Eine Kompanie Soldaten - In der Hölle von Verdun. Alfred Hein

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Eine Kompanie Soldaten - In der Hölle von Verdun - Alfred Hein


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Schritt vor dem Graben schmissen sie ihre Handgranaten, dann tasteten sie mit dem Bajonett sich vor.

      „Tak — tak — tak —“ ganz dicht von der Seite.

      Wittke fiel.

      Pechtler und Töz liefen zurück. Sie hatten hineingesehen. Der Graben war voll besetzt trotz des Trommelfeuers. Die anderen Kompagnien müssen noch weiter zurückliegen. Nichts von Nahkampf auf der ganzen Linie.

      „Eingraben“, befahl der Leutnant.

      Da war man nun vielleicht vierzig Meter vorgekommen. Wer weiss, wie lange die Ausbuchtung zu halten war.

      „Wer steckt in der Sappe?“ fragte er plötzlich. Die Sappe war von den Franzosen hart umkämpft. Für Stunden oft waren die Deutschen, dann wieder die Franzosen darin. Sie bildete einen Quergraben zwischen den beiden Fronten.

      „Bernöckel, Sie müssen feststellen, ob die Sappe von uns besetzt ist, sonst sind wir durch den Vorstoss abgeriegelt.“

      Bernöckel lief. Er taumelte mehr. Er entledigte sich mechanisch des Auftrags.

      „Wir sind drin!“ kam er nach einer Weile angetorkelt.

      Das Gewehrfeuer der Franzosen war verstummt. Sie warteten mit den Bajonetten auf die Deutschen. Nur die französische Artillerie wurde nervös und funkte ziemlich wahllos in die Gegend, vor allem auf die hinteren Stellungen, um ein Nachdrücken von Reserven zu vereiteln.

      „Ran mit den Spaten. Bis Mitternacht müssen wir hier unsere Bleibe haben“, sagte Leutnant Wynfrith. „Der Regen wird ja auch mal aufhören.“

      Und sie buddelten und buddelten.

      Gegen neun Uhr abends kamen Lindolf und Liebetanz mit den letzten vierzig an.

      „Los, buddeln!“ wurden sie empfangen.

      Der Regen rann.

      Die Spaten quietschten.

      Immer tiefer sank die Kompagnie in die Erde ein.

      Sowie drüben eine Leuchtkugel hochging, klebte alles an der Brustwehr. Pechtler und Töz lagen auf Horchposten und fluchten dem Hund, der ihren Skatbruder Wittke abgeknallt hatte.

      „Wenn ich das Schwein treffe,“ sagte Pechtler, „ich beiss ihm kreuzweise die Gurgel durch. Ins Gesicht sch ..... müsste man so einem Schwein. Unser Alois, unser gutes, versoffenes Aas, der Alois. Nun liegt er da. Hat er überhaupt eine Mutter?“

      „Weess icke,“ knurrte Töz. „Wer wird nu unser dritter?“

      12.

      Am andern Morgen wurde Lindolf nach rechts, Bernöckel nach links ausgeschickt, Fühlung zu suchen mit den Nachbarkompagnien 10 und 11. Dann hatte Lindolf den Auftrag, die Chiffre-Meldung: „Neuer Anzug, Bauchweite 30, 40, 30 cm“ zum Bataillonsstab zu bringen. Das hiess: die Kompagnie lag in einem Bogen 30—40 und 30 Meter vor der alten Stellung. Mündlich sollte er die Verluste mitteilen: 5 Tote, 18 Verwundete.

      Nur wenige Schüsse hingen in der Luft. Meist schwere Dinger, die wie Rollwagen durch die Wolken fuhren und weit im Hinterlande mit dumpfem Knall bei irgendeiner unserer Batterien landeten.

      Manchmal ein einsamer Gewehrschuss. Es kroch sich ganz friedlich. Streckenweise, wenn die neu aufgeworfene Brustwehr hoch genug war, konnte Lindolf auch aufrecht gehen. Manchmal pfiff ein kleines Geschoss eines Geschützes über die Grabenöffnung und spritzte Sand in den Graben. Die Splitter zischten, und mit dunklem Ton summte der schwere kupferne Zünder durch die Luft.

      Aber jetzt wurde die Chose ungemütlicher — Sappennähe. Das Aufklatschen und Krachen von Handgranaten — Vorsicht! Volle Deckung!

      Die Sappe verteidigte Leutnant Meerfeld mit der M.-G.-Kompagnie.

      „Na — was gibt’s?“ fragte er aus seinem Erdloch.

