Die schönsten Kinderbücher (Illustriert). Гарриет Бичер-Стоу

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Die schönsten Kinderbücher (Illustriert) - Гарриет Бичер-Стоу


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auch unten im Dörfli für die Großmutter holen könne, wenn man nur Geld habe, und dass es der Großmutter auf einmal so hell und wohl geworden war, und wie Heidi das alles zu Ende geschildert hatte, kehrte es wieder zum Ersten zurück und sagte ganz zuversichtlich: "Gelt, Großvater, wenn die Großmuttter schon nicht will, so gibst du mir doch alles Geld in der Rolle, dass ich dem Peter jeden Tag ein Stück geben kann zu einem Brötchen und am Sonntag zwei?"

      "Aber das Bett, Heidi?", sagte der Großvater; "ein rechtes Bett für dich wäre gut, und nachher bleibt schon noch für manches Brötchen."

      Aber Heidi ließ dem Großvater keine Ruhe und bewies ihm, dass es auf seinem Heubett viel besser schlafe, als es jemals in seinem Kissenbett in Frankfurt geschlafen habe, und bat so eindringlich und unablässig, dass der Großvater zuletzt sagte: "Das Geld ist dein, mach, was dich freut; du kannst der Großmutter manches Jahr lang Brot holen dafür."

      Heidi jauchzte auf: "O juhe! Nun muss die Großmutter gar nie mehr hartes, schwarzes Brot essen, und, o Großvater! Nun ist doch alles so schön wie noch gar nie, seit wir leben!", und Heidi hüpfte hoch auf an der Hand des Großvaters und jauchzte in die Luft hinauf wie die fröhlichen Vögel des Himmels. Aber auf einmal wurde es ganz ernsthaft und sagte: "Oh, wenn nun der liebe Gott gleich auf der Stelle getan hätte, was ich so stark erbetete, dann wäre doch alles nicht so geworden, ich wäre nur gleich wieder heimgekommen und hätte der Großmutter nur wenige Brötchen gebracht und hätte ihr nicht lesen können, was ihr wohl macht; aber der liebe Gott hatte schon alles ausgedacht, so viel schöner, als ich es wusste; die Großmama hat es mir gesagt, und nun ist alles so gekommen. Oh, wie bin ich froh, dass der liebe Gott nicht nachgab, wie ich so bat und jammerte! Aber jetzt will ich immer so beten, wie die Großmama sagte, und dem lieben Gott immer danken, und wenn er etwas nicht tut, das ich erbeten will, dann will ich gleich denken: Es geht gewiss wieder wie in Frankfurt, der liebe Gott denkt gewiss etwas viel Besseres aus. Aber wir wollen auch alle Tage beten, gelt Großvater, und wir wollen es nie mehr vergessen, damit der liebe Gott uns auch nicht vergisst."

      "Und wenn's einer doch täte?", murmelte der Großvater.

      "Oh, dem geht's nicht gut, denn der liebe Gott vergisst ihn dann auch und lässt ihn ganz laufen, und wenn es ihm einmal schlecht geht und er jammert, so hat kein Mensch Mitleid mit ihm, sondern alle sagen nur: Er ist ja zuerst vom lieben Gott weggelaufen, nun lässt ihn der liebe Gott auch gehen, der ihm helfen könnte."

      "Das ist wahr, Heidi, woher weißt du das?"

      "Von der Großmama, sie hat mir alles erklärt."

      Der Großvater ging eine Weile schweigend weiter. Dann sagte er, seine Gedanken verfolgend, vor sich hin: "Und wenn's einmal so ist, dann ist es so; zurück kann keiner, und wen der Herrgott vergessen hat, den hat er vergessen."

      "O nein, Großvater, zurück kann einer, das weiß ich auch von der Großmama, und dann geht es so wie in der schönen Geschichte in meinem Buch, aber die weißt du nicht; jetzt sind wir aber gleich daheim, und dann wirst du schon erfahren, wie schön die Geschichte ist."

