Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie. Georg Ebers

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Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie - Georg Ebers


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zu sagen unterfangen, daß, wenn der Pharao nicht Ramses, sondern Ani hieße, Katuti keine Königin sein würde, sondern eine Göttin, denn sie würde dann dem Pharao, der ja selbst zu den Himmlischen gehöre, nicht nur zu gehorchen, sondern ihn vielmehr zu lenken haben.

      Katuti bemerkte nicht das Erröthen ihrer Tochter, denn sie schaute gespannt nach dem Gartenthore hin und sprach:

      »Wo Nemu nur bleibt! Es werden doch auch für uns Nachrichten vom Heere eingetroffen sein.«

      »Mena hat so lange nicht geschrieben,« sagte Nefert leise. »Ach, der Haushofmeister!«

      Katuti wandte sich dem Beamten zu, welcher die Veranda durch eine Nebenpforte betreten hatte, und fragte: »Was bringst Du?«

      »Der Händler Abscha,« lautete die Antwort, »dringt auf Zahlung. Der neue syrische Wagen und der Purpurstoff . . .«

      »Verkaufe Korn,« befahl Katuti.

      »Unmöglich, denn die Abgaben für die Tempel sind noch nicht bezahlt und es ist schon so viel an die Händler abgeliefert worden, daß uns kaum mehr genug für die Erhaltung der Wirtschaft und die Aussaat übrig bleibt.«

      »So zahle mit Rindern.«

      »Aber Herrin,« gab der Haushofmeister ängstlich zurück, »wir haben erst heute wieder eine Heerde an den Mohar verkauft und die Schöpfräder wollen gedreht, das Korn will gedroschen sein und wir bedürfen Opfervieh und Milch, Butter und Käse für den Hausstand und Dung für die Feuerung.« 75

      Katuti blickte nachdenklich zu Boden und sagte sodann: »Es muß sein. Fahre nach Hermonthis und sage dem Vorsteher des Gestütes, er möge zehn von Mena's Goldfüchsen hierher führen lassen.«

      »Ich habe schon mit ihm geredet,« erwiederte der Haushofmeister; »er behauptet aber, Mena hätte ihm streng verboten, auch nur eines von den Rossen, auf deren Zucht er stolz ist, fortzugeben. Nur vor dem Wagen der Herrin Nefert . . .«

      »Ich verlange Gehorsam,« sagte Katuti entschieden, indem sie dem Beamten das Wort abschnitt, »und erwarte morgen die Pferde.«

      »Aber der Gestütmeister ist ein trotziger Mann, den Mena für unentbehrlich hält und der . . .«

      » Ich gebiete hier, nicht der Abwesende,« rief Katuti gereizt, »und verlange die Rosse, trotz des veralteten Befehls meines Schwiegersohnes.«

      Nefert hatte sich während dieses Gespräches aus ihrer trägen Stellung aufgerafft. In Folge der letzten Worte Katuti's verließ sie ihr Lager und sagte mit einer Entschiedenheit, die selbst ihre Mutter überraschte:

      »Man wird den Befehlen meines Gatten gehorchen. Die Pferde, die Mena liebt, bleiben in ihren Hürden. Nimm dieß Armband, das mir der König geschenkt hat; es ist mehr werth als zwanzig Rosse.«

      Der Haushofmeister musterte das mit Edelsteinen reich besetzte Kleinod und schaute Katuti fragend an. Sie zuckte die Achseln, nickte dann zustimmend und sagte: »Abscha soll es als Pfand behalten, bis Mena's Beute hier eintrifft. Seit einem Jahre sandte Dein Gatte nichts von Belang.«

      Nachdem der Beamte sich entfernt hatte, streckte sich Nefert wiederum auf ihrem Lager aus und sagte müde: »Ich dachte, wir wären reich.«

      »Wir könnten es sein,« antwortete Katuti bitter; als sie aber wahrnahm, daß Nefert's Wangen wiederum erglühten, sagte sie freundlich: »Unser hoher Rang legt uns große Pflichten auf. In unseren Adern fließt fürstliches Blut und die Augen des Volks sind auf die Gattin des glänzendsten Helden im Heere des Königs gerichtet. Man soll nicht sagen, daß sie von ihrem Gemahl vernachlässigt werde. Wie lange Nemu ausbleibt!«

      »Ich höre Lärm im Hofe,« sagte Nefert, »der Statthalter wird kommen.«

      Katuti wandte sich wiederum dem Garten zu.

      Ein athemlos herbeistürzender Sklave berichtete, Bent-Anat, die Tochter des Königs, sei an der Pforte des Hauses aus ihrem Wagen gestiegen und nähere sich mit dem Prinzen Rameri dem Garten.

      Nefert verließ ihr Lager und schritt mit Katuti den hohen Besuchern entgegen.

