Leb wohl, liebes Hausgespenst. Marie Louise Fischer

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Leb wohl, liebes Hausgespenst - Marie Louise Fischer


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vor dem Mittagessen auf dem Zimmer. Aber ich glaube nicht, daß man hier verlorengehen kann. Wenn du fertig bist, kommst du einfach auch runter.“

      Herr Stein hielt seiner Frau schon die große, gläserne Schwingtür auf, die in die Hotelhalle führte.

      Norbert rannte zu ihnen hin: „Darf ich Monika begleiten? Wir wollen uns schon mal ein bißchen umtun.“

      Es war Frau Stein anzumerken, daß sie ein „Nein“ schon auf der Zunge hatte, aber dann überlegte sie es sich anders und sagte: „Schwirr ab. Du würdest mir ja doch keine Hilfe sein!“

      „Danke, Mutti!“ Norbert lief zu Monika zurück. „Glück gehabt!“

      „Ingrid, sei lieb!“ bat Monika. „Nimm meine Handtasche und den Katzenkorb!“

      „Immer ich!“

      „Komm, sei nicht so! Es ist ja bloß das eine Mal!“ Monika wußte, daß ihr Verhalten der Freundin gegenüber nicht ganz fair war. Aber ihre Neugier war zu groß, als daß sie sie hätte bremsen können. „Was sehen wir uns zuerst an?“ fragte sie Norbert.

      „Wir laufen um das Hotel herum!“

      Das Hotel war ein zweistöckiges Gebäude, das ringsum von smaragdgrünem Rasen umgeben war. Auf allen Seiten führten Türen hinaus und hinein und auch Treppen von außen zu den Gängen im ersten Stock.

      „Angst vor Einbrechern scheinen die hier nicht gerade zu haben“, meinte Monika.

      „Abends wird sicher alles abgeschlossen“, sagte Norbert beruhigend.

      „Aber tagsüber? Erinnere mich nachher daran, daß ich mein Geld in den Hotelsafe lege.“

      „Wir müssen es noch umtauschen. Jedenfalls so viel, wie wir hier brauchen.“

      „Wieso? Was haben die denn hier für eine Währung?“

      „Dollars … aber Bahama-Dollars.“

      „Wieso denn das?“

      „Die Bahamas haben doch nie zu den Vereinigten Staaten gehört, sondern zum Britischen Imperium. Hat mir mein Vater jedenfalls erklärt. Sei 1972 sind sie selbständig, aber sie sind immer noch im Britischen Commonwealth, das ist diese lockere Vereinigung aller früher mal englischen Kolonien.“

      „Aber dann könnten sie doch englisches Geld haben!“

      „So englisch sind sie nun eben auch nicht mehr.“

      Das Hotel war in die Breite gebaut; es bestand aus einem Hauptflügel, an den sich rechts und links zwei Nebenflügel anschlossen.

      „Wie ein eckiges Hufeisen“, stellte Monika fest.

      „Falls es so etwas gäbe!“ kritisierte Norbert.

      Als sie um die letzte Ecke liefen, sahen sie, daß das Gebäude einen Innenhof auf drei Seiten abschloß, auf dem Tische und Stühle und Sonnenschirme standen und auch Instrumente einer Calypso-Band aufgebaut waren. Das Schönste aber war der riesige Swimmingpool, der davorlag.

      Der Anblick kam für Monika und Norbert so überraschend, daß ihnen einen Augenblick der Mund offenblieb.

      Monika war die erste, die die Sprache wiederfand. „Das ist eine Wucht!“ sagte sie.

      An den Tischen saßen Gäste in Badekleidung und tranken Limonade aus hohen Gläsern. Dunkelhäutige Bedienstete in schneeweißer Kleidung liefen mit Tabletts hin und her. Im Wasser plantschten, schwammen und spritzten andere Gäste, und wieder andere hatten es sich auf dem ansteigenden Rasen hinter dem Pool auf Badetüchern bequem gemacht und versuchten, in dem bißchen Sonne, das hin und wieder durch die Wolken fiel, zu bräunen.

      „Am liebsten würde ich gleich nach oben laufen und mir meine Badehose holen“, erklärte Norbert.

      „Dann tu das doch!“

      „Und du?“

      „Ich habe mir vorgenommen, mich erst mal umzusehen, und dabei bleibe ich.“

      Norbert zögerte. „Kann ich dich denn allein lassen?“ „Aber klar! Ich bin doch kein Baby mehr.“

      „Wenn du meinst!“ Norbert lief am Swimmingpool vorbei über die Terrasse und verschwand im Hotel.

