Verbotene Liebe - Liebesroman. Marie Louise Fischer
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Marie Louise Fischer
Verbotene Liebe - Liebesroman
Saga
Verbotene Liebe – LiebesromanVerbotene Liebe Genehmigte eBook Ausgabe für Lindhardt og Ringhof Forlag A/S Copyright © 2017 by Erbengemeinschaft Fischer-Kernmayr, (www.marielouisefischer.de) represented by AVA international GmbH, Germany (www.ava-international.de) Originally published 1967 by Lichtenberg Verlag, Germany All rights reserved ISBN: 9788726355093
1. Ebook-Auflage, 2019
Format: EPUB 2.0
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1
Mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung zog Sabine Kortner die letzte Seite aus ihrer Schreibmaschine. Sie legte die numerierten Blätter zusammen und las den ganzen Brief noch einmal sorgfältig durch. Ein einziger Tippfehler hätte bedeutet, daß sie die betreffende Seite noch einmal hätte abschreiben müssen, denn Rechtsanwalt Dr. Brettschneider duldete keine Verbesserungen. Zum Glück aber war alles in Ordnung.
Sie heftete das Original und die Durchschläge zusammen, legte sie in die Unterschriftenmappe, warf einen Blick auf ihre Armbanduhr – es war sechs Uhr vorbei – und begann ihren Schreibtisch aufzuräumen. Sie stand auf, dehnte und reckte sich, um die verkrampften Glieder zu lösen, trat zu einem der Fenster und öffnete beide Flügel weit.
Straßenlärm drang in das große Vorzimmer der Anwaltskanzlei hinauf, in dem sie tagsüber mit drei anderen Mädchen zusammen arbeitete. Wie schon so oft, hatte Dr. Brettschneider auch heute Sabine als letzte zurückbehalten, weil noch etwas Wichtiges zu erledigen war. Sie war stolz darauf, aber jetzt schmerzte ihr der Kopf.
Sabine freute sich auf die starke Tasse Tee, die ihre Mutter ihr zu Hause aufbrühen würde. Dann früh ins Bett mit einem guten Buch.
Einen Augenblick lang sah sie zum abendlichen Himmel hinauf, der sich wie eine riesige blaßblaue Glocke über München dehnte. Es war erstaunlich warm, denn der Herbst sollte laut Kalender schon in wenigen Tagen beginnen.
Die Tür des Chefzimmers öffnete sich. Sabine ging zurück zu ihrem aufgeräumten Schreibtisch und ergriff die Unterschriftenmappe. Während Dr. Brettschneider seinen Klienten, Peter Hartmann, auf den engen Flur hinausbegleitete, legte sie die Mappe auf den riesigen Mahagonischreibtisch im Chefzimmer.
„Ich bin fertig, Herr Doktor“, sagte Sabine Kortner, als Dr. Brettschneider zurückkam.
Er erwiderte ihr Lächeln mit zerstreutem Blick. „Ich weiß, daß ich mich auf Sie verlassen kann, Sabine. Sie können jetzt Feierabend machen. Bis morgen!“
„Bis morgen“, sagte sie – aber da hatte der Chef die Tür schon hinter sich zugezogen.
Sabine Kortner riß hastig ihren leuchtend blauen Regenmantel aus dem Garderobenschrank und nahm ihre Handtasche. Sie nahm sich nicht einmal die Zeit, einen Blick in den Spiegel zu werfen. Fast fluchtartig verließ sie die Kanzlei, denn sie wußte aus Erfahrung, daß Dr. Brettschneider trotz allem guten Willen imstande war, sie noch im letzten Moment zurückzurufen. Sie hastete zum Fahrstuhl. Im Treppenhaus des alten Bürogebäudes brannte Licht.
Erst im letzten Moment entdeckte Sabine ihn. Peter Hartmann. Sie verhielt unwillkürlich den Schritt und errötete bei der Vorstellung, daß er glauben könnte, sie hätte sich nur deshalb so beeilt, weil sie ihn noch erreichen wollte. Aber er schien sie gar nicht zu beachten. Er stand in Gedanken versunken vor der Tür des Fahrstuhlschachts. Sabine betrachtete ihn verstohlen.