      „Anschluss suchen!“

      „Grüss den lieben Wynfrith und sag ihm: alles in Ordnung! Seit wann bist du denn bei uns?“

      Peng — Bsching — Gewehrschuss. Granate.

      „Kommen Sie rein!“ Der Leutnant wurde höflich in der Nähe des Todes. Mit eleganter Handbewegung holte er Lindolf in sein Erdloch.

      „Seit gestern bin ich vorn,“ antwortete Lindolf. Und sann: Seit gestern — oder seit Jahren — — — Was alles hatten sie schon erlebt.

      „Ihr seid gestern am weitesten vorgekommen, die links von der Sappe, die 11. Kompagnie, hat sich in ihren alten Graben zurückgezogen. Aber Beekmann wird das E. K. I. kriegen, er will, d. h. dreissig seiner Leute, von denen noch zehn leben, wollen mit Handgranaten den Graben drüben eingeebnet haben. Ich krieg zwar nach wie vor dasselbe Feuer von da — aber Beekmann hat demnächst Urlaub — heilen wir seine Kreuzschmerzen —“

      „Ich muss zum Bataillon.“

      „I was. Der Alte kann warten“, sagte Meerfeld. Ein Unteroffizier stürzte heran, schmiss sich vors Erdloch des Leutnants —: „Angriff. Die Franzosen stehen auf der Sandsack-Barrikade. Schmeissen Handgranaten.“

      „Verluste?“ fragte der Leutnant.

      „Müller verwundet!!“

      „Ich komme. Verdufte, mein Junge. Komm bald wieder, wenn es stiller ist. Wenn du kräftiger wärst, würde ich dich für meine M.-G.-Kompagnie schnappen. Du gefällst mir.“

      Dann kroch Meerfeld hinaus, sprang auf, lief um die Grabenbiegung in die Sappe hinein —

      Lindolf aber kroch zurück. Angst packte ihn. Wenn jetzt die Franzosen durchbrachen — er hatte nichts mitgenommen an Waffen. Was sollte er Knirps auch viel anfangen mit einem Schiessprügel? Er bekam ja doch im Nahkampf gleich eins in die Fresse.

      Um die Sappe begann ein wütendes Getöse. — Handgranatenkampf. Maschinengewehr-Hexensabbath.

      Aber nach zehn Minuten still.

      Der Angriff war abgeschlagen. Der deutsche Horchposten lag wieder auf den Sandsäcken, die die Querverbindung abriegelten. Leutnant Meerfeld kroch in sein Erdloch zurück und notierte mit dem Feldwebel die Verluste.

      Plötzlich wurde Lindolf frech. Durch die Gräben kriechen bis zum Bataillon? Das dauerte Stunden. Er sprang aus dem Graben. Lief querfeldein. Da lag die alte Stellung, aus der sie gestern hervorgekommen waren. Nach 2 Minuten schon erreicht, gestern Stunden — — — Weiter zurück. Hier, diese guten Stellungen der jahrelang gehaltenen Front, aus denen die Offensive vorsprang.

      Dort — in der Luft — was prasselt da runter? Schrapnells — — — Peng — peng — Gewehrschüsse.

      Schwupp — er war wieder im Graben. Nur nicht zu hitzig! Aber er freute sich, mutig gewesen zu sein. Ein braver kecker Feldsoldat.

      Und mit Stolz in der Brust betrat er den Bataillonsunterstand, der eine richtige Tür hatte, vor der ein Posten sass und eine Zigarre rauchte.

      „Viel Zunder vorn?“ fragte der Posten.

      „Na, was sonst,“ antwortete Lindolf fast verächtlich. Diese Kerls beim Bataillonsstab hier, die bei jeder verirrten Granate volle Deckung nahmen, kamen ihm wie Etappenschweine vor.

      Es ging zwanzig Stufen hinunter, dann kam ein Vorraum, da sassen die Bataillonsmelder und Burschen bei Schinkenbrot und Rumkaffee.

      „Ein Neuer — he? Sag mal guten Tag!!“

      Feindselig schritt Lindolf an ihnen vorüber.

      Mehrere Offiziere gingen vorbei. Sie wollten gegrüsst sein, so sahen sie ihn an. Lutz hob lässig die Hand an den Helm.

      „Welche Kompagnie?“ fragte ein Leutnant.

      „Zwölfte.“

      „Ah — Wynfriths Lebensversicherungsgarde.“

      „Wir sind am weitesten vorwärts gekommen gestern,“ zischte


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