Endlich im Pferdeglück. Lise Gast

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Endlich im Pferdeglück - Lise Gast


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ihn im Takt zu halten, er ritt im leichten Sitz und trieb, dass ihm das Wasser von den Schläfen an den Wangen heruntersickerte.

      „Da – da – na, es ging gerade noch“, flüsterte Anja und ließ kein Auge von ihm. Petra hatte die Zähne in die Unterlippe gegraben und verfolgte schweigend den Ritt, was bei ihr ein Zeichen von sehr starker Konzentration war. Sonst schwätzte sie ohne Pause, jetzt aber war sie unheimlich still.

      Nach einer Weile ging es wieder rundum im Galopp, ohne zu springen. Reiter und Pferde atmeten auf, dann aber kam eine neue, schwierigere Aufgabe. Zwei Reiter mussten von der einen Seite über den großen Kranz springen und zwei von der anderen, aber abwechselnd, immer einer nach dem anderen. Auch das sah einfach aus, wie eine Art Reigen, es klappte aber überhaupt nicht. Flieder scheute vor dem Kranz und ging hoch, sodass sein Reiter fast aus dem Sattel kam, und Wisky drehte überhaupt ab und wandte dem Hindernis den Schweif zu, unmissverständlich zeigend: „Ich mach euern Quatsch nicht mit.“ Thielo, der draufsaß, ließ ihn ein paar Runden im schnellen Galopp gehen, um ihn mürbe zu machen. Der Reitlehrer schimpfte.

      „Der ist wohl sehr streng?“, fragte Vater Petra ganz leise. Petra nickte, ohne den Blick von den Pferden zu wenden. Anja sah den Reitlehrer an, vor dem sie immer schon großen Respekt gehabt hatte.

      Eigentlich sah er gut aus. Er hatte ein faltiges, verschlossenes Gesicht, war meist ruhig. Seine Bemerkungen aber, wenn jemand mit seinem Pferd nicht zurechtkam, waren bissig und von allen Schülern gefürchtet. Auch Thielo, ein anerkannt guter Reiter, hatte jetzt vor Verlegenheit einen roten Kopf.

      „Und nochmal – erst Flieder, dann Rumpel.“

      Beide sprangen.

      „Jetzt Wisky – los, treib ihn, er muss tun, was der Reiter will!“

      „Himmel, nein, das ist kein Kinderspiel. Und da reitest du schon mit?“, fragte Vater, als in der Halle eine Pause eingelegt wurde. Die Reiter durften im Schritt rundum reiten, sie wischten sich die Stirn und klopften ihren Pferden die Hälse. Die Pferde dampften so, dass die Spiegel rechts und links an den langen Seiten der Halle beschlugen. „Wie alt bist du denn?“

      „Zwölf. Ich werde nächstes Jahr aber schon dreizehn“, sagte Petra eilig. „Und so schwer, wie es aussieht, ist es gar nicht. Die Rumpel – ich kenn sie doch. Ich kenn sie besser als Paul, wenn der auch gut reitet. Er ist Bereiterlehrling, wissen Sie.“

      „Hm. Und da muss man von Anfang an solche Figuren reiten und wird angeschimpft, wenn das Pferd es nicht tut.“ Vater machte ein bedenkliches Gesicht. In Petras Kopf ging ein Licht auf.

      „Zu Anfang? Keine Spur!“, eiferte sie. „Das macht man erst, wenn man schon lange reitet, schon jahrelang.“

      „Jahrzehnte“, vollendete Vater trocken, „du bist wohl schon als Baby geritten.“

      „Aber nein, so doch nicht.“ Petra musste lachen. „Als Anfänger reitet man nur Schritt und Trab in der Abteilung, das heißt, die allerersten Stunden sogar an der Longe“, erklärte sie ausführlich. Galopp unterschlug sie, sie wusste aus langer Erfahrung, dass Leute, die nichts vom Reiten verstehen, Galopp für schwer und gefährlich halten, und dabei ist Galopp so leicht und so angenehm …

      „Na, ich weiß nicht.“ Vaters Gesicht blieb skeptisch, zumal Rumpel jetzt wirklich Schwierigkeiten machte. Sie übten wieder.