Peter Hartmann war ein gutaussehender junger Mann mit einer sportlichen, breitschultrigen Figur, sonnverbrannter Haut und schwarzen, mühsam gezähmten Locken, nußbraunen Augen und blendend weißen Zähnen.
Er drückte ungeduldig auf den Knopf, der den Fahrstuhl herbeiholen sollte. „Braucht das verdammte Ding denn immer so lange?“
„Sie können ja zu Fuß gehen, wenn es Ihnen zu lange dauert“, sagte sie kühl.
Er hatte mehr zu sich selber gesprochen, darum wandte er sich mit leichtem Erstaunen um und betrachtete Sabine mit gerunzelter Stirn. „Keine schlechte Idee!“
Er wollte sich schon auf den Weg zur Treppe machen, als der Aufzug rasselnd näher kam und mit einem Stöhnen hielt.
„Na also“, brummte Peter Hartmann, „warum nicht gleich so?“
Er öffnete das knarrende Gitter und ließ Sabine in die altmodische Kabine einsteigen.
Sie legte den Zeigefinger auf einen Knopf des Schaltbretts. „Erdgeschoß?“ fragte sie, nachdem Peter Hartmann Gitter und Kabinentür hinter sich zugezogen hatte.
„Na klar!“ antwortete er mürrisch.
Sabine drückte, und der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung.
Sie fühlten plötzlich beide die Intimität des Beisammenseins in der Enge des kleinen Käfigs und wurden verlegen. Angestrengt starrten sie aneinander vorbei gegen die holzgetäfelten Wände. Ich hätte doch noch in den Spiegel sehen sollen, dachte sie. Wahrscheinlich sehe ich schauderhaft aus.
Und er dachte: Wenn ich mich bloß erinnern könnte, wie die Kleine heißt . . .
Der Käfig hielt mit einem Ruck, der beide ein wenig aus dem Gleichgewicht brachte.
„Nanu?“ sagte er. „Sind wir schon unten?“
Sie tat einen kleinen zitternden Atemzug. „Ich glaube nicht.“
„Was soll das heißen?“ Er riß die beiden inneren Türen der Kabine auseinander. Vor ihm lag ein Stück verwitterter Mauer. Es war, als grinsten ihm die Backsteine höhnisch entgegen.
„Wir sind steckengeblieben“, sagte Sabine gefaßt.
Er drehte sich zu ihr um und fauchte wütend, als wäre sie die Schuldige: „Kommt so was öfter vor?“
„Manchmal“, antwortete sie belustigt.
„Verdammter Mist!“
„Regen Sie sich nicht auf. Sie brauchen bloß auf den Alarmknopf zu drücken, dann weiß der Hausmeister Bescheid!“
Er preßte seinen Daumen auf den Alarmknopf.
„Sie müssen richtig drücken“, sagte sie. „Bis das rote Licht aufleuchtet!“
„Versuchen Sie’s doch mal!“
Sie tat es. Aber nichts geschah.
Sie sahen sich beide erschrocken an.
„Scheint auch kaputt zu sein“, sagte er schließlich und stellte seine Aktentasche auf den Boden.
„Aber . . . das ist doch nicht möglich!“ Jetzt verlor auch sie ihren Humor.
„Bei so einem alten Kasten ist alles drin . . .“
„Ich . . . das tut mir leid“, sagte sie verwirrt.
Zum erstenmal sah er sie voll an und stellte fest, daß das Mädchen mit dem schmalen offenen Gesicht, den großen blauen Augen und dem schulterlangen aschblonden Haar auf eine unauffällige Art hübsch war. Sehr hübsch sogar.
„Das ist doch nicht Ihre Schuld“, sagte er in verändertem Ton.
„Es tut mir trotzdem leid.“ Sie drückte ihre Handtasche vor die Brust.
„Mir auch! Mein alter Herr wird schön toben, wenn ich nicht rechtzeitig mit den Unterlagen zurück bin!“ Er deutete auf seine Aktentasche.
Sie wich seinem Blick aus. „Mutti wird sich Sorgen machen.“
„Ist sie so ängstlich?“
„Leider. Mein Vater . . .“ Sie stockte.