Die schönsten Kinderbücher (Illustriert). Гарриет Бичер-Стоу

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Die schönsten Kinderbücher (Illustriert) - Гарриет Бичер-Стоу


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Fräulein Rottenmeier zu, die eben eintrat; "das Kind kann nicht essen, begreiflicherweise.—Geh hinüber zu Klara, bis der Wagen vorfährt", setzte er freundlich, zu Heidi gewandt, hinzu.

      Das war Heidis Wunsch: Es sprang hinüber. Mitten in Klaras Zimmer war ein ungeheurer Koffer zu sehen, noch stand dessen Deckel weit offen.

      "Komm, Heidi, komm", rief ihm Klara entgegen. "Sieh, was ich dir habe einpacken lassen, komm, freut's dich?"

      Und sie nannte ihm eine ganze Menge von Dingen, Kleider und Schürzen, Tücher und Nähgerät, "und sieh hier, Heidi", und Klara hob triumphierend einen Korb in die Höhe. Heidi guckte hinein und sprang hoch auf vor Freude, denn drinnen lagen wohl zwölf schöne, weiße, runde Brötchen, alle für die Großmutter. Die Kinder vergaßen in ihrem Jubel ganz, dass nun der Augenblick komme, da sie sich trennen mussten, und als mit einem Mal der Ruf erschallte: "Der Wagen ist bereit!"—da war keine Zeit mehr zum Traurigwerden. Heidi lief in sein Zimmer, da musste noch ein schönes Buch von der Großmama liegen, niemand konnte es eingepackt haben, denn es lag unter dem Kopfkissen, weil Heidi Tag und Nacht sich nicht davon trennen konnte. Das wurde in den Korb auf die Brötchen gelegt. Dann machte es seinen Schrank auf; noch suchte es nach einem Gute, das man vielleicht auch nicht eingepackt hatte. Richtig—auch das alte rote Tuch lag noch da, Fräulein Rottenmeier hatte es zu gering erachtet, um mit eingepackt zu werden. Heidi wickelte es um einen anderen Gegenstand und legte es zuoberst auf den Korb, so dass das rote Paket sehr sichtbar zur Erscheinung kam. Dann setzte es sein schönes Hütchen auf und verließ sein Zimmer.

      Die beiden Kinder mussten sich schnell Lebewohl sagen, denn Herr Sesemann stand schon da, um Heidi nach dem Wagen zu bringen. Fräulein Rottenmeier stand oben an der Treppe, um hier Heidi zu verabschieden. Als sie das seltsame rote Bündelchen erblickte, nahm sie es schnell aus dem Korb heraus und warf es auf den Boden.

      "Nein, Adelheid", sagte sie tadelnd, "so kannst du nicht reisen von diesem Hause aus; solches Zeug brauchst du überhaupt nicht mitzuschleppen. Nun lebe wohl."

      Auf dieses Verbot hin durfte Heidi sein Bündelchen nicht wieder aufnehmen, aber es schaute mit einem flehentlichen Blick zu dem Hausherrn auf, so, als wollte man ihm seinen größten Schatz nehmen.

      "Nein, nein", sagte Herr Sesemann in sehr bestimmtem Tone, "das Kind soll mit heimtragen, was ihm Freude macht, und sollte es auch junge Katzen oder Schildkröten mit fortschleppen, so wollen wir uns darüber nicht aufregen, Fräulein Rottenmeier."

      Heidi hob eilig sein Bündelchen wieder vom Boden auf, und Dank und Freude leuchteten ihm aus den Augen. Unten am Wagen reichte Herr Sesemann dem Kinde die Hand und sagte ihm mit freundlichen Worten, sie würden seiner gedenken, er und seine Tochter Klara; er wünschte ihm alles Gute auf den Weg, und Heidi dankte recht schön für alle Guttaten, die ihm zuteil geworden waren, und zum Schluss sagte es: "Und den Herrn Doktor lasse ich tausendmal grüßen und ihm auch vielmals danken." Denn es hatte sich wohl gemerkt, wie er gestern Abend gesagt hatte: "Und morgen wird alles gut." Nun war es so gekommen, und Heidi dachte, er habe dazu geholfen.

      Jetzt wurde das Kind in den Wagen gehoben und der Korb und die Provianttasche und der Sebastian kamen nach. Herr Sesemann rief noch einmal freundlich: "Glückliche Reise!", und der Wagen rollte davon.

      Bald nachher saß Heidi in der Eisenbahn und hielt unbeweglich seinen Korb auf dem Schoße fest, denn es wollte ihn nicht einen Augenblick aus den Händen lassen, seine kostbaren Brötchen für die Großmutter waren ja darin, die musste es sorgfältig hüten und von Zeit zu Zeit einmal wieder ansehen und sich freuen darüber. Heidi saß mäuschenstille während mehrerer Stunden, denn erst jetzt kam es recht zum Bewusstsein, dass es auf dem Wege sei heim zum Großvater, auf die Alm, zur Großmutter, zum Geißenpeter, und nun kam ihm alles vor Augen, eins nach dem anderen, was es wieder sehen werde und wie alles aussehen werde daheim, und dabei stiegen ihm wieder neue Gedanken auf, und auf einmal sagte es ängstlich: "Sebastian, ist auch sicher die Großmutter auf der Alm nicht gestorben?"

      "Nein, nein", beruhigte dieser, "wollen's nicht hoffen, wird schon noch am Leben sein."

