BLOOD RIVER - FLUSS DES GRAUENS. Phillip Tomasso
Читать онлайн книгу.du Eier?« Kaum, dass er es gesagt hatte, bedauerte er es schon.
»Willst du mich veräppeln?« Karen hielt die Bratpfanne hoch: Rührei.
Rick nahm neben Jared Platz, der in seinem Hochstuhl saß. Er sah seinem Sohn dabei zu, wie er nach den trockenen Cheerios vor sich griff.
»Müssen wir uns jeden Morgen streiten?«
»Das nennst du streiten, Rick?« Sie seufzte. »Du streitest dich nicht. Unter keinen Umständen.«
Er schloss die Augen und legte sich eine Hand auf den Bauch. »Ich brauche die Aufregung nicht, ganz bestimmt nicht vor der Konferenz heute Morgen.«
»Willst du die Krawatte tragen?«
Rick trank einen Schluck Kaffee – bitter. Er fuhr seinem Sohn durchs Haar. Ihre Bemerkung ignorierte er. »Ich bin etwas nervös. Der Sender hat noch nie so eine Konferenz vorgeschlagen. Nicht, seit wir mit ihnen über die Show gesprochen haben.«
»Du bist nervös, weil du dir richtige Arbeit suchen müsstest, wenn sie die Show absetzen.« Karen schabte die verbrannten Eier mit dem Pfannenwender auf drei Teller. Sie angelte die Toastbrotscheiben aus dem Toaster, steckte zwei neue hinein und drückte den Hebel runter. »Kannst du Butter draufstreichen?«
Rick stand auf. »Klar.«
Karen trug die Teller zum Tisch, stellte ihren und dann Ricks ab, und begann, Jared mit der Gabel vom dritten Teller zu füttern. »Glaubst du, dass sie die Show absetzen werden?«
Rick tat so, als würde er zwar kein Mitleid oder Mitgefühl, aber doch immerhin Besorgnis im Ton seiner Frau hören. Er machte sich etwas vor – es gab keine Spur davon, zumindest nicht für ihn. Nicht, was seine Karriere anging. »Wir hatten drei ziemlich gute Saisons.«
Er hatte keine Ahnung, wie erfolgreich die letzten beiden gewesen waren.
Rick bestrich die letzte Scheibe Toast mit Butter und legte zwei davon seiner Frau, die andern beiden sich selbst auf den Teller. Er warf einen Blick auf die Uhr. Bis zur Konferenz war es noch Zeit. Er wollte nur nicht länger als notwendig im Haus bleiben, wenn Karen wieder eine ihrer komischen Launen hatte, wie so oft in letzter Zeit.
»Übers Angeln. Eine Fernsehsendung über das Angeln.« Sie fragte nicht, sie stellte nur fest. Das tat sie regelmäßig. Es demütigte ihn, und sie wusste es.
Jared stieß die Gabel von seinem Gesicht weg. Sein Mund war fest geschlossen.
Rick streute Salz auf sein Rührei. »Ich glaube, er will die Eier nicht essen.«
»Rick, er mag Eier.«
»Ich hab nicht gesagt, dass er Eier nicht mag. Ich hab gesagt, dass ich glaube, er will die hier jetzt nicht essen.« Rick sah wieder auf die Uhr. »Ich mache mich besser auf den Weg.«
»Ja. Tu das.« Sie wedelte abweisend mit der Hand.
Rick schabte die Eier von seinem Teller in den Mülleimer und schämte sich fast. Sie hatte sie extra für ihn gemacht, und er warf sie weg. Doch Jared hatte recht. Selbst gesalzen schmeckten sie verbrannt. Nun war es zu spät. An der Küchentür nahm er seine Aktentasche und hielt inne. Karen sah nicht mal zu ihm hin. Sie versuchte weiter, ihren Sohn zu füttern. »Ich wünschte, wir könnten es wieder hinbekommen, Karen. Ich weiß nicht, warum sich alles so entwickelt hat.«
»So entwickelt hat, Rick? Was denn?«
Sie wollte streiten, suchte immer nach Reibungspunkten. Rick presste die Lippen zusammen und hoffte, dass es wie ein Lächeln aussah. Er wusste, dass es das nicht tat. »Ich sag dir Bescheid, was sich aus der Konferenz ergibt.«
»Tu das.«
Rick küsste seinem Sohn den Kopf.
»Dada«, sagte er.
»Bis heute Abend, Kleiner.« Er wollte seine Frau küssen. Sie senkte den Kopf und stach mit der Gabel auf die Eier ein. Rick strich sich die Krawatte zurecht und richtete sich auf. Ohne ein weiteres Wort verließ er das Haus und ging grübelnd zu seinem Auto.
