und du wirst doch nicht behaupten wollen, daß du ein Spielzeug oder einen Menschen darin transportiert hast.“

      „Habe ich auch nicht.“

      Jetzt griff Herr Stein ein. „Ich finde, wir sollten das Thema wechseln.“

      „Ja, das finde ich auch!“ stimmte Monika erleichtert zu.

      „Aber ich muß doch wissen, wer dieser Amadeus ist!“ beharrte die Hostess.

      „Nein, das müssen Sie nicht!“ entschied Herr Stein.

      Daraufhin schnappte Barbara geradezu hörbar ein.

      Monika tat sie ein bißchen leid. Aber sie war Herrn Stein auch dankbar, daß er der Befragung ein Ende gemacht hatte. Wie hätte er denn auch erklären können, daß Amadeus ein Gespenst war, ein Kobold, der in die Gestalt eines längst verstorbenen kleinen Jungen schlüpfen konnte und den Monika mühsam aus ihrem Elternhaus am Seerosenteich geschmuggelt hatte, damit er während der Reise ihrer Familie keine Streiche spielen konnte?

      Während der ganzen Unterhaltung war es ihr abwechselnd heiß und kalt bei dem Gedanken geworden, daß Amadeus mithören könnte. Meistens pflegte er sich nämlich zu melden, wenn sein Name genannt wurde, und er hätte die Art, in der über ihn gesprochen worden war, bestimmt höllisch übelgenommen.

      Aber entweder war er von der Ankunft in einem fremden Land so verwirrt, daß er den Mut verloren hatte, oder er war tatsächlich auf dem Schiff zurückgeblieben.

      Monika wußte nicht, ob sie sich freuen oder traurig sein sollte.

      Erkundungsgang

      Auf der Fahrt über die Insel vergaß Monika allmählich ihren Freund Amadeus. Das heißt, um genauer zu sein, vergessen konnte sie ihn natürlich keinen Augenblick, aber ihre Gedanken beschäftigten sich nicht länger mit ihm. Zu viele neue Eindrücke stürmten auf sie ein.

      Zuerst kamen sie an riesigen modernen Hotels vorbei, dann an altmodischen Häusern, die, abseits der Küstenstraße, sich halb in tropischen Parks verbargen, und endlich waren nur noch vereinzelt Villen zu sehen. Immer wieder aber auf dem kurvenreichen Weg tauchte das Meer auf, heute noch sehr wild, grau und gischtig, aber es war eben doch da und versprach Schwimmen und Sonnen an schöneren Tagen.

      Monika, Norbert und Ingrid drückten ihre Nasen an die Fensterscheiben und stellten fest, daß sie die West Bay Street entlangfuhren. Über diese Straße führte auch eine normale Busverbindung. Immer wieder tauchten Haltestellen auf, an denen Einwohner, meist braune Mädchen oder Frauen, auf den Bus in die Stadt warteten. Aber sie fuhren im Hotelbus in die entgegengesetzte Richtung und ohne anzuhalten durch.

      Es wurde wenig gesprochen. Die jungen Leute waren zu gespannt, Steins zu müde und die Hostess zu verärgert, um eine Unterhaltung zu führen.

      Endlich, nach einer guten halben Stunde, tauchte, breit und behäbig zwischen grünen Hügeln gelagert, das South Ocean Beach Hotel vor ihnen auf.

      „Da ist es!“ rief Norbert begeistert. „Gleich sind wir da!“ Sogar eine breite Auffahrt und ein weißes Tor waren schon zu sehen. Aber der Bus fuhr weiter.

      „Bist du sicher, daß es das ist?“ fragte Monika. „Wir halten ja gar nicht!“

      „Ich habe es nach dem Prospekt genau erkannt“, beharrte Norbert.

      „Wir sind jetzt auf der Southwest Road“, verkündete Ingrid.

      „Sind wir denn um die Ecke gefahren? Das habe ich gar nicht gemerkt“, sagte Monika.

      „Nein. Der Name der Straße hat sich nur verändert.“

      „Und die Richtung!“ fügte Norbert hinzu. „Wir schlagen anscheinend einen Bogen.“

      Er hatte sich nicht geirrt. Nach einiger Zeit wurde das Hotel wieder sichtbar, nur von einer anderen Seite. Vor dem Portal warf ein kleiner Springbrunnen eine Fontäne in die Luft, und der Platz wurde von hohen Kokospalmen umsäumt.

      Das gefiel den jungen Leuten natürlich sehr, und als der Bus hielt, hatten sie es eilig hinauszukommen. Aber weil sie ganz hinten saßen, mußten sie warten.

      „Seht doch nur die Kokosnüsse!“ schrie Norbert, als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte. „Von denen möchte ich eine pflücken!“

      „Sei nicht so laut!“ tadelte seine Mutter, und Ingrid sagte ein wenig schnippisch: „Dann versuch’s doch!“

      Auch Monika starrte, wie Norbert, gebannt in die Höhe und überlegte, ob sie eine der Palmen erklimmen könnte.

      Ingrid stieß sie von der Seite an. „Komm doch! Wir müssen ins Hotel!“

      „Warum so eilig?“

      Der Bus war inzwischen schon ausgeladen worden, und ein Hausdiener hatte das Gepäck auf einer kleinen Karre in die Halle gefahren.

      „Wir müssen unsere Koffer auspacken.“

      „Ach, das hat doch Zeit!“

      „Aber ich will meine Kleider aushängen! Sonst sind sie am Abend zerknittert.“

      „Das wäre ja schrecklich!“ Monika lachte. „Hast du etwa vor, an einer Schönheitskonkurrenz teilzunehmen?“

      „Sei


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