Seewölfe Paket 35. Fred McMason

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Seewölfe Paket 35 - Fred McMason


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war auch schon das schmale Boot mit seinen beiden Insassen heran, und ein paar halbnackte Männer hatten sie ebenfalls erreicht und hielten sich mit den Händen am Dollbord fest.

      In dem Boot saß ein alter Mann mit einem faserigen eisgrauen Bart, der ihm bis auf die Brust reichte.

      „Willkommen“, sagte er freundlich.

      Er äugte neugierig in das Boot, blickte verwirrt auf die schimmernde Nadel und forderte sie auf, die Gastfreundschaft des Dorfes zu genießen. Der Alte war der Patriarch, jedenfalls bezeichnete er sich so ähnlich.

      Umringt von nassen, braunen Armen wurden sie in Richtung des hellen Strandes gezogen.

      Chandra Muzaffar war unbehaglich zumute. Es waren zwar Singhalesen wie sie, aber die Gesichter gefielen ihm nicht. Die Leute hatten etwas Gieriges und Fanatisches in den Augen, was ihn beunruhigte.

      Auch Malindi bemerkte die Blicke. Der Patriarch starrte immer wieder in das Boot.

      „Ihr habt sicher viel zu erzählen“, sagte er mit einer seltsam hohen und pfeifenden Stimme. „Woher seid ihr?“

      „Aus Negombo“, erwiderte Malindi. „Wir sind Fischer, und manchmal tauchen wir auch nach Perlen.“

      „Wie heißt dieses Dorf?“ fragte Chandra. „Wir haben es auf der Hinfahrt nicht gesehen, weil wir weit weg vor der Küste segelten.“

      Der Alte stand bis zur Brust im Wasser. Er war von mindestens fünfzehn Männern umgeben, die neugierig in das Boot starrten. Malindi fiel auf, daß sie hauptsächlich auf die schimmernde Nadel blickten.

      Auch der Patriarch starrte ständig auf die Nadel, aber er und die anderen schienen sich auch sehr für das Boot und seinen Inhalt zu interessieren.

      Jedenfalls erhielten sie auf ihre Frage keine Antwort. Der Alte deutete auf die zitternde Nadel.

      „Was ist das?“

      Die Situation schien gefährlich zu werden, wie Malindi Rama viel zu spät erkannte. Diese Männer hatten nicht vor, ihnen Gastfreundschaft zu gewähren. Sie wollten etwas anderes. Sie wollten das Boot.

      Malindi stieß die Nadel leicht an. Sie zitterte, bewegte sich und kehrte wieder auf ihren Punkt zurück.

      „Das heilige Auge des großen Subedar“, sagte er feierlich. „Er ist der Geist der Naturgewalten, und er sieht und hört alles. Seine Kraft ist in der magischen Nadel verborgen.“

      „Du lügst“, sagte der Patriarch heiser. „Er ist ein Dämon, ein Zauberer mit dem bösen Blick.“

      „Das auch. Er tötet jeden, der ihn anfaßt, und wird Unheil über jene bringen, die ihm nicht gehorchen.“

      Einen Augenblick lang schwiegen die Männer eingeschüchtert. Der Patriarch überlegte und grinste dann bösartig.

      „Ein wunderschönes Boot“, sagte er, wobei er sich immer noch mit den anderen am Dollbord festklammerte. „So eins können wir nicht bauen. Man kann weit auf See damit hinaus. So ist es doch, das habt ihr selbst gesagt. Ihr seid ja weit draußen gewesen. Dieses Boot könnte uns ungeahnten Reichtum bescheren. Wir brauchten nicht mehr von den Pfählen zu angeln.“

      „Das habe ich mir gedacht“, knirschte Chandra leise. „Ist das vielleicht euer Willkommensgruß?“ fragte er dann scharf.

      Die anfängliche Freundlichkeit fiel von den Gesichtern ab. Der Alte rüttelte mit seinen dürren Händen an dem Boot. Sein Blick war feurig und wild.

