Die schönsten Kinderbücher (Illustriert). Гарриет Бичер-Стоу

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Die schönsten Kinderbücher (Illustriert) - Гарриет Бичер-Стоу


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und ringsherum, das war seine Gewohnheit, und heut hatte er den Morgen dazu genommen, um gleich nachmittags mit Heidi ausziehen zu können, und so sah nun alles ringsherum gut und zu seiner Zufriedenheit aus. Bei der Geißenpeter-Hütte trennten sie sich, und Heidi sprang hinein. Schon hatte die Großmutter seinen Schritt gehört und rief ihm liebevoll entgegen: "Kommst du, Kind? Kommst du wieder?"

      Dann erfasste sie Heidis Hand und hielt sie ganz fest, denn immer noch fürchtete sie, das Kind könnte ihr wieder entrissen werden. Und nun musste die Großmutter erzählen, wie die Brötchen geschmeckt hätten, und sie sagte, sie habe sich so daran erlabt, dass sie meine, sie sei heute viel kräftiger als lang nicht mehr, und Peters Mutter fügte hinzu, die Großmutter habe vor lauter Sorge, sie werde zu bald fertig damit, nur ein einziges Brötchen essen wollen, gestern und heut zusammen, und sie käme gewiss noch ziemlich zu Kräften, wenn sie so acht Tage lang hintereinander jeden Tage eines essen wollte. Heidi hörte der Brigitte mit Aufmerksamkeit zu und blieb jetzt noch eine Zeit lang nachdenklich. Nun hatte es seinen Weg gefunden. "Ich weiß schon, was ich mache, Großmutter", sagte es in freudigem Eifer; "ich schreibe der Klara einen Brief und dann schickt sie mir gewiss noch einmal so viel Brötchen, wie da sind, oder zweimal, denn ich hatte schon einen großen Haufen ganz gleiche im Kasten, und als man mir sie weggenommen hatte, sagte Klara, sie gebe mir gerade so viele wieder, und das tut sie schon."

      "Ach Gott", sagte die Brigitte, "das ist eine gute Meinung; aber denk, sie werden auch hart. Wenn man nur hier und da einen übrigen Batzen hätte, der Bäcker unten im Dörfli macht auch solche, aber ich vermag kaum das schwarze Brot zu bezahlen."

      Jetzt schoss ein heller Freudenstrahl über Heidis Gesicht: "Oh, ich habe furchtbar viel Geld, Großmutter", rief es jubelnd aus und hüpfte vor Freuden in die Höhe, "jetzt weiß ich, was ich damit mache! Alle, alle Tage musst du ein neues Brötchen haben und am Sonntage zwei, und der Peter kann sie heraufbringen vom Dörfli."

      "Nein, nein, Kind!", wehrte die Großmutter; "das kann nicht sein, das Geld hast du nicht dazu bekommen, du musst es dem Großvater geben, er sagt dir dann schon, was du damit machen musst."

      Aber Heidi ließ sich nicht stören in seiner Freude, es jauchzte und hüpfte in der Stube herum und rief ein Mal übers andere: "Jetzt kann die Großmutter jeden Tag ein Brötchen essen und wird wieder ganz kräftig, und—oh, Großmutter", rief es mit neuem Jubel, "wenn du dann so gesund wirst, so wird es dir gewiss auch wieder hell, es ist vielleicht nur, weil du so schwach bist."

      Die Großmutter schwieg still, sie wollte des Kindes Freude nicht trüben. Bei seinem Herumhüpfen fiel dem Heidi auf einmal das alte Liederbuch der Großmutter in die Augen, und es kam ihm ein neuer freudiger Gedanke: "Großmutter, jetzt kann ich auch ganz gut lesen; soll ich dir einmal ein Lied lesen aus deinem alten Buch?"

      "O ja", bat die Großmutter freudig überrascht; "kannst du das auch wirklich, Kind, kannst du das?"

      Heidi war auf einen Stuhl geklettert und hatte das Buch mit einer dicken Staubwolke heruntergezogen, denn es hatte lange unberührt gelegen da oben; nun wischte es Heidi sauber ab, setzte sich damit auf seinen Schemel zur Großmutter hin und fragte, was es nun lesen solle.