      „Ach, wenn ich doch draufsäße.“ Petra trappelte, zwar lautlos, aber hochgradig nervös hinter der Bande hin und her. „Paul ist viel zu grob. Die Rumpel muss mit Gefühl geritten werden, mit Fingerspitzengefühl …“

      „Dann spring doch runter!“

      „Was glauben Sie, was da passierte!“ Petra streifte Vaters Gesicht sekundenlang mit einem Blick. „Der Reitlehrer würde mich – in den Boden stampfen wäre gar nichts. Nie wieder dürfte ich auf ein Pferd, auch nicht auf mein eigenes …“

      „So streng geht das hier zu?“

      „Noch strenger!“

      Als die Stunde zu Ende war, ohne dass einer der Reiter den Sattel geräumt hatte, atmeten alle auf, Mitwirkende und Zuschauer.

      „Am besten ritt der Junge auf dem Rappen, fand ich“, sagte Onkel Kurt, Vaters Bruder, und wunderte sich, dass Petra und Anja gleichzeitig in Lachen ausbrachen. „Etwa nicht?“

      „Der Junge ist eine Dame“, erklärte Petra, „das ist Cornelia. Aber die ist mutig wie ein Mann, wahrhaftig.“

      „Was? Eine Dame? Cornelia? Wie heißt sie denn weiter?“

      „Cornelia Nolde, Dr. Cornelia Nolde, Kinderärztin mit rotem VW – und ein Schatz. Ganz, ganz goldig“, berichtete Petra, „da staunen Sie, was? Sie hat schon Jagden mitgeritten und eine L – wissen Sie, was das ist?“

      Vaters Bruder staunte noch mehr, als sie erwartet hatte.

      „Cornelia Nolde, die kenn ich ja! Mit der hab ich studiert“, rief er, und seine Augen hinter den dicken Brillengläsern blitzten auf. „Du, sag mal, kann man sie mal sprechen? Jetzt gleich? Oder darf man nicht?“

      „Doch, können Sie. Sie muss aber erst den Flieder fertig machen“, sagte Petra, „absatteln, Trense abspülen, Hufe auskratzen und Sattellage und Fesseln auswaschen. Das dauert eine Weile, aber dann können Sie schon.“

      „Ich warte. Ich muss sie sprechen“, sagte Onkel Kurt bestimmt. „Nein, so ein Zufall! Jahre und Jahre haben wir uns nicht gesehen. Wollt ihr auch warten?“

      „Ich möchte eigentlich heim, wegen der Jungen“, sagte Mutter. „Aber ihr könnt ja noch bleiben.“

      „Wir gehen mit. Kurt bleibt, bis die Dame fertig ist, und begrüßt sie“, entschied Vater. „Wirst du zurückfinden?“

      „Wir bleiben auch!“, erboten sich Anja und Petra wie aus einem Mund, und Onkel Kurt nahm sie sogleich rechts und links an die Hand.

      „Ja, wunderbar! Und ihr führt mich zu Cornelia. Es ist schon so lange her, dass wir uns das letzte Mal sahen.

      Womöglich fällt sie sogar hintenüber, wenn sie mich erkennt!“

      „Ach was, Cornelia ist hart im Nehmen“, sagte Petra und zog ihn an der Hand mit sich. „Überraschungen sind immer schön. Kommen Sie.“ Kurt musste im Laufschritt mitrennen, über den festgetretenen Schnee zum Stall hin. Anja zog an der anderen Hand. Atemlos kamen sie an.

      „Lasst mich nur erst Luft holen“, stöhnte Onkel Kurt, „ich bring ja sonst kein Wort über die Lippen. Nein, was man alles erleben kann bei einer normalen Taufe!“

      „Na, normal! Immerhin eine Zwillingstaufe“, jappte Petra, und die beiden anderen mussten lachen. Und lachend traten sie in den Stall, der nach der Schneehelle draußen dämmerig und behaglich wirkte.

      „Dort steht sie, dort steht Cornelia“, flüsterte Anja.

      Ja, dort stand sie, Flieders Huf auf ihrem Knie, während sie mit einer Hand die Fessel umspannte und mit der anderen die Lohe aus der Höhlung des Hufs heraushebelte.

      „Steh still, mein Guter, ja so ist es brav. Siehst du – ja, einen schönen sauberen Huf haben wir …“

      Sie ließ los, und er setzte den Fuß wieder ins Stroh. Cornelia sah auf.

      „Nein! Kurt!“ Sie starrte ihn an, mit halboffenem Mund. Dann lachte sie. „Wie kommen Sie denn hierher?“

      „Mit diesen beiden Stallburschen da.“ Er wies auf die Mädchen. „Wahrhaftig, Cornelia Nolde, und ich hielt Sie beim Reiten für einen jungen Mann. Dabei haben Sie sich überhaupt nicht verändert.“ Sie gaben einander die Hand.

      Petra versetzte Anja einen kleinen Schubs. „Komm, wir gehen mal zur Rumpel rüber.“

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