      „Ihr kriegt das schmale Boot“, sagte er, „und wir nehmen dafür das Boot hier. Es ist nur ein Tausch, weiter nichts.“

      „Subedar wird euch vernichten, wenn ihr das tut!“ schrie Malindi. „Das Boot gehört uns. Wir wollen nicht tauschen. Es würde nur Unglück über euer Dorf bringen.“

      „Noch mehr Unglück kann es nicht geben“, erwiderte der Alte hitzig. „Wir haben Hunger, aber die Buchten und Lagunen sind leergefischt. Deshalb brauchen wir ein großes Boot. Manchmal sitzen wir tagelang auf den Pfählen, ohne daß wir auch nur einen Fisch fangen.“

      „Dafür sind wir nicht verantwortlich.“

      „Nein, sicher nicht. Aber das Schicksal hat euch zu uns geführt und uns den Weg gewiesen, wie wir besser fischen können. Draußen gibt es große und prächtige Fische, in der Lagune nur sehr kleine, meist aber gar keine. Ihr tut nur ein gutes Werk, wenn ihr uns das Boot gebt. Wenn ihr es aber nicht gebt …“

      „Was dann?“ fragte Malindi hitzig und tastete unauffällig nach seinem scharfen Messer.

      „Dann nehmen wir es uns“, sagte der Patriarch wie selbstverständlich.

       4.

      Seine schmale Hand schoß vor und stieß das Brettchen um. Die Nadel fiel heraus und landete irgendwo unter der Gräting.

      Malindi glaubte, jetzt müsse die Welt einstürzen.

      Aber es geschah gar nichts. Der große Subedar mit seinen geheimnisvollen Kräften unternahm nicht das Geringste, um ihnen zu helfen oder beizustehen. Er ließ sie einfach im Stich.

      „Euer Dämon schläft“, sagte der Alte gehässig. „Wo sind denn seine teuflischen Kräfte?“

      Chandra war ebenfalls entsetzt, als sich nichts tat. Wo blieb die geheimnisvolle Kraft? Was taten die Götter, um sie zu beschützen?

      Die Singhalesen johlten jetzt und rüttelten so heftig an dem Boot, daß es zu kentern drohte.

      Braune Hände packten zu, zerrten Melonen heraus und warfen sie ins Wasser. Das Geschrei und Gejohle wurde lauter.

      Ein Kerl mit Augen wie glühende Kohlen krallte sich an Malindi fest und versuchte, ihn aus dem Boot zu zerren. Ein anderer schlug mit den Fäusten nach Chandra, und der Patriarch feuerte sie durch lautes Geschrei an.

      Vom Ufer erschienen noch mehr Leute, die sich ins flache Wasser stürzten, um den anderen zu helfen. Ein paar warfen mit Steinen nach ihnen.

      Malindi geriet in rasende Wut. Sein Blut kochte innerhalb weniger Augenblicke, und er sah nur noch tanzende Kreise vor seinen Augen.

      Er nahm das Messer und stach auf den höhnisch grinsenden Patriarch ein. Er stach wie ein Wilder um sich und stürzte sich auf die braunhäutigen Männer.

      Ein wildes Handgemenge begann.

      Die Lagunenfischer waren nicht bewaffnet, aber sie waren dafür in der Überzahl und hofften so, die beiden durch die Masse zu überwältigen. Doch sie waren an zwei heißblütige Fanatiker geraten, die kein Erbarmen mehr kannten. Jäh loderten Haß und Wut in ihnen auf, und Chandra griff nach dem Riemen, den sie gerade erst angefertigt hatten.

      Obwohl sein verletzter Arm wild brannte und schmerzte, hieb er mit dem Riemen auf Köpfe, Rücken und Gesichter ein und schrie dabei laut und gellend.

      Der Patriarch sank mit einem Gurgeln ins Wasser zurück und ließ das Dollbord los. Zwei andere waren so benommen, daß sie im brusthohen Wasser taumelten und versanken.

      Aber jetzt geriet Malindi erst richtig in Wut. Er lief Amok.

      Das Messer in der Rechten, sprang er über Bord und stach brüllend auf jeden ein, der sich in seiner Nähe zeigte.

      Innerhalb weniger Augenblicke waren vier oder fünf der Lagunenfischer tot und trieben im Wasser.

      Einige flüchteten bereits zum Ufer, von dem weitere Steine heranflogen.

      „Ich bin der Dämon!“ schrie Malindi und stach einen weiteren Mann nieder.

      Chandra schlug unterdessen mit dem Riemen wie mit einer Sense um sich. Er traf Köpfe, Schultern und Hände und mähte rücksichtslos alles nieder, was er traf.

      Ihre Wut entsetzte die Lagunenfischer. Mit einem derartigen wilden Angriff hatten sie nicht gerechnet, und so flüchteten immer mehr von ihnen schreiend


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