      "Was du willst, Kind, was du willst", und mit gespannter Erwartung saß die Großmutter da und hatte ihr Spinnrad ein wenig von sich geschoben.

      Heidi blätterte und las leise hier und da eine Linie: "jetzt kommt etwas von der Sonne, das will ich dir lesen, Großmutter." Und Heidi begann und wurde selbst immer eifriger und immer wärmer, während es las:

      "Die güldne Sonne Voll

      Freud und Wonne

      Bringt unsern Grenzen

      Mit ihrem Glänzen

      Ein herzerquickendes, liebliches Licht.

      Mein Haupt und Glieder

      Die lagen darnieder;

      Aber nun steh ich,

      Bin munter und fröhlich,

      Schaue den Himmel mit meinem Gesicht.

      Mein Auge schauet,

      Was Gott gebauet

      Zu seinen Ehren,

      Und uns zu lehren,

      Wie sein Vermögen sei mächtig und groß.

      Und wo die Frommen

      Dann sollen hinkommen,

      Wenn sie mit Frieden

      Von hinnen geschieden

      Aus dieser Erde vergänglichem Schoß.

      Alles vergehet,

      Gott aber stehet

      Ohn alles Wanken,

      Seine Gedanken,

      Sein Wort und Wille hat ewigen Grund.

      Sein Heil und Gnaden

      Die nehmen nicht Schaden,

      Heilen im Herzen,

      Die tödlichen Schmerzen,

      Halten uns zeitlich und ewig gesund.

      Kreuz und Elende—

      Das nimmt ein Ende,

      Nach Meeresbrausen

      Und Windessausen

      Leuchtet der Sonne erwünschtes Gesicht.

      Freude die Fülle

      Und selige Stille

      Darf ich erwarten

      Im himmlischen Garten,

      Dahin sind meine Gedanken gericht'."

      Die Großmutter saß still da mit gefalteten Händen, und ein Ausdruck unbeschreiblicher Freude, so wie ihn Heidi nie an ihr gesehen hatte, lag auf ihrem Gesicht, obschon ihr die Tränen die Wangen herabliefen. Als Heidi schwieg, bat sie mit Verlangen: "Oh, noch einmal, Heidi, lass es mich noch einmal hören:

      'Kreuz und Elende

       Das nimmt ein Ende'—"

      Und das Kind fing noch einmal an und las in eigener Freude und Verlangen:

      "Kreuz und Elende—

      Das nimmt ein Ende,

      Nach Meeresbrausen

      Und Windessausen

      Leuchtet der Sonne erwünschtes Gesicht.

      Freude die Fülle

      Und selige Stille

      Darf ich erwarten

      Im himmlischen Garten,

      Dahin sind meine Gedanken gericht'."

      "O Heidi, das macht hell! Das macht so hell im Herzen! Oh, wie hast du mir wohl gemacht, Heidi!"

      Ein Mal ums andere sagte die Großmutter die Worte der Freude, und Heidi strahlte vor Glück und musste sie nur immer ansehen, denn so hatte es die Großmutter nie gesehen. Sie hatte gar nicht mehr das alte trübselige Gesicht, sondern schaute so freudig und dankend auf, als sähe sie schon mit neuen, hellen Augen in den schönen himmlischen Garten hinein.

      Jetzt klopfte es am Fenster, und Heidi sah den Großvater draußen, der ihm winkte, mit heimzukommen. Es folgte schnell, aber nicht ohne die Großmutter zu versichern, morgen komme es wieder, und auch wenn es mit Peter auf die Weide gehe, so komme es doch im halben Tag zurück; denn dass es der Großmutter wieder hell machen konnte und sie wieder fröhlich wurde, das war nun für Heidi das allergrößte Glück, das es kannte, noch viel größer, als auf der sonnigen Weide und bei den Blumen und Geißen zu sein. Die Brigitte lief dem Heidi unter die Tür nach mit Rock und Hut, dass es seine Habe mitnehme. Den Rock nahm es auf den Arm, denn der Großvater kenne es jetzt schon, dachte es bei sich; aber den Hut wies es hartnäckig zurück, die Brigitte sollte ihn nur behalten, es setze ihn nie, nie mehr auf den Kopf. Heidi


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