Es war schwierig, den genauen Zeitpunkt zu bestimmen, an dem die Ehe ins Schleudern geraten war. Fakt war, dass Karen seinen Job hasste. Als sie sich kennenlernten, war Angeln sein Hobby gewesen, und er hatte auf Nachtschicht in einer Fabrik geschuftet. Nachdem er einen Angelwettkampf nach dem anderen gewonnen hatte, bemerkten ihn die Sponsoren. Schließlich wurde ihm eine Fernsehsendung angeboten: Catch & Release with Rick Stone.
Vielleicht war das der Moment gewesen, ab dem es abwärts gegangen war. Obwohl sie gewusst hatte, dass es immer sein Traum war, sich mit etwas, das ihm Spaß machte, den Lebensunterhalt zu verdienen, glaubte er nicht, dass sie es je für möglich gehalten hatte – und so fand sie sich damit ab, ihn, einen einfachen Fabrikarbeiter, zu heiraten.
In zwei Monaten würde es Winter sein. Im Winter arbeitete er nicht. Pro Saison wurden vierundzwanzig Folgen gedreht. Er wurde wöchentlich bezahlt, sodass die Schecks trotz seiner Arbeitslosigkeit von Dezember bis April über zweiundfünfzig Wochen verteilt waren.
Vielleicht störten sie die viereinhalb Monate jeden Jahres, die er daheim war. Sie sagte oft, dass sie sich fühlte, als ob sie ersticken würde, weil er ständig da sei, und dass sie keine Zeit für sich selbst habe. Das tat weh. Vor ihrer Heirat hatten die Tage nicht genügend Stunden gehabt, die sie gemeinsam verbringen konnten. Aber alles veränderte sich. Menschen veränderten sich.
Kapitel 2
Brent Halperin trug seine Haare lang und zu einem Pferdeschwanz gebunden. Er kleidete sich in dunkle teure Anzüge mit Seidenkrawatten. Alle wussten, dass sie aus Seide waren, da Halperin es nicht nur jedem erzählte, der zuhörte, sondern auch den Menschen, die ihn ignorierten. Insgesamt war er kein schlechter Typ, nur etwas zu sehr von sich vereinnahmt. Er sah sich weniger als jemand, der eine Angelsendung produzierte, die samstagmorgens nach den Zeichentrickfilmen ausgestrahlt wurde, sondern eher wie ein Hollywood-Filmproduzent.
»Stone, wie geht’s?« Sie schüttelten sich die Hände. Sie befanden sich im obersten Stock eines achtstöckigen Gebäudes in der Innenstadt. In den ersten beiden Stockwerken befanden sich ein paar Filmkulissen und ab dem dritten Stock die Büros. Mr. Harry Krantz, der Präsident des Senders, hatte ein Eckbüro, das den Genesee River überblickte.
»Ich will nicht lügen – ich bin etwas nervös. Außer den monatlichen Sitzungen wüsste ich nicht, dass ich jemals zu einer Konferenz mit nur Ihnen und Mr. Krantz eingeladen worden wäre«, sagte Rick. Besorgt fragte er sich, ob er schwitzte. Er meinte, Schweißperlen auf seiner Stirn zu spüren, wollte aber nicht dadurch sorgenvoll wirken, dass er sie sich abwischte. Stattdessen lächelte er und zeigte auf Halperins Brustkorb. »Eine neue Krawatte?«
»Das ist Satinseide. Hat so gut wie gar kein spürbares Gewebe. Wollen Sie mal fühlen?« Halperin hielt ihm die Krawattenspitze hin. Rick fuhr mit der Hand über das Material und nickte.
»Schön, was?«
»Sie haben die besten Krawatten«, sagte er. Es klang lahm. Jeder andere Mensch hätte es für einen komischen Kommentar gehalten, aber Halperin genoss das Kompliment.
»Danke«, sagte er. »Wirklich. Danke.«
»Bitte«, sagte Rick.
»Nun denn, warum kommen Sie nicht rein? Harry ist schon da. Wir können gleich anfangen. Wie hört sich das an? Und vertrauen Sie mir, Stone, ich denke, Ihre Nervosität ist ganz unbegründet. Völlig unbegründet. Wir haben nämlich eine … ach, kommen Sie, gehen wir in Harrys Büro. Wir wollen mit der Besprechung schließlich nicht inoffiziell ohne ihn im Flur anfangen. Oder?«
Halperin klopfte leicht an die Tür und drückte sie auf, ohne auf Krantz’ Aufforderung zu warten. »Nach Ihnen«, sagte er.
Rick betrat das Büro. Zwei Eckwände bestanden aus Fenstern. Die anderen waren mit gerahmten Fotos dekoriert, viele davon signiert, auf denen Harry Krantz mit diversen Stars zu sehen war.
Krantz