      Monika war ein bißchen enttäuscht, daß er sie so ohne weiteres stehenließ. Gleichzeitig ärgerte es sie, daß es ihr einen Stich gab. Sie hatte es ja selber so gewollt. Ebensogut hätte sie sich ihm anschließen und ihr Badezeug holen können. Obwohl die Sonne kaum schien, war es warm genug, um schwimmen zu gehen.

      Aber ein Erkundigungsgang reizte sie jetzt doch mehr.

      Sie lief wieder um das Hotel herum, nicht zum Eingang, von dem sie hergekommen waren, sondern an einer der anderen Seiten entlang, und stieß auf eine schmale asphaltierte Straße, die zu einem kleinen Gebäude führte, das auf einem Hügel lag. Vom Prospekt her wußte sie, daß dies das Golf-Clubhaus war, das zum Hotel gehörte. Es war so vieleckig, daß es fast rund wirkte.

      Rechts von der Straße lag der Golfplatz, der so weit ausgedehnt war, daß man kein Ende absehen konnte. Das Gelände war hügelig, mit kurz geschorenem Rasen bedeckt, und Monika spürte Lust, es zu erforschen. Aber sie wagte es nicht. Spieler in kurzärmeligen, bunt gemusterten Hemden, Schirmmützen auf dem Kopf, waren ernsthaft beschäftigt, die weißen Bälle zu schlagen. Monika konnte die Löcher, auf die sie zielten, nicht ausmachen, aber die kleinen harten Bälle pfiffen so scharf durch die Luft, daß sie Angst hatte, einen an den Kopf zu bekommen. Sie wunderte sich auch, daß die Spieler selber sich nicht davor zu fürchten schienen. Aber wahrscheinlich, dachte sie, kannten sie die Strecke und wußten, wieviel Abstand sie voneinander halten mußten.

      Als ein kleiner Elektrowagen, in dem zwei Golfspieler mit Ledersäcken voller Schläger saßen, vom Hotel in Richtung Clubhaus fuhr, mußte sie beiseite springen. Von da an benutzte sie lieber einen Trampelpfad am Rande der Fahrbahn.

      Nahe dem Clubhaus, jenseits des Golfplatzes, gab es ein flaches Stück Rasen mit vielen Löchern, die nur wenige Meter voneinander entfernt waren. Sofort kam Monika die Idee, daß sie hier mit ihren Freunden eine Art Minigolf spielen könnte. Dazu würden sie nur einen Schläger und einen Ball brauchen.

      Neben einem der Löcher kniete ein großer schwarzer Mann und tat etwas, das Monika nicht sogleich begriff. Erst beim genaueren Hinsehen stellte sie fest, daß er den Rasen um das runde Loch mit einer kleinen Schere beschnitt. Sie fand das ungemein komisch und wäre fast laut herausgeplatzt. Aber dann wurde ihr klar, daß das für den Mann eine richtige Arbeit war, zu der man ihn befohlen hatte. Wenn er auch die Löcher auf dem großen Golfplatz auf diese Weise präparieren mußte, würde er am Abend wissen, was er getan hatte.

      Monika wurde es warm. Sie zog ihre Jacke aus und bedauerte, daß sie sie nicht auch Ingrid mitgegeben hatte. Eine breite, geschwungene Treppe führte zum Clubhaus hinauf. Monika überlegte, ob sie nach oben steigen und versuchen sollte, eine Limonade zu bekommen. Aber sie hatte kein Geld bei sich, und aufschreiben lassen konnte sie das Getränk auch nicht, weil sie nicht einmal ihre Zimmernummer kannte. So blieb sie unten, lief um die Treppe herum und entdeckte einen Laden mit Golfzubehör. Sie überlegte, ob es sich lohnen würde, Ball und Schläger zu kaufen. Man hätte auch auf der Wiese vor dem Haus mit dem Seerosenteich einen kleinen Golfplatz anlegen können. Die Frage war nur, ob sie wirklich spielen würde. Für den Aufenthalt auf der Insel lohnte sich die Anschaffung kaum. Monika entschied, das mit ihren Freunden zu besprechen. Es war schon ganz gut zu wissen, wo sie einkaufen konnten.

      Hinter dem Clubhaus gab es keine Straße, sondern nur zwei Wege, die den Hügel hinunterführten. Monika entschied sich für den schmaleren und befand sich schon nach wenigen Metern in einer blühenden Wildnis mit mächtigen Sträuchern und umrankten Bäumen. Es duftete wunderbar. Vögel sangen ud zwitscherten in den Zweigen, und weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Es ging hügelauf und hügelab. Immer wieder tat sich die tropische Wildnis zu kleinen Lichtungen auf. Monika fand es herrlich. Hier würden sie die tollsten Spiele spielen können, Indianer


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