      Als Mutter und Tochter sich neigten, um das Gewand der Prinzessin zu küssen, wehrte ihnen Bent-Anat und sagte: »Haltet euch ferner von mir; die Priester haben die Unreinheit noch nicht ganz von mir genommen.«

      »Und trotz ihrer bist Du rein wie das Auge des Ra,« rief der sie begleitende Prinz, ihr siebenzehnjähriger Bruder, der im Setihause erzogen ward, das er aber in wenigen Wochen verlassen sollte, indem er die ihn Abwehrende küßte.

      »Ich werde den Wildfang bei Ameni verklagen,« sagte Bent-Anat lächelnd. »Er wollte mich durchaus begleiten. Dein Gatte, Nefert, ist ja sein Vorbild und es ließ auch mir zu Hause keine Ruhe, denn wir kommen, um euch gute Botschaft zu künden.«

      »Von Mena?« fragte das junge Weib, ihre Hand auf's Herz pressend.

      »Du sagst es,« gab Bent-Anat zurück. »Mein Vater preist seine Tüchtigkeit und schreibt, daß er bei der Vertheilung der Beute vor allen Anderen zu wählen haben werde.«

      Nefert warf ihrer Mutter einen triumphirenden Blick zu und Katuti athmete tief auf.

      Bent-Anat streichelte Nefert's Wange, wie die eines Kindes. Dann wandte sie sich an Katuti, führte sie in den Garten und bat sie, ihr, der die Mutter zu früh entrissen sei, in einer wichtigen Angelegenheit mit ihrem Rathe beizustehen.

      »Mein Vater,« sagte sie nach einigen vorbereitenden Worten, »theilt mir mit, der Statthalter Ani begehre mich zum Weibe und räth mir, die Treue des würdigen Mannes durch meine Hand zu belohnen. Er räth, hörst Du, er befiehlt nicht.«

      »Und Du?« fragte Katuti.

      »Und ich,« antwortete Bent-Anat entschieden, »muß ihn abweisen.«

      »Du mußt?«

      Bent-Anat machte eine bejahende Bewegung und fügte hinzu:

      »Es ist ganz klar in mir. Ich kann nicht anders.«

      »So bedarfst Du meines Rathes nicht mehr, denn an Deinen Entschlüssen, das weiß ich, vermag selbst Dein Vater nichts zu ändern.«

      »An diesem kein Gott,« sagte Bent-Anat fest. »Aber Du bist Ani's Freundin, und weil ich ihn schätze, so möcht' ich ihm eine Demüthigung ersparen. Suche ihn zu bewegen, von seiner Werbung abzulassen. Ich will ihm so begegnen, als wüßte ich nichts von seinem Brief an den Vater.«

      Katuti schaute sinnend zu Boden. Dann sagte sie:

      »Der Statthalter verbringt zwar gern bei mir seine Mußestunden, plaudernd oder beim Brettspiel, aber ich weiß nicht, ob ich es wagen darf, über so wichtige Dinge mit ihm zu reden.«

      »Heirathspläne sind Frauensachen,« lächelte Bent-Anat.

      »Aber die Vermählung einer Prinzessin ist eine Staatsangelegenheit,« erwiederte die Wittwe. »In diesem Falle freilich wirbt nur der Oheim um seine Nichte, die ihm theuer ist, und von der er hofft, daß sie ihm die gefürchtete zweite zur schönern Hälfte seines Lebens gestalten werde. Ani ist gut und ohne Härte. Du würdest in ihm einen Gatten gewinnen, der jedem Deiner Winke gewärtig sein und sich gern Deinem festen Willen fügen würde.«

      Bent-Anat's Augen leuchteten auf und lebhaft rief sie: »Das eben ist's, was mir das entschiedene, unabwendbare ›nein‹ auf die Lippen drängt. Meinst Du, weil ich stolz bin wie meine Mutter und entschiedenen Sinnes wie mein Vater, begehrte ich einen Gatten, über welchen ich herrschen und den ich leiten könnte? Wie schlecht Du mich kennst! Gehorchen sollen mir meine Hunde, meine Diener, meine Beamten, will's die Gottheit, meine Kinder. Unterwürfige, die mir den Fuß küssen, find' ich auf allen Gassen und kauf' ich, wenn ich will, zu Hunderten auf dem Sklavenmarkt. Zwanzigmal ward ich umworben und zwanzig Freier schickte ich heim, aber nicht weil ich fürchtete, sie könnten meinen Stolz und meinen Willen beugen, sondern gerade weil ich mich ihnen gewachsen fühlte. Der Mann, dem ich meine Hand zu reichen wünsche, muß von höherer Art, muß größer und fester und besser sein als ich, und den mächtigen Flügelschlägen seines Geistes will ich nachflattern


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