      Dann fiel Heidi wieder in sein Sinnen zurück; nur hier und da guckte es einmal in seinen Korb hinein, denn alle die Brötchen der Großmutter auf den Tisch legen war sein Hauptgedanke. Nach längerer Zeit sagte es wieder: "Sebastian, wenn man nur auch ganz sicher wissen könnte, dass die Großmutter noch am Leben ist."

      "Jawohl! Jawohl!", entgegnete der Begleiter halb schlafend; "Wird schon noch leben, wüsste auch gar nicht, warum nicht."

      Nach einiger Zeit drückte der Schlaf auch Heidis Augen zu, und nach der vergangenen unruhigen Nacht und dem frühen Aufstehen war es so schlafbedürftig, dass es erst wieder erwachte, als Sebastian es tüchtig am Arm schüttelte und ihm zurief: "Erwachen! Erwachen! Gleich aussteigen, in Basel angekommen!"

      Am folgenden Morgen ging's weiter, viele Stunden lang. Heidi saß wieder mit seinem Korb auf dem Schoß, den es um keinen Preis dem Sebastian übergeben wollte; aber heute sagte es gar nichts mehr, denn nun wurde mit jeder Stunde die Erwartung gespannter. Dann auf einmal, als Heidi gar nicht daran dachte, ertönte laut der Ruf: "Maienfeld!" Es sprang von seinem Sitz auf, und dasselbe tat Sebastian, der auch überrascht worden war. Jetzt standen sie draußen, der Koffer mit ihnen, und der Bahnzug pfiff weiter ins Tal hinein. Sebastian sah ihm wehmütig nach, denn er wäre viel lieber so sicher und ohne Mühe weitergereist, als dass er nun eine Fußpartie unternehmen sollte, die dazu noch mit einer Bergbesteigung enden musste, die sehr beschwerlich und dazu gefahrvoll sein konnte in diesem Lande, wo doch alles noch halb wild war, wie Sebastian annahm. Er schaute daher sehr vorsichtig um sich, wen er etwa beraten könnte über den sichersten Weg nach dem 'Dörfli'. Unweit des kleinen Stationsgebäudes stand ein kleiner Leiterwagen mit einem mageren Rösslein davor; auf diesen wurden von einem breitschultrigen Manne ein paar große Säcke aufgeladen, die mit der Bahn hergebracht worden waren. Sebastian trat zu ihm heran und brachte seine Frage nach dem sichersten Weg zum Dörfli vor.

      "Hier sind alle Wege sicher", war die kurze Antwort.

      Jetzt fragte Sebastian nach dem besten Wege, auf dem man gehen könne, ohne in die Abgründe zu stürzen, und auch wie man einen Koffer nach dem betreffenden Dörfli befördern könnte. Der Mann schaute nach dem Koffer hin und maß ihn ein wenig mit den Augen; dann erklärte er, wenn das Ding nicht zu schwer sei, so wolle er es auf seinen Wagen nehmen, da er selbst nach dem Dörfli fahre, und so gab noch ein Wort das andere, und endlich kamen die beiden überein, der Mann solle Kind und Koffer mit auf seinen Wagen nehmen, und nachher vom Dörfli aus könne das Kind am Abend mit irgendjemand auf die Alm geschickt werden.

      "Ich kann allein gehen, ich weiß schon den Weg vom Dörfli auf die Alm", sagte hier Heidi, das mit Aufmerksamkeit der Verhandlung zugehört hatte. Dem Sebastian fiel eine schwere Last vom Herzen, als er sich so auf einmal seiner Aussicht auf das Bergklettern entledigt sah. Er winkte nun Heidi geheimnisvoll auf die Seite und überreichte ihm hier eine schwere Rolle und einen Brief an den Großvater und erklärte ihm, die Rolle sei ein Geschenk von Herrn Sesemann, die müsse aber zuunterst in den Korb gesteckt werden, noch unter die Brötchen, und darauf müsse genau Acht gegeben werden, dass sie nicht verloren gehe, denn darüber würde Herr Sesemann ganz fürchterlich böse und sein Leben lang nie mehr gut werden; das sollte das Mamsellchen nur ja bedenken.

      "Ich verliere sie schon nicht", sagte Heidi zuversichtlich und steckte die Rolle samt dem Brief zuallerunterst in den Korb hinein. Nun wurde der Koffer aufgeladen, und nachher hob Sebastian Heidi samt seinem Korb auf den hohen Sitz empor, reichte ihm seine Hand hinauf zum Abschied und ermahnte es noch einmal mit allerlei Zeichen, auf den Inhalt des Korbes ein Auge zu haben; denn der Führer war noch in der Nähe, und Sebastian war vorsichtig, besonders jetzt, da er wusste, er hätte eigentlich selbst das Kind an Ort und Stelle bringen sollen. Der Führer schwang sich jetzt neben Heidi auf den Sitz hinauf, und der Wagen rollte den Bergen zu, während Sebastian, froh über seine Befreiung von der gefürchteten Bergreise, sich am Stationshäuschen niedersetzte, um den zurückgehenden Bahnzug abzuwarten.

      Der Mann auf dem Wagen war der Bäcker vom Dörfli, welcher seine Mehlsäcke nach Hause fuhr. Er hatte Heidi nie gesehen, aber wie jedermann im Dörfli wusste er von dem Kinde, das man dem Alm-Öhi gebracht hatte; auch hatte er Heidis Eltern gekannt und sich


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