      Heidi strebte in seinem Eifer rascher und rascher die letzte Steigung hinan, und kaum waren sie oben angelangt, als es des Großvaters Hand losließ und in die Hütte hineinrannte. Der Großvater nahm den Korb von seinem Rücken, in den er die Hälfte der Sachen aus dem Koffer hineingestoßen hatte, denn den ganzen Koffer heraufzubringen wäre ihm zu schwer gewesen. Dann setzte er sich nachdenklich auf die Bank nieder. Heidi kam wieder herbeigerannt, sein großes Buch unter dem Arm: "Oh, das ist recht, Großvater, dass du schon dasitzt", und mit einem Satz war Heidi an seiner Seite und hatte schon seine Geschichte aufgeschlagen, denn die hatte es schon so oft und immer wieder gelesen, dass das Buch von selbst aufging an dieser Stelle. Jetzt las Heidi mit großer Teilnahme von dem Sohne, der es gut hatte daheim, wo draußen auf des Vaters Feldern die schönen Kühe und Schäflein weideten und er in einem schönen Mäntelchen, auf seinen Hirtenstab gestützt, bei ihnen auf der Weide stehen und dem Sonnenuntergang zusehen konnte, wie es alles auf dem Bilde zu sehen war. "Aber auf einmal wollte er sein Hab und Gut für sich haben und sein eigener Meister sein und forderte es dem Vater ab und lief fort damit und verprasste alles. Und als er gar nichts mehr hatte, musste er hingehen und Knecht sein bei einem Bauer, der hatte aber nicht so schöne Tiere, wie auf seines Vaters Feldern waren, sondern nur Schweinlein; diese musste er hüten, und er hatte nur noch Fetzen auf sich und bekam nur von den Trebern, welche die Schweinchen aßen, ein klein wenig. Da dachte er daran, wie er es daheim beim Vater gehabt und wie gut der Vater mit ihm gewesen war und wie undankbar er gegen den Vater gehandelt hatte, und er musste weinen vor Reue und Heimweh. Und er dachte: ' Ich will zu meinem Vater gehen und ihn um Verzeihung bitten und ihm sagen, ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu heißen, aber lass mich nur dein Tagelöhner bei dir sein.' Und wie er von ferne gegen das Haus seines Vaters kam, da sah ihn der Vater und kam herausgelaufen—was meinst du jetzt, Großvater?", unterbrach sich Heidi in seinem Vorlesen; "jetzt meinst du, der Vater sei noch böse und sage zu ihm: 'Ich habe dir's ja gesagt!'? Jetzt hör nur, was kommt: Und sein Vater sah ihn und es jammerte ihn und lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn, und der Sohn sprach zu ihm: 'Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir und bin nicht mehr wert, dein Sohn zu heißen.' Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: 'Bringt das beste Kleid her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring an seine Hand und Schuhe an die Füße, und bringt das gemästete Kalb her und schlachtet es und lasst uns essen und fröhlich sein, denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden, und er war verloren und ist wieder gefunden worden.' Und sie fingen an, fröhlich zu sein."

      "Ist denn das nicht eine schöne Geschichte, Großvater?", fragte Heidi, als dieser immer noch schweigend dasaß und es doch erwartet hatte, er werde sich freuen und verwundern.

      "Doch, Heidi, die Geschichte ist schön", sagte der Großvater; aber sein Gesicht war so ernsthaft, dass Heidi ganz stille wurde und seine Bilder ansah. Leise schob es noch einmal sein Buch vor den Großvater hin und sagte: "Sieh, wie es ihm wohl ist", und zeigte mit seinem Finger auf das Bild des Heimgekehrten, wie er im frischen Kleid neben dem Vater steht und wieder zu ihm gehört als sein Sohn.

      Ein paar Stunden später, als Heidi längst im tiefen Schlafe lag, stieg der Großvater die kleine Leiter hinauf; er stellte sein Lämpchen neben Heidis Lager hin, so dass das Licht auf das schlafende Kind fiel. Es lag da mit gefalteten Händen, denn zu beten hatte Heidi nicht vergessen. Auf seinem rosigen Gesichtchen lag ein Ausdruck des Friedens und seligen Vertrauens, der zu dem Großvater reden musste, denn lange, lange stand er da und rührte sich nicht und wandte kein Auge von dem schlafenden Kinde ab. Jetzt faltete auch er die Hände, und halblaut sagte er mit gesenktem Haupte: "Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir und bin nicht mehr wert, dein Sohn zu heißen!" Und ein paar große Tränen rollten dem Alten die Wangen herab.—

      Wenige Stunden nachher in der ersten Frühe des Tages stand der Alm- Öhi vor seiner Hütte und schaute mit hellen Augen um sich. Der Sonntagmorgen flimmerte und leuchtete über Berg und Tal. Einzelne Frühglocken tönten aus den Tälern herauf, und oben in den Tannen sangen die Vögel ihre Morgenlieder.

      Jetzt trat der Großvater in die Hütte zurück. "Komm, Heidi!", rief er auf den Boden hinauf. "Die Sonne ist da! Zieh ein gutes Röcklein an, wir wollen in die Kirche miteinander!"

      Heidi machte nicht lange; das war ein ganz neuer Ruf vom Großvater, dem musste es schnell folgen. In kurzer Zeit kam es heruntergesprungen in seinem schmucken Frankfurter Röckchen. Aber voller Erstaunen blieb Heidi vor seinem Großvater stehen und schaute ihn an. "O Großvater, so hab ich dich nie gesehen", brach es endlich aus, "und den Rock mit den silbernen Knöpfen hast du noch gar nicht getragen, oh, du bist so schön in deinem schönen Sonntagsrock."

      Der Alte blickte vergnüglich lächelnd auf das Kind und sagte: "Und du in dem deinen; jetzt komm!" Er nahm Heidis Hand in die seine, und so wanderten sie miteinander den Berg hinunter. Von allen Seiten tönten jetzt die hellen Glocken ihnen entgegen, immer voller und reicher, je weiter sie kamen, und Heidi lauschte mit Entzücken und sagte: "Hörst du's, Großvater? Es ist wie ein großes, großes Fest."

      Unten im Dörfli waren schon alle Leute in der Kirche und fingen eben zu singen an, als der Großvater mit Heidi eintrat und ganz hinten auf der letzten Bank sich niedersetzte. Aber mitten


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